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Wien: Frühkindliche Prägung durch Reichsadler und SS-Opas – Verfahren wegen Wiederbetätigung

Das Bild, das Mar­tin S. auf Face­book von sich zu geben ver­sucht, weicht doch ziem­lich von dem ab, was er in der Rea­li­tät dar­stellt. Eigent­lich sind es ja meh­re­re Bil­der, denn Mar­tin S. (39) hat meh­re­re Face­­book-Pro­­fi­­le und zusätz­lich eines auf dem rus­si­schen Por­tal vk.com. Das bringt uns dem Anlass für die­sen Bericht schon näher, […]

4. Nov 2016

Am Don­ners­tag, 3.11.2016 fan­den am Wie­ner Lan­des­ge­richt gleich drei Wie­der­be­tä­ti­gungs­pro­zes­se statt – zeit­gleich. Einer davon war Mar­tin S. gewid­met, der auch wegen schwe­rer Nöti­gung ange­klagt ist. In einer Unter­kunft für Obdach­lo­se hat er laut Ankla­ge näm­lich nicht nur mit Hit­ler­gruß und „Sieg Heil“-Parolen Auf­se­hen erregt, son­dern auch, weil er einem Mit­be­woh­ner, der ihn wegen sei­ner Nazi-Akti­vi­tä­ten gerügt hat­te, das Mes­ser an den Hals gesetzt hat.

S. bestrei­tet die Nazi-Paro­len, gibt aber zu, „rech­te Sachen“ gesagt zu haben, aber immer nur im pri­va­ten Kreis. Er habe nie jeman­den ande­ren auf­ge­sta­chelt“, zitiert ihn die „Wie­ner Zei­tung“, die als ein­zi­ge über den Pro­zess berichtet.

Klingt nett, stimmt aber nicht. Mar­tin hat auf Face­book unter einem Fake-Bild mit Eva Gla­wi­sch­nig (bei dem man sich wun­dert, war­um aus­ge­rech­net so etwas nicht den mora­li­schen Alarm der Face­book-Tugend­wäch­ter aus­ge­löst hat) die Paro­le ver­brei­tet: „Ihr dre­cki­gen Denun­zi­an­ten­schwei­ne! Fickt euch ihr Volks­ver­rä­ter!“ Das hat zu einer Ver­ur­tei­lung wegen Belei­di­gung geführt, die dem Mar­tin offen­bar ent­fal­len ist.

„Ruhm und Ehre“, ein Spruch, den Alt- und Neo­na­zis der Waf­fen-SS wid­men, hat er auf einen Knö­chel sei­ner Hand täto­wiert, zahl­rei­che Face­book-Sei­ten, die sich der Waf­fen-SS wid­men, gefal­len ihm eben­so wie Nor­bert Hofer, die FPÖ, die Iden­ti­tä­ren, Pegi­da, der Front Natio­nal und natür­lich HC und UFO-TV.

...was Martin so auf Facebook zu seinen Freunden und Interessen zählt.
Was Mar­tin so auf Face­book zu sei­nen Freun­den und Inter­es­sen zählt.

Dem Gericht erzählt er eine Geschich­te von früh­kind­li­cher Prä­gung durch sei­ne Groß­el­tern, bei denen er auf­ge­wach­sen ist – bei­de Opas waren angeb­lich bei der SS. „Stän­dig habe er vom Russ­land­feld­zug der Nazis gehört, SS-Uni­for­men sei­en in der Woh­nung gehan­gen. Fotos in NS-Posen sei­en gemacht wor­den. ‚Für einen Jun­gen war das schon inter­es­sant’, sagt er. In sei­ne Schul­hef­te habe er immer den Reichs­ad­ler gemalt. Es habe des­we­gen „Pro­ble­me gege­ben.” (Wie­ner Zei­tung)

Gut, mitt­ler­wei­le ist er eini­ge Jah­re älter, aber nach einer Pha­se der Nor­ma­li­tät wie­der voll drauf. Vor Gericht bejam­mert er sich in allen Pha­sen sei­nes Lebens als Opfer. Das kon­tras­tiert oft ziem­lich mit dem Bild, das er sonst über sich ver­brei­ten will. Auf Face­book ver­sucht er zumeist den coo­len Lover raus­zu­hän­gen, pos­tet „auf vie­le Anfra­gen hin“ ein paar „Pics vom Account­in­ha­ber“ und wünscht den „Ladys“ (viel Spaß beim Betrach­ten. Weil eini­ge der gela­de­nen Zeu­gen nicht erschie­nen sind, wur­de auf Mit­te Dezem­ber vertagt.

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