„unzensuriert” und die „Volksschädlinge”: Nicht nur zum Speiben!

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Der „Kurier“ (28.9.2015) hat in dem Bei­trag „Ursu­la Sten­zel, die FPÖ und die ‚Volks­schäd­lin­ge‘“ die Auf­merk­sam­keit sei­ner Lese­rIn­nen kurz auf ein Pos­ting bei „Unzen­su­riert“ gelenkt. In dem Pos­ting wur­den der His­to­ri­ker Oli­ver Rath­kolb und die Direk­to­rin des Jüdi­schen Muse­ums als „Volks­schäd­lin­ge“ bezeich­net. Der „Kurier“-Redakteur fand die­se Nazi-Dik­ti­on „zum Spei­ben“. Wir auch. Noch mehr aller­dings, dass die­ses und ähn­li­che Pos­tings nicht gelöscht werden.

Wir erspa­ren uns hier, den Hin­ter­grund für das Pos­ting näher vor­zu­stel­len. Es gibt über­haupt kein Motiv, das jeman­den berech­ti­gen könn­te, ande­re Men­schen als „Volks­schäd­lin­ge“ zu bezeich­nen. Der „Volks­schäd­ling“, das ist nicht nur ein­deu­tig Nazi-Dik­ti­on – das war ein straf­recht­lich rele­van­tes Delikt in der Nazi-Zeit, das auch mit der Todes­stra­fe geahn­det wur­de, wenn das „gesun­de Volks­emp­fin­den“ das verlangte.

Der User „Der Zen­sier­te“ hält Oli­ver Rath­kolb und Dani­elle Spe­ra für „Volks­schäd­lin­ge“. Die Inter­net-Pos­til­le „unzen­su­riert“ löscht die­ses Pos­ting, das seit Ende Juni online ist, auch nach dem „Kurier“-Bericht vom 28.9. nicht. Man muss also anneh­men, dass die „unzensuriert“-Verantwortlichen es ganz in Ord­nung fin­den, jeman­den als „Volks­schäd­ling“ zu bezeichnen.

Der User „Der Zen­sier­te“ ist nicht nur für die­ses Nazi-Pos­ting ver­ant­wort­lich, son­dern für uner­träg­lich vie­le ande­re Hetz-Pos­tings auf „unzen­su­riert“, die alle­samt nicht gelöscht wur­den. Kost­pro­ben gefällig?

Als „Unzen­su­riert“ Anfang Juni 2015 einen der übli­chen Hetz­be­rich­te über einen „unver­schäm­ten Syrer“ in Linz online stellt, pos­tet „Der Zen­sier­te“: „Die­se Schmeiß­flie­ge braucht nicht mehr Essen—-sondern ein schär­fe­res Mes­ser für sei­nen Hals! Abschie­ben! Alle!“ Einen Bei­trag von „Unzen­su­riert“ zu Zelt­un­ter­künf­ten kom­men­tier­te er so: „Das Unge­zie­fer soll im Stein­bruch am Boden schla­fen.“ In einem ande­ren Bei­trag heißt es: „Asyl­schma­rot­zer jeden­falls gehö­ren nicht auf’s Dach, son­dern unter’s Fundament!“



Wei­te­re Beispiele

Sei­ne Zukunfts­phan­ta­sien beschrän­ken sich auf die Zeit der gro­ßen Abrech­nung – wo auf­ge­räumt wird mit den „Volks­schäd­lin­gen“ und „Volks­ver­rä­tern“. Zu denen gehö­ren nicht nur Rath­kolb und Spe­ra, son­dern auch der Außen­mi­nis­ter: „Er gehört zu den inter­na­tio­na­len Volks­ver­rä­tern. Da er noch ziem­lich jung ist, wird er mit Sicher­heit mit­er­le­ben wie die­se eines Tages hin­weg­ge­fegt werden….armer Bub!”

Was er sich her­bei­sehnt, ist der Bür­ger­krieg: „Wenn es nur schon so weit wäre ….das (sic!) die Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen Öster­rei­chern und Abschaum auf eine direk­te Art aus­ge­tra­gen wür­de, dann wäre die Lösung des Pro­blems ganz nah.“

Zurück zum Pos­ting des „Zen­sier­ten“, das im „Kurier“-Beitrag auf­ge­grif­fen wur­de: jenes über Spe­ra und Rath­kolb. „Der Zen­sier­te“ hat dort auch noch ein zwei­tes Pos­ting abge­setzt. Als ein ande­rer User über eine Betei­li­gung der SPÖ am Unfall­tod von Karl Sch­lein­zer zu schwa­feln beginnt, setzt er nach: „Die­se Ver­bre­cher las­sen uns aus­ster­ben…. und durch Tschu­schen erset­zen. Das ist mehr als Mord, das ist Völkermord !“

Inter­es­sant ist aber auch, was da sonst noch gepos­tet wird. Da, wo jemand als „Volks­schäd­ling“ bezeich­net wer­den kann, ist auch der Anti­se­mi­tis­mus nicht weit. „Her­wig Sei­del­mann“ schreibt: „Wenn ein gstu­dier­ter His­to­ri­ker hys­te­risch wird und den Mythos der 6 Mil­lio­nen als (frag­wür­di­ges) Argu­ment ein­setzt, dann kann man sich leb­haft vor­stel­len, was aus dem „Haus der Geschich­te” wohl wer­den wird.“

Die Ver­nich­tung der Juden durch das NS-Regime – ein Mythos? Mythos, das wäre eine reli­giö­se, ver­klär­te, fal­sche Geschich­te. Wie man das Wort auch dreht und wen­det, es ist unge­heu­er­lich in die­sem Kon­text. Wie auch immer, die Pos­tings des „Zen­sier­ten“ und von „Her­wig Sei­del­mann“ sind nicht nur zum Spei­ben, son­dern ein Fall für die Staatsanwaltschaft.

P.S.: Ein „Her­wig Sei­del­mann“ hat übri­gens in der Ver­gan­gen­heit für die FPÖ kan­di­diert und „unzen­su­riert“ war die Haus­pos­til­le des FPÖ-Poli­ti­kers Mar­tin Graf.