Blaue Personalia: vorne raus, hinten rein

Hin­ter den Kulis­sen haben sich seit dem schmachvollen Ende der FPÖ als Regierungspartei und den Ver­lus­ten bei der Nation­al­ratswahl inter­es­sante per­son­elle Rochaden ergeben. Einige mussten gehen, andere wech­sel­ten in neue Posi­tio­nen und tauchen an unver­muteten Stellen wieder auf.

In den ehe­ma­li­gen blauen Min­is­te­rien hat es bere­its gerumpelt, zahlre­iche Mitar­bei­t­erIn­nen aus dem blauen Stall mussten ihren Schreibtisch räu­men. Zwis­chen­durch-Min­is­ter Andreas Reich­hardt siedelte mit einem kleinem Teil sein­er ehe­ma­li­gen Sek­tion, der Gruppe „Telekom und Post“, aus dem nun­mehr Grü­nen Verkehrs- ins türkise Land­wirtschaftsmin­is­teri­um. Wo sein ehe­ma­liger Vapo-Kol­lege Mar­cus Ull­mann – bis vor kurzem im Verkehrsmin­is­teri­um in der Stab­stelle „Tech­nolo­gi­etrans­fer und Sicher­heits­forschung” tätig – gelandet ist, kon­nten wir nicht eruieren.

Bar­bara Kap­pel war Wiener Land­tagsab­ge­ord­nete und bis 2019 EU-Abge­ord­nete der FPÖ. Immer wieder wurde ven­tiliert, dass Kap­pel in manchen Fra­gen der Parteilin­ie wider­sprochen und so die Gun­st der Parteiführung ver­loren habe. 2015 rügte Her­bert Kickl die Parteifre­undin öffentlich, weil sie „beim Frei­han­delsabkom­men (TTIP) nicht vollinhaltlich die Parteilin­ie der FPÖ [vertrete]. Sie solle sich daher ‚klar und unmissver­ständlich’ von dem Abkom­men dis­tanzieren, forderte er am Don­ner­stag in ein­er Aussendung. Zumin­d­est indi­rekt stellte er einen Auss­chluss in den Raum.“ (diepresse.com, 26.3.15)

Für die Europa-Wahl 2019 wurde Kap­pel erst gar nicht mehr nominiert. „Die deklar­i­ert proeu­ropäis­che Kap­pel eck­te in ihrer Frak­tion regelmäßig an und stimmte in den ver­gan­genen fünf Jahren bei kaum einem The­ma mit Del­e­ga­tion­sleit­er Vil­im­sky übere­in.” (krone.at, 21.2.19)

Von Kap­pel was son­st nicht viel zu hören, bekan­nter gewor­den ist sie jedoch nach ihrem wohl unfrei­willi­gen Abgang aus Brüs­sel, und zwar auf ange­bliche Anweisung von Stra­che als Geld­botin für die FPÖ, was sie selb­st bestätigt hat­te. Dem­nach über­brachte Kap­pel in mehreren Tranchen ins­ge­samt 55.000 Euro von einem bul­gar­ischen Geschäfts­mann in den blauen Par­la­mentsklub. „Das Geld hätte Kap­pel an ‚einen Mit­tels­mann’ (der Name ist der Redak­tion bekan­nt) gegeben: ‚Ja, ich habe die Parteis­pende an den Parteifre­und weit­ergegeben. Was der damit machte, weiß ich nicht.’ Zu diesem erst vor 25 Tagen ver­stor­be­nen Ex-Nation­al­rat hätte Stra­che ein ganz beson­deres Ver­trauensver­hält­nis gehabt”, berichtet oe.24 im Dezem­ber 2019. Dem­nach müsste der 2017 als Nation­al­ratsab­ge­ord­neter offiziell aus gesund­heitlichen Grün­den, inof­fiziell auch deshalb, weil er wegen des Ver­dachts, eine Frau mis­shan­delt zu haben, in den Medi­en auf­tauchte, zurück­ge­tretene A. K. in den Par­la­mentsklub gekom­men sein, um das Geld heim­lich in Emp­fang zu nehmen. Eine Ver­sion, die wenig plau­si­bel erscheint!

Nun wird es jedoch noch erstaunlich­er: Die von der FPÖ offen­bar wenig geschätzte Kap­pel wird seit Som­mer 2019 in ein­er Klub­liste als Mitar­bei­t­erin des frei­heitlichen Par­la­mentsklubs geführt, wie Recherchen von „Stoppt die Recht­en“ ergeben haben. Wir fassen zusam­men: Kap­pel wird nicht mehr als EU-Abge­ord­nete nominiert, weil sie zu wenig Partei­diszi­plin an den Tag gelegt hat. Zwis­chen­durch fungierte sie als Stra­ches Geld­botin (was Stra­che heftig demen­tiert), über­gab das Geld ange­blich an einen mit­tler­weile Ver­stor­be­nen, der naturgemäß nicht mehr befragt wer­den kann – und belastet damit Stra­che schw­er. Und dann lesen wir Kap­pels Name im Verze­ich­nis der blauen KlubmitarbeiterInnen.

Dafür mussten zahlre­iche andere Mitar­bei­t­erIn­nen ihren Hut nehmen, darunter der Brud­er des poli­tisch tief gefal­l­enen Joschi, Markus Gude­nus, der aber noch als FPÖ-Bezirk­srat in Wien-Wieden fungiert. Klubob­mann ist dort Brud­er Clemens, als Bezirk­srat tätig ist eben­falls der ehe­ma­lige Nation­al­ratsab­ge­ord­nete Johannes Hüb­n­er, der nach dem Bekan­ntwer­den sein­er anti­semi­tis­chen Aus­fälle bei ein­er Tagung der recht­sex­tremen Gesellschaft für freie Pub­lizis­tik e.V. (GfP) auf eine erneute Kan­di­datur bei der Nation­al­ratswahl 2017 verzichtet hat­te. Auf unter­er poli­tis­ch­er Ebene stellen Hüb­n­ers Äußerun­gen offen­bar kein Prob­lem dar.

FPÖ Wieden: 2x Gudenus, 1x Hübner

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Die Kar­riere von Bernadette Con­rads im blauen Par­la­men­stk­lub, der wir nicht nur wegen ihrer Nähe zu den Iden­titären mehrere Beiträge gewid­met haben, war von kurz­er Dauer: Sie war von 2017 bis 2019 Mitar­bei­t­erin des Salzburg­er Abge­ord­neten Chris­t­ian Pewny, der es nun nicht mehr in den Nation­al­rat geschafft hat.

Noch eine bemerkenswerte Per­son­al­rochade: Philip­pa Stra­che hat einen neuen par­la­men­tarischen Mitar­beit­er, näm­lich Chris­t­ian Röss­ner, der vorher eben­falls im blauen Par­la­mentsklub werk­te. Der Burschen­schafter Röss­ner (Bruna Sude­tia) scheint in ein­er in dieser Woche pub­lizierten Recherche zur pen­nalen Burschen­schaft Nor­man­nia Win­ter­berg zu Pas­sau auf, über deren poli­tis­che Veror­tung es dort heißt: Die Zusam­menset­zung der etwa 10 Mit­glieder umfassenden Burschen­schaft Nor­man­nia Win­ter­berg liest sich wie das who-is-who lokal ange­siedel­ter Neonazis.“

Und weit­er: „Unter­stützung aus dem Spek­trum recht­sex­tremer Parteien und akademis­chen Burschen­schaften bekommt die Nor­man­nia Win­ter­berg offen­bar auch aus Öster­re­ich. Der FPÖ-Poli­tik­er Chris­t­ian Röss­ner (Bier­name Wieland) ver­tritt die rechte ‚frei­heitliche Partei’ in der Pas­sauer Pen­nalie. (…)Im Gäste­buch (sein­er) Schüler­schaft Nor­man­nia Win­ter­berg kom­men­tierte Röss­ner zulet­zt am 13.10.2016: ‚Liebe BbrB­br! [Anm.: Abkürzung für „Bun­des­brüder“] Ich freue mich immer wieder in Eurem/unserem Kreise feiern zu dür­fen. Poli­tisch waren und sind wir immer schon eine Vorzeige­verbindung. Weit­er so. Vivat crescat flo­re­at in aeter­nam, liebe Nor­man­nia. Euer Wieland’.“

Frau Stra­che knüpft mit dieser Per­son­alentschei­dung also dort an, wo ihr Gat­te beson­ders erfol­gre­ich war: bei der Rekru­tierung von Burschenschaftern.

Update: Der Stan­dard berichtet von unseren Recherchen und schreibt, es han­dle sich laut FPÖ um ein Verse­hen, dass Bar­bara Kap­pels Name auf der Liste der Klub­mi­tar­bei­t­erIn­nen ange­führt ist.