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Objekt 21: Der „geläuterte“ Jürgen

Das Auf­ge­bot des Cobra-Ein­­sat­z­­kom­­man­­dos für einen stö­rungs­frei­en Ablauf des Schwur­ge­richts­pro­zes­ses in Ried im Inn­kreis dürf­te dem Jür­gen sicher geschmei­chelt haben. Der ehe­ma­li­ge heim­li­che Chef der schwer kri­mi­nel­len Neo­na­­zi-Trup­­pe um das „Objekt 21“ stand näm­lich wie­der ein­mal wegen NS-Wie­­der­­be­­tä­­ti­­gung vor Gericht. Nach unse­rer Rech­nung hat er mit sei­nen 35 Lebens- und etli­chen Haft­jah­ren sowie fünf Verurteilungen […]

5. Feb 2020

In wel­chen sozia­len Netz­wer­ken unter wel­chen Nick­na­mes der Jür­gen ins­ge­samt unter­wegs war, wis­sen wir nicht wirk­lich. Gewis­ser­ma­ßen amt­lich bestä­tigt durch Ankla­ge und Urteil ist jeden­falls, was wir schon im Dezem­ber 2019 geschrie­ben haben: „Der Her­bert ist der Jür­gen!“ Neben dem Namen des Alt- und Neo­na­zi Her­bert Schwei­ger führ­te er aber auch noch den Nick­na­me Hans P., auf den wir nicht extra auf­merk­sam machen wol­len. Außer­dem benutz­te er in einer Chat-Grup­pe den Namen eines SS-Ver­bre­chers. In den sicher­ge­stell­ten Chat-Pro­to­kol­len „bezeich­ne­te er Flücht­lin­ge als ‚Tie­re, die nach Euro­pa kom­men wür­de, um Blut zu ver­gif­ten.’ Daher brau­che es wehr­haf­te Deut­sche.“ (nachrichten.at, 3.2.20) Der zitier­te Ein­trag stammt aus dem Febru­ar 2019, also aus einer Zeit, wo der Jür­gen – so sei­ne Ver­tei­di­gungs­li­nie vor Gericht — schon längst den Ent­schluss gefasst haben will, sei­ne brau­ne Kar­rie­re abzu­bre­chen und sich zu läutern.

FB-Profil von Jürgen W. alias Herbert Schweiger
FB-Pro­fil von Jür­gen W. ali­as Her­bert Schweiger

Da müs­sen wir wider­spre­chen. Noch im März 19 war der Jür­gen auf der FB-Sei­te „Natio­na­ler Selbst­ver­sor­ger“ unter­wegs. Der Jür­gen, der sich von Leber­käs­sem­merln und Bur­ger ernährt, ein „natio­na­ler Selbst­ver­sor­ger“, also Pas­ti­na­ken und Karot­ten? Naja, prak­ti­scher­wei­se wird Natio­na­ler Selbst­ver­sor­ger so abge­kürzt, dass das für Jür­gen, den brau­nen Schelm, wie­der einen ideo­lo­gi­schen Sinn ergibt! Im März 2019 wan­der­te der Jür­gen dann auch wie­der in U‑Haft, weil die Staats­an­walt­schaft der Ansicht war, dass der Jür­gen sei­ne im Herbst 2018 been­de­te Haft­stra­fe (wegen Objekt 21) ziem­lich zweck­wid­rig absol­viert hat.

Womit wir bei einem grö­ße­ren Pro­blem wären: Die Haft­zeit in Suben sei für ihn ein „Kin­der­spiel“ gewe­sen, hat der Jür­gen gechat­tet. Da hat er wohl Recht! Schon bei sei­ner Haft­stra­fe, die er für den „Kampf­ver­band Ober­do­nau“ aus­ge­fasst und in Suben abge­dient hat­te, war das so, wie wir im Dezem­ber 2019 schrieben:

Die Haft wegen des „Kampf­ver­ban­des Ober­do­nau“ behin­der­te den Jür­gen nicht wirk­lich am Auf­bau und der heim­li­chen Lei­tung von „Objekt 21“ in Wind­ern, Gemein­de Des­sel­brunn. Zum einen nutz­te er die Frei­gän­ge an den Wochen­en­den, die ihm offen­bar reich­lich zuge­spro­chen wur­den, für ein­schlä­gi­ge kri­mi­nel­le Akti­vi­tä­ten. Zum ande­ren ver­mit­tel­te der Jür­gen in der Haft­an­stalt Mit­ge­fan­ge­ne an das „Objekt 21, wo sie dann in die diver­sen kri­mi­nel­len Akti­vi­tä­ten der brau­nen Trup­pe ein­be­zo­gen wur­den, die von Brand­stif­tun­gen im Rot­licht­mi­lieu über Rausch­gift­han­del- und Kör­per­ver­let­zung bis hin zu Raub­zü­gen quer durch Ober­ös­ter­reich reich­ten.

Das galt dann auch für die Haft­stra­fe zu „Objekt 21“, die der Jür­gen zu schrift­li­chen Über­le­gun­gen für ein „Pro­jekt X“, für aus­ge­dehn­te Kon­ver­sa­tio­nen in den sozia­len Netz­wer­ken (z.B. auch bei brau­nen „Wehr­macht Memes“) und für sozia­le Kon­tak­te in der Haft­an­stalt nutz­te. Einer die­ser sozia­len Kon­tak­te in der Haft galt dem Mör­der Ger­hard S., der einen guten Tipp für einen län­ge­ren ille­ga­len Haft­ur­laub auf einem Neo­na­zi-Bau­ern­hof erhal­ten und auch genutzt hat. Die von uns ver­mu­te­te Con­nec­tion zu „Objekt 21“ hat die Abge­ord­ne­te Sabi­ne Schatz ver­an­lasst, beim dama­li­gen Jus­tiz­mi­nis­ter Moser nach­zu­fra­gen, ob Ger­hard S. in sei­ner Haft Kon­tak­te zu Jür­gen W. oder Manu­el S. (der ver­eins­recht­li­che Obmann von „Objekt 21“) hat­te? Die Ant­wort des Jus­tiz­mi­nis­ters („Es sind kei­ne der­ar­ti­gen Kon­tak­te bekannt“) hat ganz offen­sicht­lich nicht der Fak­ten­la­ge entsprochen.

Apro­pos Manu­el S., ali­as „Spee­dy“: Sei­ne Haft­zeit hat der Jür­gen natür­lich auch für die Pfle­ge sei­ner Freund­schaft zu „Spee­dy“ genutzt. Genau­er gesagt, die Haft­pau­sen, also die Frei­gän­ge. Da haben sich der Jür­gen und der Spee­dy und auch ande­re aus der alten brau­nen Bla­se offen­sicht­lich zu Schieß­übun­gen in der Schot­ter­gru­be getrof­fen. Pro­fes­sio­nel­le Vor­be­rei­tung auf das Leben nach der Haft? Wer hat da aller mit­ge­spielt und die Augen zuge­macht? Schließ­lich gab es ja schon aus der vor­he­ri­gen Haf­t­epi­so­de von Jür­gen ein­schlä­gi­ge Erfah­run­gen. Bei Gericht war auch die Rede von einem Video aus der Haft­zel­le, von einem gro­ßen Hit­ler­fo­to in der Haft­zel­le und von einem Tat­too auf dem lin­ken Unter­schen­kel mit der Auf­schrift „Objekt 21 – Jetzt erst recht“, das wäh­rend der Haft ent­stan­den sein muss.

Jürgen alias Herbert Schweiger Fan der SS-Wewelsburg
Jür­gen ali­as Her­bert Schwei­ger Fan der SS-Wewelsburg

Denn spä­tes­tens nach der Haft war der Jür­gen ja „geläu­tert“. Die Geschwo­re­nen hat das nicht son­der­lich beein­druckt – sie haben den natio­na­len Selbst­ver­sor­ger Jür­gen in 13 von 17 Fra­gen zur Ankla­ge für schul­dig befun­den, was dann zu wei­te­ren fünf Jah­ren unbe­ding­ter Haft füh­ren könn­te. Das Urteil ist näm­lich noch nicht rechts­kräf­tig, weil sich Ver­tei­di­gung und Staats­an­walt­schaft Bedenk­zeit aus­ge­be­ten haben. Eine noch offe­ne beding­te Haft­stra­fe von zwei Jah­ren hat eine Frist­ver­län­ge­rung erhal­ten, sodass der Jür­gen noch ein­mal zwei Jah­re zusätz­lich erhal­ten könn­te, wenn er sei­ne mut­maß­li­che künf­ti­ge Haft wie­der zweck­wid­rig verwendet.

Da kön­nen wir nur hof­fen, dass der Jür­gen nicht wie­der in Suben oder Stein landet!