Die Schmierereien des Jungnazi erregten Aufsehen und waren beängstigend. „Juda verrecke!”, „Asylflut stoppen !!“, „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft“ und natürlich jede Menge Hakenkreuze fanden sich im Herbst des Vorjahres nicht nur an den schon erwähnten Orten, sondern auch bei einer Flüchtlingsunterkunft und anderen Gebäuden.
Schon Wochen vor der Schmieraktion hatte der damalige ÖVP-Bürgermeister von Hohenems einen anonymen Brief mit „eindeutig nationalsozialistischem Gedankengut“ erhalten, der mit dem Hitlergruß geendet hatte. Der Bürgermeister hatte den Brief damals nicht weiter beachtet. Die Fenster des Kulturzentrums in Hohenems waren von unbekannten Tätern eingeschlagen worden. Zeichen, die der damalige Vizebürgermeister Bernhard Amann (Emsige & Grüne) auch mit dem politischen Klima in Hohenems in Verbindung brachte. Mittlerweile hat Hohenems einen FPÖ-Bürgermeister.
Das alles dürfte in der Geschworenenverhandlung gegen den 17-jährigen M.H. nicht zur Sprache gekommen sein. Soweit erkennbar, wurden ihm nur die oben erwähnten Schmierereien vorgeworfen und die versuchte Körperverletzung. Bei der Hausdurchsuchung nach seiner Festnahme ist er nämlich mit einer 50cm langen Zeltstange auf eine Polizistin losgegangen.
Das psychiatrische Gutachten attestiert ihm „sprunghaftes und aufbrausendes Verhalten. Was den Nationalsozialismus betreffe, sei er am Rande der Besessenheit gewesen“ (vorarlberg.orf .at) . Besessenheit? Zum Todestag von Hitler postete er auf Facebook: „Alles Große ist ewig, Ruhe in Frieden mein Führer, wir werden Dein Werk zu Ende führen.“ Der Psychiater wollte mit seiner Feststellung ausdrücken, dass sich die Nazi-Ideologie bei M.H. schon ziemlich verfestigt hat. Bei seinen polizeilichen Einvernahmen drückte sich das dadurch aus, dass er so ziemlich alles am Nationalsozialismus gut fand, heißt es im Prozessbericht der „Vorarlberger Nachrichten“ (3.5.2016).
Die Staatsanwältin spricht einen wesentlichen Punkt an: „Er konnte diese Gesinnung im Haushalt seiner Mutter ausleben.“ Die Mutter von M. H. ist ebenfalls in der Szene aktiv. Seit geraumer Zeit tingelt sie zu diversen Demos von Pegida & Co im deutschsprachigen Raum, gründet unverdrossen fremdenfeindliche Facebook-Gruppen und ‑Konten, ist stramm rechts und ziemlich daneben. Man könnte noch einiges anmerken zu ihr und dem Verhältnis zu ihrem Sohn. Die Empfehlung des Gerichts an den Angeklagten, sich dringend nach seiner Entlassung eine Unterkunft außerhalb der mütterlichen Wohnung zu suchen, kommt jedenfalls nicht von ungefähr.
Mutter von M.H. und die „Revolutionäre Bewegung Europas”
Die eigenständigen rechtsextremen Kontakte von M.H., bei denen er sich an strammen Neonazi-Gruppen und ‑Personen orientierte, dürften in der Verhandlung auch nicht angesprochen worden sein. Dabei sind die nicht unerheblich, denn M.H. ist gut vernetzt mit Hardcore-Neonazis, und zwar solchen, deren Gruppen wie der III.Weg auch in Vorarlberg aktiv sind.
Demo des III.Weg in Plauen mit Vorarlberg-Begleitung
Das Schwurgericht befand einstimmig, dass M.H. NS-Wiederbetätigung begangen habe. Das Gericht verurteilte ihn zu zwei Jahren Haft, davon acht Monate unbedingt. Auch einige zusätzliche Auflagen wie Bewährungshilfe und ein Antiaggressionstraining wurden ihm erteilt. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.