Die Staatsanwältin hielt in ihrer Anklageschrift auch fest, dass gegen Reinthaler bereits zurückliegend mehrmals wegen verschiedener Delikte ermittelt und bei Hausdurchsuchungen auch Material mit nationalsozialistischer Verherrlichung beschlagnahmt wurde. Bücher wie die „Auschwitzlüge“, „SA marschiert“, „Mein Kampf“ oder „Göring“ hätten durch handschriftliche Vermerke Reinthalers belegt, dass er mit der nationalsozialistischen Idee sympathisiere. Zudem habe Reinthaler einen Zivilprozess gegen die Krone verloren, in dem diese Reinthaler einen Braunen nannte, ein Synonym, das für Nationalsozialist steht. Der Angeklagte habe auf Flohmärkten NS-Devotionalien vertrieben und in der Aula, einer rechtsextremen österreichischen Zeitschrift, eine Verteidigungsrede für einen namhaften österreichischen Nationalsozialisten verfasst. Seine in Wels vor Jahren gegründete Partei „Die Bunten“ wurde wegen nationalsozialistischer Nähe verboten und ebenso die Gründung einer bewaffneten Verbindung bei der Staatsanwaltschaft Wels zur Anzeige gebracht. Auch eine Demonstration in Ried wurde Reinthaler wegen Verdachts auf Wiederbetätigung einmal untersagt.
Der Angeklagte erwiderte in seiner Verteidigung wortreich mit ausschweifenden Handbewegungen, dass er ein ganz braver ordentlicher Staatsbürger sei, brav seine Steuern zahle, aber nicht in Ruhe leben könne, weil das System — die „Rote Brut“ — ihn ständig verfolge. Jetzt sei das Gott sei Dank vorbei, der rote Bürgermeister in Wels musste seinen Sessel räumen, dafür habe er gekämpft, der neue schaffe endlich wieder Ordnung. Wer gegen etwas ist, schaffe sich Feinde, und diese setzen alles daran sich an der Macht zu halten.
Auf die Frage, ob Reinthaler Vorstrafen habe, schwieg der Angeklagte auffällig lange, um dann in forderndem Ton nach dem Akt zu verlangen, der in der Verhandlung beigeschafft werden müsse. Ja, er habe eine Vorstrafe, er sei jetzt ein schwerer Verbrecher. Er sei wegen einer Sachbeschädigung vorbestraft, weil ihm als Sondertransportbegleiter bei einer Anhaltung einmal die Anhaltekelle entglitten sei und diese zufälligerweise in ein Auto eingeschlagen habe, das nicht anhalten wollte. Als Sondertransportbegleiter nehme er die Stelle eines Polizisten ein. Nur ein Polizist wäre deswegen sicher nie verurteilt worden, aber weil er Reinthaler heiße, setzte es eben eine Strafe von € 900. Das System habe also wieder zurückgeschlagen.
In Österreich gebe es ein Gesetz gegen Rechte, aber keines gegen Linke. So dürften auf Flohmärkten eben kein Hitlerbilder oder Nazibände angeboten werden, ein Stalin und kommunistische Abzeichen aber sehr wohl. Das halte er für sehr ungerecht. Wenn es gegen Linke ein ähnliches Gesetz gebe wie gegen Rechte, dann würde das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands im Verfassungsschutzbericht an aller erster Stelle stehen als die linksextreme Organisation in Österreich. Aber weil es eben kein solches Gesetz gebe, bestimmen die mit dem Linksdrall unsere Kultur und wenn das Dokumentationsarchiv etwas sagt, dann laufe die Frau Staatsanwältin sofort, klage an und gehe dem DÖW auf den Leim. So schaut es aus in Österreich.
Als der Vorsitzende des Geschworenengerichtes versuchte Ludwig Reinthaler einzubremsen und auf den Punkt zu bringen, indem er die Frage stellte, wie denn nun das mit dem Artikel gewesen wäre, wurde der Angeklagte auffallend schweigsam um dann mit fester Stimme zu verkünden, die Facebook-Seite „Alles Lüge“ habe er deshalb gegründet, um darauf hinzuweisen, dass Artikel, die er auf diese Seite stellt, eben eine Lüge darstellen. Die Staatsanwaltschaft verkenne in ihrer totalen Verirrung, dass die Seite nicht „Alles Wahrheit“ heiße, weil sonst würde er ja den Holocaust leugnen, sondern eben deshalb „Alles Lüge“, weil eine Leugnung des Holocaust, wie sie auf der Konferenz in Teheran unter dem damaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad abgehalten wurde, eben eine Lüge sei. Er habe diese Facebook-Seite als Archiv eingerichtet, vor allem auch deshalb, um andere Personen zu warnen, dass man in Österreich den Holocaust nicht leugnen dürfe, weil man sonst vor Gericht stehe und Geschworene über einen richten.
Als Zeuge war der Anzeigeerstatter — ein Tiroler Medienbeobachter — geladen, den der Verteidiger Burgholzer wüst beschimpfte, einen Schnüffler nannte, einen Privat-Stasi, der die politische Kultur in Österreich zerstöre, eine Ausgeburt von Denunziant, der seinen Mandanten, einen völlig unbescholtenen Menschen, vernichten wolle. Er warf ihm vor, dass kein vernünftiger Mensch in Österreich im Internet nur deshalb surfe, um politisch strafbare Handlungen zu finden und anzuzeigen. Der Zeuge müsse einer Organisation angehören, er arbeite auf Auftrag anderer, anders könne sein professionelles Verhalten nicht erklärt werden. Außerdem höre man das bereits aus seinem Akzent heraus, dass er aus Deutschland komme und nur bei der Stasi ausgebildet worden sein könne; das beweise schon sein Auftreten. Als es um rechtliche Grundlagen ging, erwiderte der Zeuge, dass der Verteidiger erst einmal die Strafprozessordnung lernen möge, bevor er da weiter so dämlich herumfrage. Der Verteidiger Mag. Burgholzer versank im Stuhl. Er stellte keine weiteren Fragen mehr.
Während die Staatsanwaltschaft im Schlussplädoyer an ihrer Anklage festhielt, presste der Verteidiger extrem herabwürdigende Schimpfkanonaden gegen die Staatsanwältin hervor, sie kümmere sich nur um unbescholtene Bürger, lasse aber andererseits Sexualstraftäter frei herumlaufen. Sie sei eben noch eine vom alten Schlag, die noch immer nicht behirnt habe, dass bereits 50% der Österreicher in einer neuen Zeit angekommen seien, die nun beginnen würden, mit diesem alten System abzurechnen. Der Vorsitzende des Geschworenengerichtes ließ den Hasstiraden des Verteidigers Mag. Burgholzer freien Lauf, wohl auch um den Prozess aus formalrechtlichen Gründen nicht zu gefährden.
Nach der Mittagspause und kurzer Beratung stimmten die Geschworenen mit 1:7 für einen Freispruch. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Ludwig Reinthaler grinste.