Schon an Teilen der Prozesskiebitze war erkennbar, worum es bei der Verhandlung gehen könnte bzw. aus welcher Ecke der Angeklagte stammt: Männer und Frauen, die die mit einem „X“ oder auch mit „AFA“ (Kürzel für die Corona-Maßnahmen ablehnenden „Anwälte für Aufklärung“) dekorierte Maske demonstrativ mit heraushängender Nase trugen, wurden wie auch Belsky selbst mehrfach von der Richterin zurechtgewiesen und aufgefordert, die Maske ordnungsgemäß zu tragen – zumindest teilweise mit mäßigem Erfolg.
Falls das einschlägige Publikum oder Jarolslav Belsky und sein von der „AFA“ kommender Verteidiger Gerold Beneder aber spekuliert hatten, sie könnten das Gericht als propagandistische Bühne nützen, um ihre hanebüchenen Verschwörungstiraden zur Pandemie abzulassen, dann hatten sie sich geirrt. Dafür sorgte die forsche Richterin, die bei den oftmaligen Versuchen von Belsky und Beneder, ihre Einlassungen zur „Plandemie“ und zur „Biowaffe“, der Impfung, zu dozieren, einschritt und die Verhandlung auf den Kern zurückführte, nämlich auf die Anklagepunkte nach dem Verbotsgesetz und dem Verhetzungsparagrafen.
Das „corpus delicti“ war ein elendslanges auch im Verhandlungssaal abgespieltes Video, in dem Belsky bei dem Vorhaben, den Nationalsozialismus und dessen Verbrechen den aktuellen Maßnahmen gegen die Pandemie gleichzustellen, in mehreren Passagen „mutmaßlich den objektiven Tatbestand der nationalsozialistischen Wiederbetätigung und/oder der Verhetzung erfüllt“ habe, wie das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) in seiner Analyse feststellte und daraufhin auch Anzeige erstattete.
Die Quintessenz von Belskys Rechtfertigungsstrategie war, er sei von der „Sorge“ getrieben, dass die Anti-Covid-Maßnahmen wieder zu einer Art Nationalsozialismus führen würden, denn er könne eine Reihe von Parallelen feststellen. Hier bemühte er vor Gericht als Beispiel immer wieder australische Quarantäne„lager“, denen er alleine schon in der von ihm wahrgenommenen Optik Ähnlichkeiten zu Konzentrationslagern zuschreibt. Eine „globalistische Elite“, darunter auch „Zionisten“, habe den Nationalsozialismus gezielt vorbereitet, aus derselben Ecke käme nun die „Plandemie“, was er auch mit den Holocaust-leugnenden Videos und antisemitischen Hetzschriften belegen wollte.
Auf sehr konkrete Fragen durch das Gericht kamen denn auch ausufernde Antworten, die die Richterin regelmäßig abbrach, weil sie nichts zur Klärung des Sachverhalts, nämlich der Anklagepunkte, beitragen konnten. Das gipfelte in einem rhetorischen Highlight, als die Richterin trocken feststellte, dass hier nicht 3G, sondern 3h nach dem Verbotsgesetz verhandelt würde.
Einen gewissen kuriosen Höhepunkt stellte auch Beneders Antrag dar, ausgerechnet die verschwörungsaffine und rechtsextreme Rätin aus dem Verteidigungsministerium, Monika Donner, als Zeugin aufzurufen, wobei „Zeugin“ in dem Fall ohnehin der falsche Begriff war und Beneder sich nach einer Intervention der Richterin auf „Expertin“ korrigieren musste; „Expertin“, weil sie Bücher über den Ersten und Zweiten Weltkrieg und über die Pandemie geschrieben habe. Dem wurde seitens des Richter*innensenats nach einer kurzen Beratungsphase nicht stattgegeben, mit der gleichermaßen bemerkenswerten wie richtigen Begründung, es gäbe ein gesetzliches Verbot, Beweiswürdigungen, die den Nationalsozialismus leugnen, verharmlosen, gutheißen oder rechtfertigen, zuzulassen.
Auch der Versuch des Verteidigers, Belsky in die Opferecke zu manövrieren, unterfüttert mit der mehrfach vorgebrachten Behauptung, dass er von „der Antifa“ zusammengeschlagen worden sei, scheiterte nicht zuletzt an der sehr zielgerichteten Verhandlungsführung der Richterin. Nach vier Stunden Verhandlung zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück, nach weiteren zwei Stunden kamen sie mit einem 7:1 Schuldspruch die Anklage nach dem Verbotsgesetz und einem einstimmigen Freispruch jene die Verhetzung betreffend retour.
Das nicht rechtskräftige Urteil: zwölf Monate bedingt auf drei Jahre. „I versteh‘s net“, hatte Belsky in seinem Schlusswort in Bezug auf die Anklage mehrfach gesagt. Den Eindruck hätte er allerdings auch hinterlassen, ohne es selbst betonen zu müssen.
P.S.: Auf die Frage eines Geschworenen, wie viele Zugriffe Belsky auf das Video gehabt habe, antwortete dieser, das wisse er nicht, denn die Hompage funktioniere nicht wie YouTube, wo die Anzahl der Aufrufe ablesbar sei. Da können wir Herrn Dr.Dr. Belsky helfen: Er hat auf seiner Website Google Analytics installiert, das genau dazu dient, die Zugriffsdaten auszulesen.
➡️ Bericht Kurier: Wiener Zahnarzt meint, Weltkriege und Corona kamen von Zionisten