Offene Fragen zum Nenzinger Amoklauf (I)

War’s das schon? Eigentlich sind noch sehr viele Fra­gen offen, aber die meis­ten Medi­en – so scheint es –haben kein Inter­esse an Recherche zu dem Amok­lauf von Nen­z­ing. Nur die Tat­waffe, die eine (ser­bis­che) Zas­ta­va, nicht eine Kalaschnikow war, erregte noch Inter­esse. Die stammt von der ‚Balka­n­mafia‘, wurde medi­al ger­aunt. Die hat aber nicht geschossen, son­dern ein Neon­azi aus dem „Blood & Honour“-Umfeld. Da fan­gen unsere Fra­gen an.

Blood & Hon­our? Die Polizei erk­lärte auf ihrer Pressekon­ferenz am Mon­tag laut „Vol.at“, dass es „ seit 2010 keinen Anlass mehr“ gegeben habe, Gre­gor S. polizeilich zu überwachen. Und weit­er: „Der Täter war ange­blich seit 2013 nicht mehr Teil der recht­sex­tremen Grup­pierung „Blood&Honour”„.

Wie bitte? Seit 2010 wird er nicht mehr polizeilich überwacht, weil es dafür keinen Anlass gegeben habe, aber erst 2013 steigt Gre­gor S. ange­blich bei der Neon­azi-Truppe „Blood & Hon­our“ aus? Wie steigt man bei „Blood & Hon­our“ aus und wie erfährt die Polizei eigentlich vom ange­blichen Ausstieg? Hat er sich beim Ver­fas­sungss­chutz schriftlich abgemeldet? Warum stellt der 2010 die polizeiliche Beobach­tung ein – nach acht (!) Vorstrafen wegen Kör­per­ver­let­zung und gefährlich­er Dro­hung? Was ist mit den Kon­tak­ten von Gre­gor S. in die Vorarl­berg­er und inter­na­tionale Neonazi-Szene?

2010 wurde der Vere­in „Motor­rad­fre­unde Bodensee“, der seit 2007 eine legale Struk­tur für die Aktiv­itäten von „Blood & Hon­our“ Vorarl­berg gebildet hat, durch Entscheid des Ver­fas­sungs­gericht­shofes zwar endgültig aufgelöst, aber dadurch wurde ja nur die legale Struk­tur gekappt. Ger­ade die Aktiv­itäten der let­zten Monate bele­gen sehr deut­lich, dass “Blood & Hon­our“ in Vorarl­berg weit­er­hin aktiv ist.


Gre­gor S.
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Von Markus Wal­ter, einem deutschen Hard­core-Neon­azi, der mit­tler­weile in Nieder­sach­sen für die Neon­azi-Partei „Die Rechte“ aktiv ist, stammt fol­gen­des Loblied auf Gre­gor S.:

„Viele Weg­be­gleit­er ent­pup­pten sich als charak­ter­lose Ver­sager oder Ver­räter und sind größ­ten­teils nicht mehr aktiv, oder sind gar dem jüd****** Zeit­geist zum Opfer gefall­en! Doch der wahren Bewe­gung bricht das kein Bein ab, ganz im Gegen­teil es tren­nte sich eher die Spreu vom Weizen — und das ist auch gut so! Doch diejeni­gen die ste­hen blieben, sind wahrlich charak­ter­starke Per­so­n­en wo selb­st die Fre­und­schaft bis heute trotz unzäh­lige hun­derte Kilo­me­ter Ent­fer­nung über­dauert! DANKE! ;)“.

Die Recht­sex­trem­is­mus-Exper­tin Andrea Röp­ke zitiert in ihrem Bericht über den Neon­azi Gre­gor S. bei „Blick nach Rechts“ diesen Treueschwur, den die Autonome Antifa Freiburg ent­deckt hat. Markus Wal­ter, der aus Lör­rach stammt und zeitweise auch in Liecht­en­stein gewohnt haben dürfte, hat sein Lob auf den Nazi-Kam­er­aden Gre­gor S. nach sein­er Über­sied­lung nach Ver­den („unzäh­lige hun­derte Kilo­me­ter Ent­fer­nung“) ver­fasst. Die Über­sied­lung von Markus Wal­ter war 2012. Da hat der Ver­fas­sungss­chutz Vorarl­berg nach eige­nen Angaben (siehe vol.at) schon lange nicht mehr auf Gre­gor S. hingeschaut!

In der Pressekon­ferenz vom Mon­tag heißt es auf „Vol.at“:

„Die Polizei wird nach der Neon­azi-Szene in Öster­re­ich gefragt. Die Szene ist laut Polizei gut überwacht und ständig im Visi­er der Polizei. Die Szene ist in den let­zten 2 Jahren mehrmals in Erschei­n­ung getreten“.

Der ange­blich so gut überwacht­en Szene ist es zulet­zt im März gelun­gen, an den Augen des Ver­fas­sungss­chutzes vor­bei ein Neon­azi-Konz­ert in Vorarl­berg mit Besuch eines Schieß­s­tandes zu organisieren.


Pos­ing für Blood & Hon­our Öster­re­ich beim Neon­azi-Konz­ert in Vorarlberg
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Die angegebene Zahl von 70 Teil­nehmerIn­nen dürfte zwar zu hoch gegrif­f­en sein, aber dass ger­ade die Szene um „Blood & Hon­our“ aktiv ist und mobil­isieren kann, hat auch ihr gewalt­tätiger Auftritt in Spielfeld am 15. Novem­ber 2015 gezeigt.


Spielfeld und Neon­azi-Konz­ert in Vorarl­berg: das­selbe Transparent
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Damit nicht genug. „Öster­re­ich“ schreibt am 25.5.2016 zu Nenzing:

„Die Anteil­nahme, aber auch die Angst ist in der Region groß. Denn Gre­gor S. soll bis zulet­zt bei den Blood-and-Hon­our-Nazis aktiv gewe­sen sein. Und an die will kein­er anstreifen“.

Das mit der Angst sieht anscheinend auch die Fre­undin von Gre­gor S. so ähn­lich. Am Tag nach dem Amok­lauf postete sie: „I wür ka fre­und­schaf­tan­fra­gen vu frem­da anneh und uf sämtliche nochrich­ta vu jour­nal­is­ten odr anderen frem­den per­sona antwor­ta.… Ned hüt, ned morn und ned in 10 johr!“.

Dem Ver­fas­sungss­chutz wird da schon etwas mehr ein­fall­en müssen als der nach den Ereignis­sen der let­zten Monate ziem­lich beun­ruhi­gende Hin­weis, er habe die Szene ständig im Visier.