Der braune Dreck auf YouTube

Bei YouTube kann man alle Arten von braunem Dreck unge­hin­dert sehen. Ver­botene Neon­azi-Songs, alte Nazi-Lieder, Reden von Nazis, Clips der ‚Deutschen Wochen­schau‘. Der „Report Mainz“ hat sich einen beson­deren Aspekt, die massen­haft gewaltver­her­rlichen­den Neon­azi-Lieder auf YouTube, her­aus­ge­grif­f­en und dazu einen Beitrag gestal­tet. YouTube bzw. dessen Eigen­tümer Google haben ein Inter­view verweigert.


Neon­azis in Soziale Medien
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Auf deutschsprachi­gen Seit­en von YouTube befind­en sich Unmen­gen von Neon­azi-Liedern, deren Ver­bre­itung sowohl nach deutschem als auch nach öster­re­ichis­chem Recht straf­bar ist: NS-Wieder­betä­ti­gung, Ver­het­zung, Auf­forderung zu (bzw. Gutheißung von) mit Strafe bedro­ht­en Hand­lun­gen usw.. Den­noch passiert kaum etwas.


YouTube: Gigi und die braunen Stadtmusikanten
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Die Selb­stverpflich­tung von YouTube, Has­s­botschaften und ver­het­zende Inhalte zu löschen, funk­tion­iert nicht. Im Ver­gle­ich dazu ist Face­book ein Muster­schüler – und das will was heißen!

Der Beitrag des „Report Mainz“ ist in der ARD — Mediathek abruf­bar und wird dort auch zum Down­load angeboten.


Hitlers Het­zrede über Juden ‑unkom­men­tiert auf YouTube
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Hier ein Auss­chnitt aus dem Begleit­text von Report Mainz:


„Der Jüdis­che Weltkongress (JWC) beze­ich­net YouTube und Google als mitver­ant­wortlich, wenn es unter dem Ein­fluss dieser Musik zu Straftat­en käme. Im Inter­view mit REPORT MAINZ sagte der Justi­tiar des JWC, Prof. Men­achem Rosen­saft: „Man muss offen sagen, dass wenn ein Mord, ein Über­fall auf einen Juden oder einen Mus­li­men oder einen Immi­granten das Resul­tat ist, dass ein Neon­azi-Bursche diese Musik gehört hat und das ist die Inspi­ra­tion, dann ist Google Deutsch­land und YouTube mitver­ant­wortlich.” Er fordert die sofor­tige Löschung all dieser Neon­azi-Videos. Wörtlich sagte er: „Google inter­na­tion­al, in Deutsch­land, in Ameri­ka, muss diese Art Videos run­ternehmen. Fertig.”

Das soge­nan­nte Afri­ka-Lied der Neon­azi-Band Landser, verurteilt als krim­inelle Vere­ini­gung, ste­ht seit 18 Monat­en auf YouTube und wurde über 250.000 mal gek­lickt. Im Text heißt es: „Afri­ka für Affen, Europa für Weiße. Steckt die Affen in ein Klo und spült sie weg wie Scheiße.”
Dieses Lied hat beim Mord am Schwarzen Alber­to Adri­ano 2000 in Dessau eine wichtige Rolle gespielt. So ste­ht es in den Gericht­sak­ten. Es gibt noch eine Menge weit­er­er Has­slieder, so die Recherchen von REPORT MAINZ, die zu Gewalt gegen Juden und Flüchtlinge auffordern.
Der Poli­tik­wis­senschaftler Prof. Samuel Salzborn, Uni­ver­sität Göt­tin­gen, kommt zu der Ein­schätzung: „Über­raschend an den recht­sex­tremen und neon­azis­tis­chen Musikvideos auf YouTube ist ein­er­seits die Masse. Also das heißt, wie viel tat­säch­lich an neon­azis­tis­chem Musik­ma­te­r­i­al ver­füg­bar ist. Und ander­er­seits auch, dass wir neben der reinen Quan­tität auch eine Rei­he von Mate­r­i­al find­en, das nicht nur gewaltver­her­rlichend ist, son­dern das auch strafrechtlich rel­e­vant ist, zum Teil indiziert ist.” Salzborn ver­weist auf den Zusam­men­hang der zwis­chen dem Hören dieser Lieder und nach­fol­gen­den Straftat­en beste­ht. Das wisse man aus vie­len Ermit­tlungsver­fahren: „Auf Worte fol­gen Tat­en. Es gibt einen Zusam­men­hang zwis­chen dieser Musik und den ras­sis­tis­chen Anschlä­gen und Über­grif­f­en. Die Musik mobil­isiert zu solcher­lei Tat­en”. Zu ein­er ähn­lichen Ein­schätzung kommt Prof. Andreas Marneros aus Bonn. Er hat mehr als 100 rechte Gewalt­täter foren­sisch begutachtet, darunter die Mörder von Alber­to Adri­ano. Sein­er Beobach­tung nach spielt diese Musik oft­mals im Vor­feld der Tat eine wichtige Rolle, hat so etwas wie eine ans­tif­tende Wirkung: „Ans­tifter in dem Sinne, dass sie die schon vorhan­de­nen Bere­itschaften mobil­isiert, ver­stärkt und dann zur Hand­lung bringt. Und wenn ich die Bere­itschaft habe, ras­sis­tisch und frem­den­feindlich zu agieren, dann öffnet diese dro­ge­nar­tige Wirkung, die diese Musik hat, für mich alle Möglichkeit­en in Anführungsze­ichen.”, sagte Prof. Marneros im Inter­view mit REPORT MAINZ.

Das NSU-Ter­ror­trio und ihre Unter­stützer haben nach­weis­lich solche Lieder von früh­ester Jugend bis zum Schluss kon­sum­iert. Auch die drei Täter des Bran­dan­schlages auf eine Flüchtling­sun­terkun­ft im nieder­säch­sis­chen Salzhem­men­dorf Ende August 2015 haben sich im unmit­tel­baren Vor­feld der Tat mit Neon­azi-Musik aufgeputscht.

REPORT MAINZ hat YouTube/Google Deutsch­land mit eini­gen weni­gen Textpas­sagen kon­fron­tiert – dem ein­gangs zitierten Afri­ka-Lied und darüber hin­aus mit fol­gen­den Zitat­en: „Für unser Fest ist nichts zu teuer,10.000 Juden für ein Freuden­feuer. Ihr tut unsere Ehre weh. Unsere Antwort heißt Zyk­lon B.” Und: „Niger raus aus unserem Land, Niger, du wirst ver­bran­nt.” Und: „Mit dem Mol­ly in der Hand, und das Asyl­heim bren­nt.” Der Konz­ern hat ein Inter­view mit REPORT MAINZ ver­weigert. YouTube erk­lärte schriftlich: Man habe „klare Richtlin­ien, die Hassbotschaften…oder volksver­het­zende Inhalte ver­bi­eten und wir ent­fer­nen alle Videos, …sobald sie gemeldet werden.”

REPORT MAINZ hat mehrere dieser gewaltver­her­rlichen­den Lieder „flaggen” lassen. Das ist das übliche Ver­fahren, um der Video­plat­tform anstößige Inhalte zu melden. Diese Neon­azi-Sound­tracks sind bis­lang nach wie vor online.

Viele dieser Lieder wären für YouTube ganz leicht zu iden­ti­fizieren. Begriffe wie Rassen­hass oder Her­ren­rasse wer­den ver­wen­det, eben­so wie Hak­enkreuze und SS-Runen. Das Zeigen und Ver­wen­den des Hak­enkreuzes in der Öffentlichkeit ist strafbar.

Nach Ein­schätzung von Strafrechtlern berühren diese Lieder zahlre­iche Straftatbestände – Aufruf zum Rassen­hass, Aufruf zu Gewalt­tat­en, Volksver­het­zung, Leug­nung des Holo­caust und Ver­her­rlichung des Nationalsozialismus.”


PS: Hin­weisen zu öster­re­ichis­chen (!) Upload­ern bzw. Seit­en­be­treibern von Nazi-Dreck auf YouTube gehen wir gerne nach. Mel­dun­gen bitte an [email protected].