Seit rund 30 Jahren zieht Peter Binder seine braunen Spuren – immer verbunden mit Waffen, Sprengstoffen, Neonazi-Gruppen, Verurteilungen wegen NS-Wiederbetätigung und nach den Waffengesetzen. In den letzten Jahren ist noch der Handel mit Suchtgiften in großem Maßstab dazugekommen. Da müssen wir uns selbst korrigieren: Wir haben Binder nämlich auch verdächtigt, schon im Jahr 2010 unter anderem wegen des beachtlichen Besitzes von 260 Gramm Kokain aufgeflogen zu sein.
Die „Kleine Zeitung“ (23.3.2010) schrieb damals:
Der Niederösterreicher ist in der rechten Szene kein Unbekannter. Er wurde in den Neunziger-Jahren sogar mit der Briefbombenserie in Zusammenhang gebracht und — gemeinsam mit einem Steirer — wegen Widerbetätigung (sic!) verurteilt. Jetzt wurden in seiner Wohnung auch jede Menge Waffen und 1600 Schuss Munition sichergestellt.
Das hätte ziemlich exakt auch für Binder gepasst, aber damals, in den 90er-Jahren, stand nicht nur der Niederösterreicher Peter Binder gemeinsam mit dem Steirer Franz Radl vor Gericht, sondern ein weiterer Niederösterreicher und Neonazi, und der war der von der „Kleinen Zeitung“ Beschriebene.
Bei Binder blieb dennoch über die Jahre hinweg noch genug hängen. Das Wichtigste haben wir in einer Chronik zusammengetragen. Was hier noch fehlt, ist der Umfang der Waffen‑, Munitions- und Sprengstofffunde, die seit seinem Auffliegen als Suchtgifthändler im Dezember sichergestellt wurden, wobei da nicht klar ist, ob schon alle Waffendepots gefunden wurden.
Bei dieser Gelegenheit müssen auch noch die besonderen Umstände erwähnt werden, unter denen Binder 2020 „aufgeflogen“ ist. Er saß nämlich gerade seine Haftstrafe wegen Wiederbetätigung und Vergehen nach dem Waffen- und Suchtmittelgesetz ab, die er 2018 in Wiener Neustadt kassiert hatte. Also eigentlich saß er nicht, sondern bereitete sich im Freigang auf seine Rückkehr in ein ziviles Leben vor. Durch den Handel mit Suchtgift und Waffen in großem Stil. Irgendwie kam das auch den Ermittlungsbehörden zu Ohren, und sie schauten ihm anscheinend einige Wochen dabei zu, um ihn dann festzunehmen. Wobei das mit dem „Festnehmen“ eine unpassende Formulierung ist, denn eigentlich saß er ja schon ein.
Trotz der mehrwöchigen Beobachtungen seiner Freigänger-Aktivitäten, trotz der Feststellungen des damaligen Innenministers Nehammer über das Netzwerk zwischen Rechtsextremen und Organisierter Kriminalität, trotz der nachfolgenden weiteren Hausdurchsuchungen, Waffenfunde und dem Aufbau einer paramilitärischen Gruppe namens „Miliz der Anständigen“, die ebenfalls mit Binder in Verbindung gebracht wurde, findet sich in der Anklage nichts davon: kein Netzwerk, keine Verbindungen zur organisierten Kriminalität, keine „Miliz der Anständigen“, keine Wiederbetätigung. Die 18-seitige Anklageschrift kommt ohne jegliche Erwähnung eines politischen Backgrounds aus.
Da fällt zunächst Binders Anwalt, der Strafverteidiger Rudolf Mayer, auf, dessen aktuelle Verteidigungslinie darin besteht, Binder als „Waffennarren“ hinzustellen. Das war auch bereits 1995 so, als Mayer den wegen Wiederbetätigung angeklagten Binder verteidigte. Mit der neuen Anklage hat sich offensichtlich die Verteidigungslinie Mayers durchgesetzt – alle braunen Spuren sind getilgt.
Da fällt uns aber auch noch die „SS-Kampfgemeinschaft Prinz Eugen“ ein, eine Bande von Neonazis, die 2002 aufgeflogen ist, vom damaligen Innenminister Ernst Strasser als „gefährliche Gruppe“ bezeichnet wurde, bei der der größte Waffenfund bei Neonazis in der Zweiten Republik sichergestellt werden konnte. Die Mitglieder der „SS-Kampfgemeinschaft Prinz Eugen“, die die NS-Wiederbetätigung schon im Gruppennamen trugen, wurden nicht wegen der ihnen ursprünglich vorgeworfenen Delikte, „wegen des Verdachtes der NS-Wiederbetätigung nach § 3g Verbotsgesetz, wegen des Verdachtes der Gründung einer staatsfeindlichen Verbindung nach § 246 StGB, wegen Aufstellung einer bewaffneten Verbindung (§ 279 StGB), wegen Ansammeln von Kampfmitteln (§ 280 StGB)“ angeklagt, sondern nur wegen Vergehen nach dem Waffengesetz von einem Bezirksgericht zu Geldstrafen verurteilt. Weitere Auskünfte über die Gründe des völligen Scheiterns der Ermittlungen und der Strafverfolgung gegen die Nazi-Bande wurden selbst Jahre danach in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung verweigert.