Wiener Neustadt: 10 Monate für Ex-Gemeinderat

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Sei­ne extre­men ver­ba­len Ver­nich­tungs­phan­ta­sien waren in blau­en Krei­sen schon bekannt, bevor er noch Gemein­de­rat wur­de. Kurz nach den Wah­len im Jän­ner war Hel­mut Purz­ner aber dann ehe­ma­li­ger Gemein­de­rat: „frei­wil­li­ger” Rück­tritt vom Man­dat und Aus­tritt aus der FPÖ. Vor dem Lan­des­ge­richt Wie­ner Neu­stadt stand er nach einer Anzei­ge von Uwe Sai­ler jetzt unfrei­wil­lig und ganz allein und ohne Unter­stüt­zung. Ein Kor­re­spon­den­ten­be­richt von der Verhandlung.

Am 20.5.2015 fand in Wie­ner Neu­stadt der Pro­zess gegen Hel­mut Purz­ner, ehe­ma­li­ger FPÖ-Gemein­de­rat von Ach­au, statt. Ihm wird vor­ge­wor­fen, auf Face­book in geschlos­se­nen und offe­nen Grup­pen (z.B. Frei­heit­li­che für Öster­reich) zu Gewalt gegen Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten auf­ge­for­dert zu haben, eine Glau­bens­leh­re her­ab­ge­wür­digt und ver­spot­tet zu haben, und zu kör­per­li­cher Gewalt gegen Poli­ti­ker auf­ge­ru­fen zu haben.

In der ein­stün­di­gen Ver­hand­lung muss die Rich­te­rin den Ange­klag­ten mehr­mals dazu auf­for­dern, sie und den gela­de­nen Zeu­gen, den Ver­tre­ter des Lan­des­am­tes für Ver­fas­sungs­schutz, nicht stän­dig zu unter­bre­chen und droht ihm letz­ten Endes mit Saal­ver­weis. Auch ver­bit­tet sie sich recht­li­che Beleh­run­gen von Sei­ten des Angeklagten.

Hel­mut Purz­ner bekennt sich teil­wei­se schul­dig, zeigt jedoch kei­ner­lei Ein­sicht, geschwei­ge denn Reue. Er nutzt die Gele­gen­heit, sei­ne The­sen vehe­ment zu ver­tei­di­gen: Der Islam sei ein „pädo­phi­ler Glau­be“ und eine „faschis­ti­sche Ideo­lo­gie“. Es sei Bür­ger­pflicht, gegen Faschis­mus auf­zu­tre­ten und es gäbe nur eine Mög­lich­keit, einen Bür­ger­krieg zu ver­mei­den, näm­lich die kom­plet­te Tren­nung „unse­rer Zivi­li­sa­tio­nen“. Als posi­ti­ve Bei­spie­le führt er Däne­mark an, wo Rück­kehr­hil­fen über­legt wür­den, oder Frank­reich, wo die Idee einer Zwangs­chris­tia­ni­sie­rung auf­ge­kom­men sei. Im Wider­spruch dazu spricht er aller­dings allen Reli­gio­nen die Exis­tenz­be­rech­ti­gung ab, auch der christlichen.


Hel­mut Purz­ner auf Stra­ches Facebook-Seite

Sein zwei­tes Feind­bild sind die „Bon­zen“, womit er Poli­ti­ker jeder Cou­leur meint. „Sämt­li­che Poli­ti­ker gehö­ren in einen Son­der­knast, wo sie bei Was­ser und Brot bis an ihr Lebens­en­de blei­ben sol­len.“ Die Fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on hät­te das ganz rich­tig gemacht, – auf ein­dring­li­che Nach­fra­ge der Rich­te­rin rela­ti­viert er, dass man sie ja nicht auf­hän­gen müs­se, aber „Knast und Ent­eig­nung“ sei­en begrü­ßens­wer­te Maß­nah­men. Eben­so unter­streicht er sei­ne Aus­sa­ge, dass die Poli­ti­ker, vor allem der SPÖ, das Wahl­sys­tem durch Import bil­li­gen Stimm­viehs aus der Tür­kei (die „Kar­ni­ckel­ge­nera­ti­on“, da sie im Gegen­satz zu „unse­ren Leu­ten“ eine hohe Fer­ti­li­täts­ra­te hät­ten) ver­än­dert hätten.

Als Begrün­dung für sei­nen Hass gibt er an, nach dem Tod sei­ner Lebens­ge­fähr­tin bei einem Woh­nungs­brand 2013 vom Staat im Stich gelas­sen wor­den zu sein. Behör­den­ver­sa­gen sei schuld am Tod der Lebens­ge­fähr­tin, da sie, obwohl bekann­te Alko­ho­li­ke­rin und Bor­der­li­ne­rin, aus der Psych­ia­trie ent­las­sen wur­de. Wegen der dar­aus resul­tie­ren­den Über­las­tung als Allein­er­zie­her eines nun drei­jäh­ri­gen Kin­des muss­te er auch sein Gemein­de­rats­man­dat nie­der­le­gen und befin­det sich zur Zeit auf­grund einer post­trau­ma­ti­schen Belas­tungs­stö­rung noch im Krankenstand.


Purz­ner mit Höbart

Den Vor­wurf der Ver­het­zung sieht er als nicht gerecht­fer­tigt an, da er Face­book nicht ernst neh­me – das sei doch nur ein vir­tu­el­ler Wirts­haus­tisch –, und vor allem, da ja nicht er sei­ne Aus­sa­gen öffent­lich gemacht habe, son­dern Uwe Sai­ler auf der Sei­te Hei­mat ohne Hass, womit eigent­lich Sai­ler die Ver­ant­wor­tung tra­ge für den Tat­be­stand der Verhetzung.

Schuld­spruch in allen Ankla­ge­punk­ten, zehn Mona­te Haft, auf­grund bis­he­ri­ger Unbe­schol­ten­heit bedingt auf drei Jah­re. Purz­ner kün­digt spon­tan an, das Urteil zu bekämp­fen, gibt aber dann auf Rat der Rich­te­rin noch kei­ne Erklä­rung ab.