Wien: Frühkindliche Prägung durch Reichsadler und SS-Opas – Verfahren wegen Wiederbetätigung

Das Bild, das Mar­tin auf Face­book von sich zu geben ver­sucht, weicht doch ziem­lich von dem ab, was er in der Real­ität darstellt. Eigentlich sind es ja mehrere Bilder, denn Mar­tin (39) hat mehrere Face­book-Pro­file und zusät­zlich eines auf dem rus­sis­chen Por­tal vk.com. Das bringt uns dem Anlass für diesen Bericht schon näher, denn Mar­tin stand am Don­ner­stag, 3.11.2016, wegen Wieder­betä­ti­gung vor Gericht – und vk.com ist als Net­zw­erk für braune Het­zer bekannt.

Am Don­ner­stag, 3.11.2016 fan­den am Wiener Lan­des­gericht gle­ich drei Wieder­betä­ti­gung­sprozesse statt – zeit­gle­ich. Ein­er davon war dem Mar­tin S. gewid­met, der auch wegen schw­er­er Nöti­gung angeklagt ist. In ein­er Unterkun­ft für Obdachlose hat er laut Anklage näm­lich nicht nur mit Hit­ler­gruß und „Sieg Heil“-Parolen Auf­se­hen erregt, son­dern auch, weil er einem Mit­be­wohn­er, der ihn wegen sein­er Nazi-Aktiv­itäten gerügt hat­te, das Mess­er an den Hals geset­zt hat.

Mar­tin bestre­it­et die Nazi-Parolen, gibt aber zu, „rechte Sachen“ gesagt zu haben, aber immer nur im pri­vat­en Kreis. Er habe nie jeman­den anderen aufges­tachelt“, zitiert ihn die „Wiener Zeitung“, die als einzige über den Prozess berichtet.

Klingt nett, stimmt aber lei­der nicht. Mar­tin hat auf Face­book unter einem Fake-Bild mit Eva Glaw­is­chnig (bei dem man sich wun­dert, warum aus­gerech­net so etwas nicht den moralis­chen Alarm der Face­book-Tugend­wächter aus­gelöst hat) die Parole ver­bre­it­et: „Ihr dreck­i­gen Denun­zianten­schweine! Fickt euch ihr Volksver­räter!“ Das hat zu ein­er Verurteilung wegen Belei­di­gung geführt, die dem Mar­tin offen­bar ent­fall­en ist.

„Ruhm und Ehre“, ein Spruch, den Alt- und Neon­azis der Waf­fen-SS wid­men, hat er auf einen Knöchel tätowiert, zahlre­iche Face­book-Seit­en, die sich der Waf­fen-SS wid­men, gefall­en ihm eben­so wie Nor­bert Hofer, die FPÖ, die Iden­titären, Pegi­da, der Front Nation­al und natür­lich HC und UFO-TV.

...was Martin so auf Facebook zu seinen Freunden und Interessen zählt.

Was Mar­tin so auf Face­book zu seinen Fre­un­den und Inter­essen zählt.

Dem Gericht erzählt er eine Geschichte von frühkindlich­er Prä­gung durch seine Großel­tern, bei denen er aufgewach­sen ist – bei­de Opas waren ange­blich bei der SS. „Ständig habe er vom Rus­s­land­feldzug der Nazis gehört, SS-Uni­for­men seien in der Woh­nung gehangen. Fotos in NS-Posen seien gemacht wor­den. „Für einen Jun­gen war das schon inter­es­sant”, sagt er. In seine Schul­hefte habe er immer den Reich­sadler gemalt. Es habe deswe­gen „Prob­leme gegeben.” (Wiener Zeitung)

Gut, mit­tler­weile ist er einige Jahre älter, aber nach ein­er Phase der Nor­mal­ität wieder voll drauf. Vor Gericht bejam­mert er sich in allen Phasen seines Lebens als Opfer. Das kon­trastiert oft ziem­lich mit dem Bild, das er son­st über sich ver­bre­it­en will. Auf Face­book ver­sucht er zumeist den coolen Lover rauszuhän­gen, postet „auf viele Anfra­gen hin“ ein paar „Pics vom Accountin­hab­er“ und wün­scht den „Ladys“ (viel Spaß beim Betra­cht­en. Weil einige der gelade­nen Zeu­gen nicht erschienen sind, wurde auf Mitte Dezem­ber vertagt.