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Feldkirch/Hohenems (Vlbg): Im Haushalt seiner Mutter

Nach einer halb­jäh­ri­gen Unter­su­chungs­haft muss­te sich ges­tern M. H. vor dem Lan­des­ge­richt Feld­kirch ver­ant­wor­ten. Die Staats­an­walt­schaft hat ihn wegen NS-Wie­­der­­be­­tä­­ti­­gung, ver­such­ter Kör­per­ver­let­zung und Sach­be­schä­di­gung ange­zeigt. Er hat im Vor­jahr die jüdi­sche Syn­ago­ge, den jüdi­schen Fried­hof und das jüdi­sche Muse­um in Hohen­ems, den isla­mi­schen Fried­hof in Alt­ach und wei­te­re Objek­te mit Nazi-Paro­­len beschmiert. Die Schmie­re­rei­en des […]

3. Mai 2016

Die Schmie­re­rei­en des Jungna­zi erreg­ten Auf­se­hen und waren beängs­ti­gend. „Juda ver­re­cke!”, „Asyl­flut stop­pen !!“, „Kein Asy­lan­ten­heim in mei­ner Nach­bar­schaft“ und natür­lich jede Men­ge Haken­kreu­ze fan­den sich im Herbst des Vor­jah­res nicht nur an den schon erwähn­ten Orten, son­dern auch bei einer Flücht­lings­un­ter­kunft und ande­ren Gebäuden.

Schon Wochen vor der Schmier­ak­ti­on hat­te der dama­li­ge ÖVP-Bür­ger­meis­ter von Hohen­ems einen anony­men Brief mit „ein­deu­tig natio­nal­so­zia­lis­ti­schem Gedan­ken­gut“ erhal­ten, der mit dem Hit­ler­gruß geen­det hat­te. Der Bür­ger­meis­ter hat­te den Brief damals nicht wei­ter beach­tet. Die Fens­ter des Kul­tur­zen­trums in Hohen­ems waren von unbe­kann­ten Tätern ein­ge­schla­gen wor­den. Zei­chen, die der dama­li­ge Vize­bür­ger­meis­ter Bern­hard Amann (Emsi­ge & Grü­ne) auch mit dem poli­ti­schen Kli­ma in Hohen­ems in Ver­bin­dung brach­te. Mitt­ler­wei­le hat Hohen­ems einen FPÖ-Bürgermeister.

Das alles dürf­te in der Geschwo­re­nen­ver­hand­lung gegen den 17-jäh­ri­gen M.H. nicht zur Spra­che gekom­men sein. Soweit erkenn­bar, wur­den ihm nur die oben erwähn­ten Schmie­re­rei­en vor­ge­wor­fen und die ver­such­te Kör­per­ver­let­zung. Bei der Haus­durch­su­chung nach sei­ner Fest­nah­me ist er näm­lich mit einer 50cm lan­gen Zelt­stan­ge auf eine Poli­zis­tin losgegangen.

Das psych­ia­tri­sche Gut­ach­ten attes­tiert ihm „sprung­haf­tes und auf­brau­sen­des Ver­hal­ten. Was den Natio­nal­so­zia­lis­mus betref­fe, sei er am Ran­de der Beses­sen­heit gewe­sen“ (vorarlberg.orf .at) . Beses­sen­heit? Zum Todes­tag von Hit­ler pos­te­te er auf Face­book: „Alles Gro­ße ist ewig, Ruhe in Frie­den mein Füh­rer, wir wer­den Dein Werk zu Ende füh­ren.“ Der Psych­ia­ter woll­te mit sei­ner Fest­stel­lung aus­drü­cken, dass sich die Nazi-Ideo­lo­gie bei M.H. schon ziem­lich ver­fes­tigt hat. Bei sei­nen poli­zei­li­chen Ein­ver­nah­men drück­te sich das dadurch aus, dass er so ziem­lich alles am Natio­nal­so­zia­lis­mus gut fand, heißt es im Pro­zess­be­richt der „Vor­arl­ber­ger Nach­rich­ten“ (3.5.2016).

Die Staats­an­wäl­tin spricht einen wesent­li­chen Punkt an: „Er konn­te die­se Gesin­nung im Haus­halt sei­ner Mut­ter aus­le­ben.“ Die Mut­ter von M. H. ist eben­falls in der Sze­ne aktiv. Seit gerau­mer Zeit tin­gelt sie zu diver­sen Demos von Pegi­da & Co im deutsch­spra­chi­gen Raum, grün­det unver­dros­sen frem­den­feind­li­che Face­book-Grup­pen und ‑Kon­ten, ist stramm rechts und ziem­lich dane­ben. Man könn­te noch eini­ges anmer­ken zu ihr und dem Ver­hält­nis zu ihrem Sohn. Die Emp­feh­lung des Gerichts an den Ange­klag­ten, sich drin­gend nach sei­ner Ent­las­sung eine Unter­kunft außer­halb der müt­ter­li­chen Woh­nung zu suchen, kommt jeden­falls nicht von ungefähr.


Mut­ter von M.H. und die „Revo­lu­tio­nä­re Bewe­gung Europas”

Die eigen­stän­di­gen rechts­extre­men Kon­tak­te von M.H., bei denen er sich an stram­men Neo­na­zi-Grup­pen und ‑Per­so­nen ori­en­tier­te, dürf­ten in der Ver­hand­lung auch nicht ange­spro­chen wor­den sein. Dabei sind die nicht uner­heb­lich, denn M.H. ist gut ver­netzt mit Hard­core-Neo­na­zis, und zwar sol­chen, deren Grup­pen wie der III.Weg auch in Vor­arl­berg aktiv sind.


Demo des III.Weg in Plau­en mit Vorarlberg-Begleitung

Das Schwur­ge­richt befand ein­stim­mig, dass M.H. NS-Wie­der­be­tä­ti­gung began­gen habe. Das Gericht ver­ur­teil­te ihn zu zwei Jah­ren Haft, davon acht Mona­te unbe­dingt. Auch eini­ge zusätz­li­che Auf­la­gen wie Bewäh­rungs­hil­fe und ein Anti­ag­gres­si­ons­trai­ning wur­den ihm erteilt. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.