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Neonazikonzert bei der Germania Ried: Mitglied des RFJ Ried hat dazu geladen

Dass Bur­schen­schaf­ten ein Hort von Gedan­ken­gut und Ritua­len aus längst ver­gan­ge­nen Zei­ten sind, wis­sen wir inzwi­schen. Dass es in der FPÖ den­noch sehr nütz­lich ist, ihnen anzu­ge­hö­ren, weil sie als Kader­schmie­de für Pos­ten mit höhe­ren Wei­hen die­nen, ist eben­falls bekannt. Allei­ne in die­sem Jahr gab’s bereits vier Fäl­le, die an die Öffent­lich­keit kamen und die […]

14. Aug 2018

Es braucht schon ein gewis­ses Fach­wis­sen, um Sebas­ti­an Döh­ring ali­as Fyl­gi­en zu ken­nen. Das haben man­che wie Tho­mas Ram­mer­stor­fer, die sich mit der rechts­extre­men und neo­na­zis­ti­schen Musik­sze­ne kri­tisch beschäf­ti­gen. Oder man inter­es­siert sich für die­se Musik aus Grün­den einer ideo­lo­gi­schen Nähe. Der­je­ni­ge, der aus der Ger­ma­nia Ried auf die Idee gekom­men ist, Döh­ring in die Bude nach Ried ein­zu­la­den, ist zwei­fel­los der zwei­te­ren Sor­te zuzu­rech­nen – Irr­tü­mer aus­ge­schlos­sen, denn Döh­rings Vita ist so ein­schlä­gig braun gepflas­tert, dass all­fäl­li­ge ande­re Zuord­nun­gen als „nor­ma­ler“ Musi­ker nicht mög­lich sind – sie­he Anhang!

Und just die­sen Neo­na­zi lädt nun die Ger­ma­nia Ried zu einem Kon­zert ein. Auf dem Ein­la­dungs­schrei­ben wird der nicht nament­li­che genann­te Döh­ring so bewor­ben: „Es singt der wohl bekann­tes­te Bal­la­den­sän­ger Deutschlands.“

Ein­la­dung zum Neo­na­zikon­zert (Screen­shot SdR)

Leicht les­bar war trotz der Schwär­zung die Mail­adres­se, an die eine Anmel­dung zum die­sem brau­nen „Top­e­vent“ im Ger­ma­nen­haus zu rich­ten war: [email protected], die laut Eigen­an­ga­be der Ger­ma­nia von Wolf­gang Kitz­mül­ler, Ehe­mann der Drit­ten Natio­nal­rats­prä­si­den­tin Anne­lie­se Kitz­mül­ler, betreut wird. Nicht les­bar ist die Tele­fon­num­mer ober­halb der Mail­adres­se. Bei genaue­rem Hin­se­hen und ein wenig Recher­che ist jedoch der Name der Per­son ein­deu­tig zu iden­ti­fi­zie­ren, die die­se Ein­la­dung nament­lich gezeich­net hat: J. B.

B. ist nicht nur Mit­glied der Rie­der Ger­ma­nen, deren Insi­gni­en er mit Kap­perl und Band hin und wie­der öffent­lich via Face­book vor­führt oder beim Gang zum rechts­extre­men Kon­gress der Euro­pa­ver­tei­di­ger 2016 in Linz trägt, son­dern eben­falls des Ring Frei­heit­li­cher Jugend (RFJ) Ried. Und auch da ist B. schon ein­mal auf­ge­fal­len, näm­lich bei einer Schieß­übung, die er zusam­men mit sie­ben ande­ren aus sei­ner Orts­grup­pe 2016 durch­führ­te und bei der B. das „sil­ber­ne Schieß­leis­tungs­ab­zei­chen“ erreich­te, wie der RFJ Ried stolz samt Foto der erfolg­rei­chen Recken auf Face­book vermeldete.

Schieß­übung des RFJ Ried (Screen­shot SdR)

2017 berich­te­te der Stan­dard über die Schieß­übung:

Die acht Bur­schen und Män­ner eines Orts­ver­ban­des der FPÖ-Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on Ring Frei­heit­li­cher Jugend (RFJ) lächeln in die Kame­ra. Zwei von ihnen, bei­de zu die­sem Zeit­punkt min­der­jäh­rig, posie­ren mit einem Gewehr. Recher­chen zei­gen, dass sich die bei­den Jugend­li­chen eben­so wie der Obmann der RFJ-Orts­or­ga­ni­sa­ti­on zumin­dest im Umfeld der rechts­extre­men Iden­ti­tä­ren Bewe­gung befin­den. Einer ist auf Face­book Fan der rechts­extre­men Orga­ni­sa­ti­on, bei­de sind mit deren Mit­glie­dern befreundet.

B.s Hang zu Waf­fen zeigt sich auch bei sei­nen Face­book-Likes (Screen­shot SdR)

Dass B. als „Ger­ma­ne“ gute Ver­bin­dun­gen zum sei­nem Bun­des­bru­der, dem Lan­des­rat Elmar Pod­gor­schek pflegt, ist aus eini­gen Face­book-Pos­tings inter­pre­tier­bar. B.s bur­schen­schaft­li­cher Draht reicht aber bis zu Udo Gug­gen­bich­ler, sei­nes Zei­chens Vor­sit­zen­der des Öster­rei­chi­schen Pen­nä­ler­rings (ÖPR), Orga­ni­sa­tor des WKR-Balls und Wie­ner Land­tags­ab­ge­ord­ne­ter der FPÖ. So titu­lier­te Gug­gen­bich­ler zwei Bur­schen, einer davon J. B., 2015 auf sei­nem Face­book-Account freund­lich als „Lieb­lings­schul­spre­cher“.

Udo Gug­gen­bich­lers Lieb­lings­schul­spre­cher (Screen­shot SdR)

Ob B. nun nicht nur zum Kon­zert gela­den, son­dern Döh­ring auch nach Brau­nau zu Hit­lers Geburts­haus geführt hat, wis­sen wir nicht, nur dass jemand aus der Ger­ma­nia Ried die­se „inter­es­san­te“ Füh­rung gestal­tet hat, wie Döh­rings Beglei­ter vom Netz­ra­dio Ger­ma­nia dank­bar samt Foto vom Hit­ler-Haus ver­mel­de­te. Aber B. wird die­se Fra­ge wohl im Zuge der Ermitt­lun­gen des Lan­des­amts für Ver­fas­sungs­schutz und Ter­ro­ris­mus­be­kämp­fung und der Staats­an­walt­schaft zu beant­wor­ten haben. Die Ein­la­dung eines beken­nen­den Neo­na­zis soll­te aber eigent­lich rei­chen, um sei­tens der frei­heit­li­chen Jugend und der Mut­ter­par­tei mit einem Raus­wurf von B. die Reiss­lei­ne zu zie­hen. Eigentlich …

Anhang:
Sebas­ti­an Döh­ring ist in Bezug auf Rechts­extre­mis­mus Hard­core: „Der 1980 gebo­re­ne Döh­ring ist seit mehr als zehn Jah­ren als Lie­der­ma­cher aktiv. Im Jahr 2011 kan­di­dier­te er in Ber­lin für die NPD. Vor Kur­zem zog Döh­ring in die bran­den­bur­gi­sche Klein­stadt Temp­lin, wo er auch sei­nen Ver­sand­han­del ‚Fyl­gi­en-Ver­sand’ betreibt. Neben Mer­chan­di­se­ar­ti­keln und CDs fin­det man dort auch Klei­dung der ‚Wotan Jugend – Sek­ti­on Ger­ma­nia’, des­sen ‚Sek­ti­ons­lei­ter’ Döh­ring zu sein scheint. Die Grup­pe ist eine Unter­stüt­zer­grup­pe des faschis­ti­schen ukrai­ni­schen Frei­wil­li­gen­ba­tail­lons ‚AZOW’. So über­rascht es nicht, dass Döh­ring min­des­tens zwei Mal in Ost­eu­ro­pa auf­ge­tre­ten ist: Ein­mal im Rah­men eines Kon­zer­tes der ‚Wotan­ju­gend’ in Russ­land, das ande­re Mal bei einem Kon­zert der ‚Mis­an­tro­phic Divi­si­on’ in der Ukrai­ne.“ (https://dontcallitmusic.noblogs.org/post/2017/12/21/neonazis-als-liedermacher-gewollt-aber-nicht-gekonnt/)
Döh­ring ist dem Umfeld der neo­na­zis­ti­schen Blood & Honour-Bewe­gung zuzu­ord­nen, die in Deutsch­land ver­bo­ten ist und sich mit der rechts­ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung Com­bat 18 seit eini­gen Jah­ren neu for­miert.
„Am 20. Sep­tem­ber 2017 erfolg­te bei ihm [Döh­ring, Anmk.] im Rah­men eines ein­ge­lei­te­ten Ermitt­lungs­ver­fah­rens wegen Volks­ver­het­zung eine Haus­durch­su­chung, weil er in sei­nem Ver­sand einen 2016 her­aus­ge­kom­me­nen Ton­trä­ger der Band ‚Erschie­ßungs­kom­man­do’ ver­brei­tet hat. Nach­zu­le­sen ist dies im jüngst erschie­ne­nen Ver­fas­sungs­schutz­be­richt des Lan­des Bran­den­burg. In einer Text­zei­le der Com­bo ‚Erschie­ßungs­kom­man­do’ aus dem Stück ‚Blut und Ehre’ heißt es ‚Blut und Ehre treu und stolz, auf der Brust das Haken­kreuz’. Auch hier­mit wird die Nähe zur „Blood&Honour“-Bewegung doku­men­tiert. Ein ande­res Stück der Band trägt den Titel ‚An allem sind die Juden schuld’. Zum Reper­toire gehö­ren auch Titel wie ‚Ab in den Ofen’, ‚Gas­kam­mer­lü­ge’, ‚Der Deut­schen größ­ter Sohn’ oder ‚Das neue Reich’.“ (https://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/ungebrochene-solidarit-t-mit-wolle)
Döh­ring selbst ist auch jüngst mit einer musi­ka­li­schen Hul­di­gung für den NSU-Mit­tä­ter Ralf Wohl­le­ben auf­fäl­lig geworden.