Die Feier zu Hitlers Geburtstag war so, wie man sich das klischeemäßig vorzustellen hat. Im Haus des Erstangeklagten, der schon einschlägig vorbestraft war, wurden die geladenen Gäste mit einer Hakenkreuzfahne empfangen. Zur Feier des Tages gab es eine Hakenkreuztorte, die der Erstangeklagte und Hausherr aber nicht besorgt haben will. Er machte Erinnerungslücken geltend – nicht nur zu dieser Frage.
Wer bei Hitler-Geburtstagsfeier „Heil Hitler“ und die anderen Nazi-Parolen gebrüllt hat, daran will sich der Erstangeklagte, der auch germanische Tarnnamen wie ‚Odins Berserker‘ verwendete, nicht erinnern.
Hitlergrüßer 2011 wollen Wiederholung
Vermutlich hat ihn sein Erinnerungsvermögen auch im Stich gelassen bei den Gästen. Es waren nämlich weitere Gäste anwesend. J. H. aus OÖ schreibt am 20.4.2012 auf Facebook: „so, haare rassiert, frisch geduscht, schick gemacht und stiefel poliert! jetzt kanns dann los gehen! ab nach krems geburtstag feiern! freu mich auf euch.“ Dann folgen auch Namen derer, die als Angeklagte vor Gericht stehen. Und die Bezeichnung der Kameradschaft, die der Erstangeklagte doch erst zu Hitlers Geburtstag initiieren wollte.
J.H. aus OÖ eilt zu Hitlers Geburstagsfeier
„Ich habe geplant, eine patriotische Kameradschaft aufzuziehen, und das sollte das Kennenlernen sein“, wollte Odin, der Berserker dem Gericht weismachen. Die Richterin blieb misstrauisch: „Wieso kamen dann vier der Angeklagten mit T‑Shirts mit rechtsextremen Aufschriften zur Feier?“
Ja, wieso? Weil die Kameradschaft zu Hitlers Geburtstag 2012 schon längst bestand! Seit 2010 war sie mit einer eigenen Webseite im Netz vertreten, ihre Mitglieder unterlegten ihre Profilfotos auf Facebook ganz stolz mit Symbol und Inschrift der Kameradschaft, die nicht erst seit Hitlers Geburtstag 2012 eine NS-Kameradschaft war.
Der Erstangeklagte war wie einige andere aus seiner Kameradschaft auch nach Hitlers Geburtstag 2012 aktiv. Auf dem russischen sozialen Netzwerk Vk.com unterhielt er einen Account mit Bildern von Adolf Hitler und der Inschrift „Love“ sowie von einem Hakenkreuz mit der Inschrift „My Star“. 2013 hat er noch eine Playlist mit Links zu Liedern online gestellt, die die Judenvernichtung und die Wiedererrichtung eines Nazi-Reichs propagierten- Öffentlich einsehbar. Und was sagt der Nazi-Geistesriese aus Krems dazu: „Ich habe zu wenig aufgepasst. Das war Blödheit. Ich habe gedacht, nur ich kann die Playlist sehen.“ (APA, 16.3.16)
NGK Krems — Vorläufer der Neonazi-Kameradschaft
Vor Gericht gaben sich alle Angeklagten geständig, auch der Viertangeklagte, der ebenfalls bereits einschlägig vorbestraft ist. 2010 war er schon einmal wegen Wiederbetätigung verurteilt worden, war 2012 bei der Hitler-Geburtstags-Party dabei (mit T‑Shirt „Division 88“) und hat dann zu seiner eigenen Geburtstagsfeier im Juli drei Mitangeklagte eingeladen. „Zu späterer Stunde ist die Hand gehoben und sind Parolen geschrien worden“, erklärte er dem Gericht laut APA. Nicht nur zu späterer Stund, auch schon früher im Jahr 2011! Zumindest deuten Fotos auf Facebook darauf hin, dass dieser Angeklagte ein besonders fleißiger Handheber war.
Verurteilt wurden fünf von den sechs Angeklagten – zu Haftstrafen zwischen fünf Monaten bedingt bis zu 22 Monaten für den Erstangeklagten (davon 15 Monate bedingt). Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgab.
Jetzt bleibt bloß noch die Frage offen, warum die neonazistische Kameradschaft, die der Angeklagte schon 2010 gemeinsam mit anderen gegründet hat, deren virtuelle Reste noch immer im Netz sichtbar sind, deren Ziele in einer Anzeige von Uwe Sailer, dem Linzer Kriminalpolizisten, ausreichend deutlich beschrieben wurden, nur in einer Randbemerkung erwähnt, aber nicht weiter verhandelt wurde?