OÖ: „Omas gegen Rechts“ als Teil des zivilgesellschaftlichen Extremismus?!

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Das Kon­zept der „Omas gegen Rechts“ wird welt­weit her­um­ge­reicht und dis­ku­tiert. Das ist natür­lich auch der Grund, war­um sie von Rechts so ange­fein­det wer­den. Der Rechts­extre­mist, der sich am Bur­schi­ball der FPÖ grin­send mit Hofer ablich­ten ließ, hat über sie gepos­tet: „Wenn man län­ger lebt als man nütz­lich ist“ und der Tiro­ler FPÖ-Chef Abwerz­ger rech­net sie zum „extre­mis­ti­schen Lurch“. Die ober­ös­ter­rei­chi­sche Lan­des­re­gie­rung rech­ne­te sie bis­her zum Links­extre­mis­mus. Ein Miss­ver­ständ­nis? Die neue Ein­stu­fung ist noch ärger.

Was macht man mit „Lurch“? Man putzt oder saugt ihn weg. Das wird der Tiro­ler FPÖ-Chef doch sicher nicht gemeint haben, oder wie dür­fen wir die nach­träg­li­che Löschung die­ses Tweets verstehen?

Abwerzger über DemonstrantInnen wie Omas gegen Rechts: "der extremistische Lurch"

Abwerz­ger über Demons­tran­tIn­nen wie Omas gegen Rechts: „der extre­mis­ti­sche Lurch”

Der Iden­ti­tä­re, der sich in sei­ner Nazi-Pha­se „Frund­s­berg“ nann­te, ist da schon kla­rer mit sei­nem an die NS-„Erbbiologie“ ange­lehn­ten Sprüchlein.

"Frundsberg" aka Edwin H. im Forum Deutsche Patrioten

„Frund­s­berg” aka Edwin H. im Forum Deut­sche Patrioten

Was aber bringt die ober­ös­ter­rei­chi­sche Lan­des­po­li­tik und den dor­ti­gen Ver­fas­sungs­schutz dazu, die „Omas gegen Rechts“ als links­extre­me Grup­pie­rung ein­zu­schät­zen und das dann nach Pro­test auf „links­li­be­ral“ zu kor­ri­gie­ren, aber wei­ter­hin im Kapi­tel „Links­ra­di­ka­lis­mus/-extre­mis­mus in OÖ“ im inter­nen Bericht?

Weil sie an Don­ners­tags-Demos teil­ge­nom­men haben, die – so der ana­ly­tisch-schar­fe Blick der oö. Ver­fas­sungs­schüt­zer – ein „Phä­no­men bil­de­ten“. Der oö. Ver­fas­sungs­schutz mit sei­nem stren­gen Auge fürs Links­extre­me sezier­te dann auch die­ses „soge­nann­ten Don­ners­tags­de­mos“ und ihre Teil­neh­mer, „… wel­che sich in ers­ter Linie aus den eher links­li­be­ra­len Berei­chen der Bevöl­ke­rung, aber auch aus kirch­li­chen Berei­chen rekru­tier­ten. Die­se ein­mal im Monat statt­fin­den­den Ver­samm­lun­gen wur­den bis zur Auf­lö­sung der Regie­rungfort­ge­setzt. Es wird auf die Zusam­men­set­zung der neu­en Regie­rungankom­men, ob es hin künf­tig zu wei­te­ren der­ar­ti­gen Pro­test­kund­ge­bun­gen kommt.“ (kurier.at, 17.1.20)

Die „Omas gegen Rechts“ dür­fen sich dem­nach aus­su­chen, ob sie lie­ber unter dem links­li­be­ra­len Bereich der Bevöl­ke­rung oder unter dem kirch­li­chen Bereich als „Links­extre­me“ erfasst wer­den wol­len? Da wird sogar der „Kurier“ rabi­at: „Demons­tra­tio­nen gegen eine Bun­des­re­gie­rungs­ofort in ein extre­mis­ti­sches Eck zu stel­len, geht nicht. Und kann auch durch das Wort „links­li­be­ral“ nicht ent­schärft wer­den.

Im Novem­ber 2017 haben sich die „Omas gegen Rechts“ zunächst auf Face­book als Grup­pe kon­sti­tu­iert und dann ziem­lich schnell den vir­tu­el­len Bereich durch die Teil­nah­me an einer Demo im Dezem­ber 2017 gegen die Ange­lo­bung der tür­kis-blau­en Bun­des­re­gie­rung ver­las­sen. Seit­her sind die „Omas gegen Rechts“ bei fak­tisch allen Demos gegen Rechts aktiv und wer­den welt­weit wahr­ge­nom­men: von der „New York Times“ und der „BBC“ bis nach Australien.

Facebook-Auftritt Omas gegen Rechts

Face­book-Auf­tritt Omas gegen Rechts

In ihrem Tätig­keits­be­richt für das ers­te Jahr 2017/18 fin­den sich auch Grund­satz­be­mer­kun­gen, die durch das Doku­ment „Bünd­nis­selbst­ver­ständ­nis“ kom­plet­tiert werden:

„Es geht um die Erhal­tung der par­la­men­ta­ri­schen Demo­kra­tie in einem gemein­sa­men Euro­pa, um den Ein­satz für die glei­chen Rech­te aller in Öster­reich leben­den Frau­en, Män­ner und Kin­der, um die sozia­len Stan­dards, die von Eltern und Groß­el­tern zum Teil bit­ter erkämpft wur­den, um den Respekt und die Ach­tung gegen­über ande­ren Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­gern unab­hän­gig von ihrer Reli­gi­on und eth­ni­scher Zuge­hö­rig­keit u.v.m. Dabei müs­sen die bedroh­li­chen Ent­wick­lun­gen wie Anti­se­mi­tis­mus, Ras­sis­mus, Frau­en­feind­lich­keit und Faschis­mus erkannt, benannt und im Kon­kre­ten auch der poli­ti­sche Wider­stand und die Bewusst­seins­bil­dung orga­ni­siert wer­den. … Wir tra­gen Ver­ant­wor­tung für die Jugend und das ist uns mehr bewusst als ande­ren. Dem dro­hen­den Sozi­al­ab­bau, der “Aus­hun­ge­rung” vie­ler älte­rer Frau­en, der fal­schen Bil­dungs­po­li­tik, die gro­ße Grup­pen der Jugend aus­grenzt, und vie­lem ande­ren soll wider­stan­den wer­den. Wir haben kei­ne klei­nen Kin­der (mehr), wir müs­sen nicht mehr hart in Jobs arbei­ten, wir haben mehr Zeit, uns poli­tisch zu enga­gie­ren und gera­de jetzt scheint es not­wen­dig zu sein, einen Bei­trag zu leis­ten. Es geht hier auch um Ermu­ti­gung, Ver­net­zung und sicht­bar machen: ALT SEIN HEISST NICHT STUMM SEIN!

Was gibt dem oö. Ver­fas­sungs­schutz das Recht und den Anlass, die­se Grup­pe zu beob­ach­ten und unter links­li­be­ra­lem Links­extre­mis­mus ein­zu­stu­fen? Die ober­ös­ter­rei­chi­schen „Omas gegen Rechts“ haben des­halb schon im Vor­jahr den Lan­des­haupt­mann (LH) Stel­zer ange­schrie­ben, der einer schwarz­blau­en Koali­ti­on vor­steht, und von ihm eine der­ma­ßen aus­wei­chen­de Ant­wort erhal­ten, dass sich die „Omas“ damit natür­lich nicht zufrie­den geben konnten.

In kei­ner Wei­se, so LH Stel­zer, möch­te die oö. Lan­des­re­gie­rung Demons­trie­ren­de pau­schal als „extrem“ dar­stel­len, aber die Arbeit der Exe­ku­ti­ve (er meint wohl den oö. Ver­fas­sungs­schutz) sei so kom­pe­tent, da wol­le man sich nicht ein­mi­schen. Wie kom­pe­tent die Arbeit der oö. Ver­fas­sungs­schüt­zer und der oö. Lan­des­re­gie­rung von zahl­rei­chen anti­fa­schis­ti­schen Per­so­nen und Grup­pie­run­gen ein­ge­schätzt wird, das leg­te dann im Jän­ner 2020 ein „Offe­ner Brief gegen Rechts­extre­mis­mus“ an den LH offen. In ihm heißt es über die Akti­vi­tä­ten der Lan­des­re­gie­rung gegen Rechtsextremismus:

„Von einer wirk­sa­men Bekämp­fung der beson­ders vie­len rechts­extre­men Straf­ta­ten in Ober­ös­ter­reich kann lei­der kei­ne Rede sein. Gera­de in jenem Bun­des­land, in dem sich die KZ-Gedenk­stät­te Maut­hau­sen befin­det, müss­te die poli­ti­sche Füh­rung reagie­ren und ihre demo­kra­ti­sche Ver­ant­wor­tung wahrnehmen.

Am 19. Novem­ber 2018 wur­de in der Sit­zung der OÖ. Lan­des­re­gie­rung ein Antrag behan­delt, der auf das mas­si­ve Pro­blem hin­wies und dazu einen Run­den Tisch aller wesent­li­chen Insti­tu­tio­nen vor­schlug. Die­sen Antrag haben ÖVP und FPÖ nicht ein­mal dem Lan­des­si­cher­heits­rat, der Mit­te Dezem­ber tag­te, zur Behand­lung zuge­wie­sen, son­dern ein­fach nie­der­ge­stimmt. Damit wei­gert sich die Mehr­heit der von Ihnen geführ­ten Lan­des­re­gie­rung, den anhal­ten­den Rekord an rechts­extre­mer Hass­kri­mi­na­li­tät in Ober­ös­ter­reich auch nur zur Kennt­nis zu neh­men – von Gegen­maß­nah­men ganz zu schwei­gen.“

In den „Ober­ös­ter­rei­chi­schen Nach­rich­ten“ vom 20.1.20 ver­such­te sich die ober­ös­ter­rei­chi­sche Lan­des­re­gie­rung durch einen ver­ba­len Ein­griff in die Arbeit der Exe­ku­ti­ve dann in Ent­schär­fung: Die „Omas gegen Rechts“ wer­den nicht mehr unter links­li­be­ral abge­legt, son­dern unter „zivil­ge­sell­schaft­li­che Grup­pen“. Bis­her – so die OÖN – hat es im Hand­lungs­kon­zept gegen Extre­mis­mus nur die Kate­go­rien rechts- und links­extrem gege­ben, „künf­tig wird es also als drit­te Ein­stu­fung ‚zivil­ge­sell­schaft­li­che Grup­pen’ geben.

Das muss man sich auf der Zun­ge zer­ge­hen las­sen: Die oö. Lan­des­re­gie­rung schafft es mit ihrem ver­ba­len Ein­griff, zivil­ge­sell­schaft­li­che Grup­pen wie die „Omas gegen Rechts“, aber eben auch alle ande­ren – und das sind vie­le –, unter „Extre­mis­mus“ ein­zu­rei­hen! Damit wäre min­des­tens halb Ober­ös­ter­reich in extre­mis­ti­schen Grup­pie­run­gen, weil sie sich zivil­ge­sell­schaft­lich orga­ni­siert haben. Der nächs­te Brief der oö „Omas gegen Rechts“ an den LH ist schon geschrie­ben, aber ob dem da noch eine Ant­wort ein­fällt, darf bezwei­felt werden.