Krems: Sechs Schuldsprüche gegen Scheinriesen

Nach einem lan­gen zweit­en Ver­hand­lungstag mit rund 19 Stun­den Ver­hand­lungs­dauer wurde der Prozess gegen acht Per­so­n­en aus der reich­side­ol­o­gis­chen Szene mit Schuld­sprüchen für sechs Angeklagte been­det. Weil sie 2014 in Hol­len­bach (NÖ) eine selb­st­ge­bastelte Gerichtsver­hand­lung des Phan­tasiegericht­shofs „Inter­na­tion­al Com­mon Law Court of Jus­tice Vien­na” (ICCJV) ver­anstal­ten woll­ten, mussten sie sich wegen Amt­san­maßung und schw­er­er Nöti­gung verantworten.

Facebook-Auftritt des Phantasiegerichtshofs International Common Law Court of Justice Vienna (ICCJV)

Face­book-Auftritt des Phan­tasiegericht­shofs Inter­na­tion­al Com­mon Law Court of Jus­tice Vien­na (ICCJV)

Die Vor­fälle aus dem Jahr 2014, die zu der Anklage geführt haben, sind in dem Beitrag des Radiosenders fm4 aus­führlich beschrieben. Erstangeklagte jet­zt in Krems war die Besitzerin des Hol­len­bach­er Hofs (53), die sich teilschuldig bekan­nte. Sie hat­te eine „Klage nach Natur­recht“ gegen ihre Sach­wal­terin, eine Anwältin, ein­gere­icht. Der Phan­tasiegericht­shof ICCJV bzw. die Phan­tasie-Gruppe OPPT hat­te sich der Klage angenommen.

Die Forderung nach Wiedergutmachung und Schadenersatz, zahlbar in 99.99%igem Silber.

Die Forderung nach Wiedergut­machung und Schaden­er­satz, zahlbar in 99.99%igem Silber.

Wobei wir da schon mit­ten in einem der Prob­leme sind, die für die Ver­hand­lung selb­st nicht rel­e­vant waren: Fast alle Angeklagten wollen eigentlich nir­gend­wo richtig dabei gewe­sen sein. OPPT gibt’s nicht mehr, einige der damals Beteiligten wan­derten zu den Freemen oder den Ter­raniern ab oder woll­ten über­haupt nur am Rande beteiligt gewe­sen sein. Der ICCJV ver­suchte gar, sich dem Zugriff der öster­re­ichis­chen Jus­tiz durch die Ver­legung seines „Gericht­shofs“ in die Schweiz zu entziehen.

Die Gruppe OPPT gibt es mittlerweile nicht mehr, dafür eine handvoll andere...

Die Gruppe OPPT gibt es mit­tler­weile nicht mehr, dafür eine hand­voll andere…

2014 schaute das noch ganz anders aus. Damals taucht­en sog­ar ein ‚Sher­iff‘ und Hil­f­ssh­er­iffs des ICCJV am Polizeiposten Waidhofen/Thaya auf und forderten bei den Beamten Assis­ten­z­di­en­stleis­tung für die Fes­t­nahme der Sach­wal­terin ein. Sog­ar einen selb­st­ge­bastel­ten Haft­be­fehl für den niederöster­re­ichis­chen Lan­deshaupt­mann Erwin Pröll kon­nte der ICCJV präsentieren.

2017 vor dem Lan­des­gericht Krems schrumpften die Schein­riesen des ICCJV und der ver­bün­de­ten Reichss­chwärmer auf ihre natür­liche Größe. Der „Gen­eraldirek­tor“ des ICCJV und Zwei­tangeklagte (43), der 2013 für das BZÖ noch bei der Nation­al­ratswahl kan­di­diert hat­te, wollte nur „zum Grillen“ nach Hol­len­bach gekom­men sein, ein weit­er­er Kan­di­dat des BZÖ von 2013 (47) wollte gar nur als recher­chieren­der Jour­nal­ist dabei gewe­sen sein. Blöd allerd­ings, dass aus­gerech­net er den Haft­be­fehl gegen Erwin Pröll mit Dau­menab­druck und Unter­schrift besiegelt hat. Nach­dem bekan­nt wurde, dass die zwei Kan­di­dat­en sozusagen in ein­er Par­al­lel­welt gegen die Repub­lik tätig waren, für die sie ander­er­seits kan­di­dierten, wur­den sie vom BZÖ aus­geschlossen. Das war selb­st für das BZÖ zuviel.

Gegen Landeshauptmann Pröll unterzeichnete einer der BZÖ-ler einen Haftbefehl (nur echt mit Fingerabdruck!), zeitgleich bewarb er sich für den Einzug in den Nationalrat auf der BZÖ-Liste. Daraus wurde leider nichts…

Gegen Lan­deshaupt­mann Pröll unterze­ich­nete ein­er der BZÖ-ler einen Haft­be­fehl (nur echt mit Fin­ger­ab­druck!), zeit­gle­ich bewarb er sich für den Einzug in den Nation­al­rat auf der BZÖ-Liste. Daraus wurde lei­der nichts…

Zum ersten Ver­hand­lungstag im März 2017 waren fünf der acht Angeklagten gar nicht vor Gericht erschienen. Auf Antrag der Staat­san­waltschaft Krems wur­den sie deshalb vor dem zweit­en Ver­hand­lungstag in Unter­suchung­shaft genom­men und dem Gericht aus der Haft vorgeführt.

Am zweit­en Ver­hand­lungstag set­zte sich das fort, was schon ein Monat zuvor bemerk­bar war: Die Angeklagten wur­den sehr klein.
So selb­st­be­wusst, ja aggres­siv die führen­den Mit­glieder des Pseudogericht­shofs „ICCJV“ („Inter­na­tion­al Com­mon Law Court of Jus­tice Vien­na“) in der Ver­gan­gen­heit auf­trat­en, so klein­laut waren sie während ihres Prozess­es am Mittwoch am Lan­des­gericht Krems“, beschrieb es die „Wiener Zeitung“.

Die Urteile fie­len auch eher milde aus. Ein Sher­iff aus Oberöster­re­ich und ein weit­er­er Angeklagter fassten 20 Monate, davon fünf unbe­d­ingt aus. Der eine Ex-BZÖ–Kandidat und „Gen­eraldirek­tor“ des ICCJV erhielt 18 Monate, davon vier unbe­d­ingt, eine deutsche Staats­bürg­erin eben­falls, während der andere BZÖ-Kan­di­dat noch weit­er in U‑Haft bleiben muss. Bei ihm soll ein Gutacht­en klären, ob der Dau­menab­druck auf dem Haft­be­fehl gegen Erwin Pröll von ihm stammt. Der jüng­ste Angeklagte, der sich am ersten Ver­hand­lungstag am deut­lich­sten vom Reichs­geschwafel dis­tanziert hat, kam mit ein­er unbe­d­ingten Geld­strafe und acht Monat­en bed­ingt am gün­stig­sten davon, während der 57-jährige Medi­zin­er freige­sprochen wurde. Die Hol­len­bach­er Guts­be­sitzerin erhielt 15 Monate, davon drei unbe­d­ingt. Die Urteile sind alle noch nicht rechtskräftig.

Dem ICCJV hat es nach dem Urteil zunächst ein­mal die Sprache ver­schla­gen, aber es ist damit zu rech­nen, dass die Repub­lik und ihre Organe dem­nächst mit seit­en­lan­gen Eingaben über­zo­gen wer­den, für die der „Chefjurist“ des ICCJV (der nicht angeklagt war) bei allen Ämtern Öster­re­ichs bekan­nt ist. Ziem­lich dis­tanziert fiel die Stel­lung­nahme des „Staaten­bun­des“:

Ange­blich sitzen die ICCJV Mit­glieder im Gefäng­nis. Sie wur­den niedergeschla­gen und inhaftiert, wegen der Geschichte in Waid­hofen. (…) Ein inter­na­tionales Gericht wie der ICCJV hat Immu­nität!!! Wir wer­den ein­mal prüfen ob das stimmt…