Medienschnipsel (III): Kehlmann, Kneissl, Kunasek & Ropac

Der Som­mer neigt sich seinem Ende zu, damit auch die Som­mer­in­ter­views und in der Folge auch die Medi­en­schnipsel davon. Der Schrift­steller Daniel Kehlmann, dessen Stück „Die Reise der Ver­lore­nen“ am The­ater in der Josef­s­tadt am 6.9. uraufge­führt wird, hat sich deut­lich zur poli­tis­chen Entwick­lung in Europa und Öster­re­ich geäußert, auch der Galerist Thad­däus Ropac – während Außen­min­is­terin Kneissl kaum etwas wis­sen will über die per­sön­lichen Fre­unde von Stra­che, Orbán und Salvi­ni. Der Vertei­di­gungsmin­is­ter ist dann der (oder das) Allerletzte.

Daniel Kehlmann im Inter­view mit News („News” Nr. 35 / 2018 vom 31.08.2018): Ekel und Entsetzen

News: Wie erk­lären Sie das Erstarken der Recht­en in Europa?
Kehlmann: Das ist zu kom­plex, Schlag­worte helfen wenig. Ich würde sagen, der Fortschritt ver­läuft nun ein­mal nicht ger­adlin­ig, son­dern in Schlangenlinien.
News: Der Amerikan­er Stephen Ban­non will eine vere­inigte Rechte in Europa, The Move­ment genan­nt, grün­den. Wo steuern wir hin?
Kehlmann: Das macht mir keine großen Sor­gen. Ban­non ver­ste­ht Europa nicht und kommt bei Europäern nicht gut an. Das Prob­lem sind Orbán und Salvi­ni, nicht der abge­halfterte Pro­pa­gan­dist Bannon.

Stra­che: Trau­ung mit Orban und Salvi­ni (Die Presse, 25.8.18)
Stra­che: Die kirch­liche Trau­ung, das Liebesver­sprechen vor Gott, habe ich ja noch vor mir. Man lädt jeman­den ein, mit dem man sich gut ver­ste­ht. Bei mir wäre das mein Fre­und, Ital­iens Vizepremier, Mat­teo Salvi­ni und vielle­icht Ungar­ns Pre­mier Vik­tor Orbán.

Kneissl: Kaum Ahnung von Le Pen und Salvi­ni (Der Stan­dard, 26.8.18)
Stan­dard: Also die europäis­chen Part­ner der FPÖ, die Lega von Salvi­ni oder Marine Le Pen in Frankre­ich, sagen das aber recht offen, dass sie diese EU zer­schla­gen wollen.
Kneissl: Ich bin kein großer Beobachter von Le Pen. Aber eines hat man dort begrif­f­en: dass die Fran­zosen nicht raus wollen aus dem Euro und nicht raus aus der EU. Das war das große Wahlkampfthe­ma bei den Präsi­den­ten­wahlen, ein­er der Gründe, warum sie ver­loren haben. Salvi­ni ver­folge ich nicht so genau. Ich habe glück­licher­weise viele andere inter­es­sante Themen.

News: Sie sprachen von ein­er beun­ruhi­gen­den poli­tis­chen Sit­u­a­tion. Was beun­ruhigt Sie am meis­ten an der öster­re­ichis­chen Regierung?
Kehlmann: Nun, ein Beispiel von vie­len: Solange die Außen­min­is­terin, die Putin zu ihrer Hochzeit geladen hat, nicht zurück­ge­treten ist, wird Öster­re­ich inter­na­tion­al als groteskes Land ohne Glaub­würdigkeit dastehen.
News: Was sagen Sie dazu, dass man die Unter­suchun­gen gegen Udo Land­bauer in der Causa der Lieder­buch-Affäre eingestellt hat?
Kehlmann: Ekel und Entset­zen. Auch angesichts des jun­gen Schweigekan­zlers, der alles hin­nehmen wird, solange er an der Macht bleibt.

Kehlmann im „Stan­dard“: Schä­men für dieses Land (Der Stan­dard, 2.9.18)

Stan­dard: Die öster­re­ichis­che Regierung forciert Gren­zschließun­gen. Mit welchen Gedanken ver­fol­gen Sie das als Auslandsösterreicher?
Kehlmann: Als Aus­land­söster­re­ich­er ist man zurzeit ohne­hin ständig damit beschäftigt, sich für dieses Land zu schä­men. Ein Kul­tur­min­is­ter, der die Ver­lei­hung des wichtig­sten Kul­tur­preis­es des Lan­des ver­lässt, bevor die Preisträgerin Zadie Smith ihre Rede gehal­ten hat. Eine Außen­min­is­terin, die einen Dik­ta­tor zu ihrer Hochzeit ein­lädt. Und ein Kan­zler, dessen größtes Vor­bild offen­bar der Mann ist, der in Ungarn ger­ade die Demokratie abschafft.

Galerist Thad­daeus Ropac: Öster­re­ich als Schmud­d­elecke Europas (pro­fil, 14.8.18)

Ropac: Ich kann nicht fassen, dass in Öster­re­ich eine recht­sradikale Partei in der Regierung sitzt. Dieses Land tendiert dazu, gemein­sam mit Ungarn und Polen zur Schmud­d­elecke Europas zu wer­den. Ich kann nicht behaupten, ein stolz­er Öster­re­ich­er zu sein. Ich füh­le mich in Frankre­ich wohler, weil die Fran­zosen die europäis­che Vision vertei­di­gen. Deutsch­land und Frankre­ich sind im Moment die größten Europäer. Öster­re­ich wen­det sich in ein­er Weise einem Nation­al­is­mus zu, der mich schock­iert. Ich wurde in den 1960er-Jahren geboren, das Wis­sen um den Holo­caust hat mich damals völ­lig aus der Bahn gewor­fen, weil ich mit diesem Land und sein­er Ver­gan­gen­heit nichts mehr anfan­gen kon­nte. Was mich gerettet hat, war die Vision von Europa. Ich fand es damals sehr bedauer­lich, dass Öster­re­ich nicht eines der Grün­dungsmit­glieder war. Ich habe mit großer Bewun­derung nach Deutsch­land geblickt.
pro­fil: In Frankre­ich gibt es auch den Front National.
Ropac: Es gibt enorm viele Prob­leme, auch Anti­semitismus, aber der Front Nation­al ist klar abge­gren­zt und wird von einem Großteil der Fran­zosen heftig abgelehnt. In Öster­re­ich ver­wis­cht sich dieses extrem rechte Gedankengut bis in die Mitte hinein. Das kann ich in kein­er Weise nachvol­lziehen. Ein­er­seits liebe ich dieses Land, ander­er­seits werde ich ger­adezu in eine Dis­tanz gezwungen.

Kunasek: Burschen­schafter sind lupen­reine Demokrat­en (Der Stan­dard, 29.8.18)

STANDARD: Sie sind ein­er der weni­gen in der FPÖ-Regierungs­man­nschaft, die bei kein­er Verbindung sind. Angesichts der nun eingestell­ten Causa Ger­ma­nia zu Wiener Neustadt: Sind Sie froh, nie bei deutschna­tionalen Burschen­schaften angestreift zu haben?
Kunasek: An sich hat das mein Lebenslauf nicht zuge­lassen: Vielle­icht wäre es ja anders gekom­men, wenn ich Matu­ra gemacht hätte, Stu­dent gewe­sen wäre. Aber so hat sich für mich die Frage des Beitritts zu ein­er Burschen­schaft nie gestellt. Aber natür­lich habe ich mit unzäh­li­gen Kor­pori­erten Kon­takt und auch stets gut mit ihnen zusam­mengear­beit­et.(*) Also lass ich über die auch nichts kom­men, weil die lupen­reine Demokrat­en sind. Und wie man bei der Geschichte rund um Udo Land­bauer als FPÖ-Spitzenkan­di­dat in Niederöster­re­ich sieht, der ja mit­tler­weile reha­bil­i­tiert ist …
STANDARD: … konkret wurde die Causa Ger­ma­nia rund um das NS-Lieder­buch wegen Ver­jährung und aus Man­gel an vor­liegen­den Beweisen eingestellt …
Kunasek: Jeden­falls bin ich froh für den Udo – und ich wün­sch’ ihm alles Gute, wenn er sein Man­dat wieder annimmt. Natür­lich haben Büch­er mit solchen Liedern nichts bei den Burschen­schaften verloren.

Die "lupenreinen Demokraten" beim Schlagen der Mensur

Die „lupen­reinen Demokrat­en” beim Schla­gen der Mensur

*Anmerkung SdR: Kunaseks Kabi­nettschef Michael Klug ist Mit­glied der akademis­chen Sänger­schaft Goth­ia zu Graz