Der Nazi und die deutsche Volksgemeinschaft der FPÖ

Chris­t­ian Worch (65) ist unbe­stre­it­bar ein Nazi. Er beze­ich­net sich selb­st so. Vor weni­gen Tagen ist er zum Bun­desvor­sitzen­den der neon­azis­tis­chen Partei „Die Rechte“ gewählt wor­den. Wiedergewählt. Denn deren Grün­der und Kapo war er schon bis 2017. Damals trat er blitzar­tig zurück, weil die Partei mehrheitlich einem Antrag zus­timmte, in dem man sich zur deutschen Volks­ge­mein­schaft bekan­nte. Die FPÖ hat die deutsche Volks­ge­mein­schaft seit 2011 wieder im Parteipro­gramm. Finde den Unterschied!

Chris­t­ian Worch ist ein Nazi. Das sagt er selb­st, das wür­den wohl auch Got­tfried Küs­sel oder Arnulf Priem bestäti­gen, mit denen er gemein­sam 1991 nach dem Tod des (Neo-)Nazi Michael Küh­nen die Führung der Gesin­nungs­ge­mein­schaft der Neuen Front über­nom­men hatte.

2012 grün­dete und leit­ete Worch die mil­i­tante Neon­azi­gruppe „Die Rechte“, wurde 2014 und dann 2017 auch wiedergewählt, trat aber fak­tisch unmit­tel­bar nach sein­er Wieder­wahl zurück, weil auf dem Parteitag ein Antrag des Thüringer Lan­desver­ban­des angenom­men wurde, in dem sich die Partei „voll und ganz zur deutschen Volks­ge­mein­schaft beken­nt“. Worch hat­te zuvor „aus juris­tis­chen und poli­tis­chen Grün­den“ in ein­er Kon­tra-Rede gegen den Antrag und das Beken­nt­nis zur deutschen Volks­ge­mein­schaft argu­men­tiert, blieb aber in der Min­der­heit und legte sein Amt zurück. Der schwere Nazi Worch hat­te anscheinend befürchtet, dass das Beken­nt­nis zur Volks­ge­mein­schaft einen Ver­bot­santrag gegen die Partei „Die Rechte“ aus­lösen könnte.

Die Befürch­tung war nicht unberechtigt, denn beim zweit­en Ver­such, die NPD zu ver­bi­eten, hat der deutsche Bun­desrat in seinem Ver­bot­santrag argu­men­tiert, dass die NPD ihr biol­o­gis­tis­ches Konzept von der deutschen Volks­ge­mein­schaft samt seinen ras­sis­tis­chen Kon­se­quen­zen von der NSDAP entlehnt hat. Dass das Ver­bot der NPD scheit­erte, lag nicht an der Gesin­nung der NPD. Auch das Bun­desver­fas­sungs­gericht betonte den demokratiefeindlichen Charak­ter des Konzepts der Volksgemeinschaft:

Die Nation­aldemokratis­che Partei Deutsch­lands (NPD) ver­tritt nach Ansicht der Richter ein auf die Besei­t­i­gung der beste­hen­den frei­heitlichen demokratis­chen Grun­dord­nung gerichtetes poli­tis­ches Konzept: „Sie will die beste­hende Ver­fas­sung­sor­d­nung durch einen an der eth­nisch definierten ‚Volks­ge­mein­schaft’ aus­gerichteten autoritären Nation­al­staat erset­zen.” Sie mis­sachte die Men­schen­würde und sei mit dem Demokratieprinzip unvere­in­bar.

In Deutsch­land wird das Ver­bot ein­er Partei mit deren Beru­fung auf das Konzept der (deutschen) Volks­ge­mein­schaft argu­men­tiert, und ein (Neo-)Nazi tritt als Kapo ein­er Neon­azi-Partei zurück, weil die in einem Antrag das Beken­nt­nis zur deutschen Volks­ge­mein­schaft beschließt. Und in Öster­re­ich? Hier hat die FPÖ unter Heinz-Chris­t­ian Stra­che 2011 die deutsche Volks‑, Sprach- und Kul­turge­mein­schaft wieder in das Parteipro­gramm aufgenom­men, nach­dem es in den 1990er-Jahren unter Haider aus dem Parteipro­gramm ent­fer­nt wor­den war, um die Partei etwas regierungs­fähiger scheinen zu lassen.

Im nach wie vor gülti­gen FPÖ-Parteipro­gramm von 2011 scheint die Volks­ge­mein­schaft zwar in der Präam­bel nicht mehr auf („Wir beken­nen uns zu unserem Heimat­land Öster­re­ich als Teil der deutschen Sprach- und Kul­turge­mein­schaft, zu unseren heimis­chen Volks­grup­pen sowie zu einem Europa der freien Völk­er und Vater­län­der“), im Kapi­tel 2 („Heimat, Iden­tität und Umwelt“) geht es dafür wieder voll zur Sache:

Sprache, Geschichte und Kul­tur Öster­re­ichs sind deutsch. Die über­wiegende Mehrheit der 
Öster­re­ich­er ist Teil der deutschen Volks‑, Sprach- und Kul­turge­mein­schaft. Unsere autochtho­nen Volks­grup­pen der Bur­gen­land­kroat­en, Slowe­nen, Ungarn, Tschechen, Slowak­en und Roma sind als his­torisch ansäs­sige Min­der­heit­en eine Bere­icherung und inte­gri­ert­er Bestandteil Öster­re­ichs und unseres Staatsvolkes
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FPÖ-Parteiprogramm: „der deutschen Volks?, Sprach- und Kulturgemeinschaft”

FPÖ-Parteipro­gramm: „der deutschen Volks?, Sprach- und Kulturgemeinschaft”

Sprach­lich kommt das geglät­tet und nicht gewalt­be­wehrt wie bei NPD oder NSDAP, auch wurde das direk­te und schwur­mäßige „Beken­nt­nis“ zur deutschen Volks­ge­mein­schaft durch eine Behaup­tung erset­zt („Die über­wiegende Mehrheit … ist …“). Als Deko­ra­tion dür­fen auch noch autochthone Volks­grup­pen auftreten, die immer wieder gezählt und auf ihre eigentliche Mut­ter­sprache über­prüft wer­den sollen, damit sie zu ihren (Minderheiten-)Rechten kom­men. Das „Staatsvolk“ ist bei den Blauen natür­lich nicht gle­ichzuset­zen mit dem „Volk“, mit dem die „deutsche Volks­ge­mein­schaft“ gemeint ist: Staatsbürger*innen mit Migra­tionsh­in­ter­grund gehören da nicht dazu. Arbeitsmigrant*innen hät­ten noch weniger Rechte.

Wir haben schon in unser­er kurzen Analyse zum Hand­buch frei­heitlich­er Poli­tik, dem argu­men­ta­tiv­en Leit­faden zum Pro­gramm, her­aus­gear­beit­et, welche Kon­se­quen­zen daraus fol­gen. Stra­che ist Geschichte, der für das Hand­buch ver­ant­wortliche Nor­bert Hofer auch. Seit zehn Jahren ist das Beken­nt­nis zur deutschen Volks­ge­mein­schaft wieder Teil frei­heitlich­er Pro­gram­matik, hat sog­ar die Regierungs­beteili­gung unbeschadet und ohne Wider­stände über­standen. Vom neuen Kapo Kickl darf angenom­men wer­den, dass er genau weiß, welche braune Laus da in der frei­heitlichen Pro­gram­matik nis­tet. Und?