Zielgruppe FPÖ: Die Facebook-Offensive der Neonazis von „Unwiderstehlich“

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Bald zwei Jah­re ist die Grup­pe „Unwi­der­steh­lich“ nun schon aktiv. Sie ver­tritt offen ras­sis­ti­sche sowie anti­se­mi­ti­sche Posi­tio­nen, pro­pa­giert Gewalt als poli­ti­sches Mit­tel und lehnt die Demo­kra­tie ab. „Unwi­der­steh­lich“ „beken­net sich zum Deutsch­tum“ und sieht Frau­en allem vor­an als Müt­ter, die für den „Erhalt unse­rer Art“ zu sor­gen haben. Hit­ler ist für sie „ein gro­ßer Sozi­al­re­vo­lu­tio­när“, die ame­ri­ka­ni­sche Neo­na­zi-Sei­te „The Dai­ly Stor­mer“ eine „judeo-kri­ti­sche Infor­ma­ti­ons­platt­form“. Und am 8. Mai, dem Tag der Befrei­ung vom Natio­nal­so­zia­lis­mus titeln sie: „Wir kapi­tu­lie­ren nie.“ Kurz­um: Sie erfül­len jedes denk­ba­re Kri­te­ri­um des Neo­na­zis­mus. Ihr Geschichts­re­vi­sio­nis­mus, die zur Schau getra­ge­ne Gewalt­be­reit­schaft, das Sün­den­bock­den­ken sowie ihr anti­de­mo­kra­ti­scher Eli­ta­ris­mus las­sen wenig Raum für Zwei­fel an die­ser inhalt­li­chen Charakterisierung.

Internethelden …

Zu Beginn lud die Grup­pe auf ihrem Face­book-Pro­fil noch öffent­lich zu Stamm­ti­schen ein, um sich dann gänz­lich auf den digi­ta­len Raum zurück­zu­zie­hen. Ein Ver­hal­ten, dass sie bei ande­ren iro­ni­scher­wei­se als „völ­ki­sches Ver­steck­spie­len in Kel­lern, Hin­ter­stu­ben und dem Inter­net“ oder kurz gesagt als Feig­heit kritisieren.

In der Öffent­lich­keit fie­len in letz­ter Zeit ledig­lich ver­schie­de­ne Auf­kle­ber der Grup­pe des Öfte­ren ins Auge. Die­se wur­de ins­be­son­de­re rund um den Wahl­kampf zur Hoch­schul­ver­tre­tung auf­fäl­lig häu­fig an der und rund um die Uni­ver­si­tät Wien ver­klebt, aber auch an der Fas­sa­de als links oder alter­na­tiv gel­ten­der Räum­lich­kei­ten waren sie zu fin­den. Unter ande­rem fan­den sich die Sti­cker auch neben der Tür des Kul­tur­zen­trums W23, gegen das im ver­gan­ge­nen Jahr eine gan­ze Serie von Sach­be­schä­di­gun­gen ver­übt wor­den war.

Inmit­ten einer Serie offen­sicht­lich poli­tisch moti­vier­ter
Sach­be­schä­di­gun­gen gegen das Kul­tur­zen­trum W23 wur­den im Ein­gangs­be­reich des
Hau­ses Auf­kle­ber von „Unwi­der­steh­lich“ angebracht

Ihr Auf­tritt wur­de im Früh­jahr mit einer Web­site und einmn Twit­ter-Account ergänzt. Wäh­rend letz­te­rer seit Mona­ten brach liegt, wer­den auf der Web­site regel­mä­ßig theo­re­ti­sche Erör­te­run­gen oder Pam­phle­te ver­öf­fent­licht. The­ma­tisch sind die­se ent­we­der Begriffs­be­stim­mun­gen zu Volk, Nati­on und ‚Ras­se‘ oder Abrech­nun­gen mit „welt­an­schau­li­chen Geg­nern“, zu denen sie inter­es­san­ter­wei­se auch „Iden­ti­tä­re“ sowie ihre ideo­lo­gi­schen Väter der Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on, Bün­di­sche und Natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­re zäh­len. Die vier Face­book­sei­ten von „Unwi­der­steh­lich“ wer­den wei­ter­hin täg­lich bespielt. Auf­fäl­lig sind auch auf die­sem Kanal die stän­di­gen Unter­grif­fig­kei­ten in Rich­tung der soge­nann­ten „Neu­en Rech­ten“, die sie als ver­wa­schen ableh­nen, da sie in ihrem eth­no­plu­ra­lis­ti­schem Ras­sis­mus ohne dem Begriff der ‚Ras­se‘ auskommen.

… und ihre Fans

Auf­fäl­lig oft und unkri­tisch gefea­tured wird hin­ge­gen die Stu­die­ren­den­or­ga­ni­sa­ti­on der FPÖ, der Ring Frei­heit­li­cher Stu­den­ten (RFS) bzw. kon­kret des­sen Vor­sit­zen­der Mar­kus Ripfl. Des­sen Vide­os wer­den ver­läss­lich einen bis höchs­tens zwei Tage nach ihrer Ver­öf­fent­li­chung über die Face­book-Sei­te von „Unwi­der­steh­lich“ wei­ter­ge­teilt. Auch Sabri­na Wall­hof, die im ÖH-Wahl­kampf für den RFS auf Platz 10 der Uni­Wi­en-Lis­te antrat, lik­ed meh­re­re Sei­ten sowie diver­se Pos­tings von „Unwi­der­steh­lich“. Dar­un­ter aktu­ell jenes, in dem die AfD als „Samm­lung ver­schie­de­ner Per­so­nen­krei­se, (…) vom Neger [sic!] über ehe­ma­li­ge SPD Juden bis zum ehe­ma­li­gen „Neo­na­zi” und heu­ti­gem Iden­ti­tä­ren“ beschrie­ben wird. „Unwi­der­steh­lich“ gibt zudem eine deut­li­che Wahl­emp­feh­lung für die FPÖ ab, was ins­be­son­de­re ange­sichts ihrer Ableh­nung der meis­ten ande­ren rechts­extre­men Struk­tu­ren abge­se­hen vom Natio­na­len Wider­stand, zu dem sie sich ihren Tex­ten nach lose zäh­len, inter­es­sant ist.

Die Kan­di­da­tin der FPÖ-Stu­die­ren­den­or­ga­ni­sa­ti­on schenkt gleich meh­re­ren „Unwiderstehlich“-Seiten und Bei­trä­gen ein „Like“

Bemer­kens­wert ist auch, dass „Unwi­der­steh­lich“ immer wie­der über inter­ne Doku­men­te aus den Berei­chen Jus­tiz und Poli­zei zu ver­fü­gen scheint. So publi­zier­ten sie bei­spiels­wei­se ver­gan­ge­nen Febru­ar Doku­men­te des stei­ri­schen Abwehr­am­tes. Außer­dem umfas­sen ihre Tex­te des Öfte­ren juris­ti­sche Erör­te­run­gen und balan­cie­ren durch­aus geschickt exakt an der Gren­ze des Ver­bots­ge­set­zes. Die­se Umstän­de spre­chen nicht nur für ver­gan­ge­ne Erfah­run­gen vor Gericht, son­dern viel­leicht sogar dafür, dass sich in ihren Rei­hen zumin­dest ein Jurist befindet.

Facebook-Werbung: FPÖ-Sympathisanten als Zielgruppe

Seit eini­ger Zeit schal­tet „Unwi­der­steh­lich“ auf Face­book nun schon inten­siv Wer­bung. War die Ziel­grup­pe anfangs noch sehr all­ge­mein und umfass­te alle Österreicher_innen bzw. Per­so­nen, die sich in einem bestimm­ten Zeit­fens­ter in Öster­reich auf­ge­hal­ten haben, so haben sie nun eine inter­es­san­te Ein­schrän­kung vor­ge­nom­men: Ihre Wer­bung rich­tet sich spe­zi­ell an Face­book-Use­rIn­nen, die sich für die FPÖ inter­es­sie­ren. „Unwi­der­steh­lich“ will also expli­zit ein frei­heit­li­ches Publi­kum mit ihren Tex­ten anspre­chen. Bewor­ben wer­den ver­schie­de­ne Bei­trä­ge ohne erkenn­ba­ren Fokus, bei­spiels­wei­se ein Arti­kel zur Kri­tik an der soge­nann­ten „Neu­en Rech­ten“ bzw. den Ideen der Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on, aber auch eine Kri­tik an der Sper­rung der Neo­na­zi­sei­te „The Dai­ly Stor­mer“ als Ein­schrän­kung der frei­en Meinungsäußerung.

Unwi­der­steh­lich wirbt gezielt bei Per­so­nen, die der FPÖ nahe stehen

Inter­es­sant ist die­se Wer­be­of­fen­si­ve aber auch noch aus einer wei­te­ren Per­spek­ti­ve: Wer­bung kann auf Face­book näm­lich nur geschal­ten wer­den, wenn man ein Bank­kon­to oder ande­re Zah­lungs­in­for­ma­tio­nen mit sei­nem Face­book-Account ver­knüpft. Außer­dem muss man Administrator_in oder zumin­dest Werbemanager_in der zu bewer­ben­den Sei­te sein. Das bedeu­tet, dass es ein Leich­tes wäre, über die Wer­be­an­zei­gen her­aus­zu­fin­den, wer hin­ter die­ser rechts­extre­men Sei­te steht. Im Hin­blick auf die Prü­fung der straf­recht­li­chen Grenz­wer­tig­keit der Inhal­te die­ser Sei­te, aber auch auf lau­fen­de poli­zei­li­che Ermitt­lun­gen in Bezug auf eine gefähr­li­che Dro­hung mit Bezug­nah­me auf „Unwi­der­steh­lich“ ist die­se Tat­sa­che von Bedeu­tung. Ob die Behör­den hier tätig wer­den, um die Ver­ant­wort­li­chen aus­zu­for­schen, bleibt abzuwarten.