„Ein Prozent“ nennt sich der Versuch, alles, was im rechtsextremen Spektrum Deutschlands beheimatet ist, von den Hooligans über Pegida und AfD bis hin zu den Neonazi-Gruppen in einer rechten Volksfront gegen Flüchtlinge zu versammeln und aktivieren. Die Formel „Ein Prozent“ stammt aus der Biker-Szene, die natürlich damit auch angesprochen werden soll, dort ironisch jenes angeblich nur eine Prozent benennt, das sich nicht an Gesetze halten will, also „Hells Angels“, „Bandidos“ und ähnliche Gruppen.
Website „Ein Prozent”
Die „Ein Prozent“-Bewegung in der deutschen Rechten operiert mit der Bezeichnung, um ein Prozent der deutschen Bevölkerung zu aktivieren – gegen Flüchtlinge bzw. das, was „Ein Prozent“ die „Asylkatastrophe“ nennt. 800.000 rechtsextreme AktivistInnen wären das. Wären! Denn aufgegangen ist das Konzept schon nicht bei der als Großdemo geplanten Versammlung der extremen Rechten in Berlin am 12. März, wo AfD und Pegida ausscherten.
Zu den Landtagswahlen in drei deutschen Bundesländern wollte „Ein Prozent“ so etwas wie eine Wahlbeobachtung organisieren. In der Vergangenheit sei es zu „zahlreichen Wahlfälschungen“ gekommen, die „Grund zur Sorge“ geben würden, so die Erzählung vor der Wahl: „Aufgrund bekannter Unstimmigkeiten bei Auszählungen der Vergangenheit – zuletzt in Bremen – müssen wir eine Befürchtung ableiten: Die herrschende Klasse wird vor Betrug und Fälschung nicht zurückschrecken, um an der Macht zu bleiben.“ (Ein Prozent)
Sellner und Waffeneinkauf; Quelle: recherchewien.nordost.mobi
Über Videos wurde eine Wahbeobachtungszentrale simuliert, die aus dem Burschenschafter Philip Stein und dem Gastarbeiter Martin Sellner bestand und den Einsatz von angeblich tausenden „Ein Prozent“-Wahlbeobachtern koordinieren sollte. Potemkinsche Dörfer! Tatsächlich beschränkte sich der Einsatz der „Ein Pozent“-Wahlbeobachterzentrale weitgehend auf gegenseitige Interviews der beiden eitlen Protagonisten Stein und Sellner. Nach der Wahl erklärten sie dann: „Dank der Wahlbeobachter von „Ein Prozent“ konnte eine sichere und faire Wahl gewährleistet werden. Die Stimme des Volkes ist daher genau dort gelandet, wo sie vom Wähler platziert wurde.“
Was Wahlbeobachter Sellner tatsächlich so trieb, geht aus einem Facebook-Posting von Sebastian Striegel, Landtagsabgeordneter der Grünen in Sachsen-Anhalt hervor. In Halle/Saale mauerten die Identitären in der Nacht zum 11. März ein Probewahllokal für MigrantInnen zu und versperrten es zusätzlich mit Ketten. Martin Sellner setzte dazu „nach der aktion“ einen Tweet ab, auf dem man seine angebissene „Grilletta“ (und sein Mundschutz – oder war es doch sein Zahnspangenbehältnis) sieht.
„Sezession im Netz“ ist eine „neurechte“ Internet-Zeitschrift des Instituts für Staatspolitik, wo Martin Sellner „derzeit und zukünftig immer wieder für einen Monat“ arbeitet. Sellner wird dort so vorgestellt: „In seiner Jugend war er als politischer Aktivist im nationalistischen Lager tätig, das er aus Überzeugung verlassen hat.“ – Da mussten wir schon ein bisschen lachen!
Martin Sellner 2008 beim Gedenken für die Nazi-Ikone Walter Nowotny. Damals noch in den Reihen von Gottfried Küssel und Felix B., die Verantwortlichen der neonazistischen Website „Alpen-Donau.info”