In Paris wurden Synagogen angegriffen, in Deutschland wurden Nazi-Sprüche skandiert, und auch in Österreich gab es antisemitische Vorfälle bei Kundgebungen für Gaza bzw. Palästina in den letzten Tagen. Der Antisemitismus in Europa nimmt mit der Eskalation des Gaza-Konflikts zu und erreicht neue Dimensionen – aber er war auch vorher schon präsent.
Das Forum gegen Antisemitismus führt seit Jahren eine Statistik über antisemitische Vorfälle. Die Zahlen zeigen allerdings nur jene Vorfälle, die dem Forum gemeldet wurden, und widerspiegeln nicht die Gesamtheit antisemitischer Aktivitäten. Gab es 2011 noch insgesamt 71 gemeldete Vorfälle, so stieg die Zahl 2012 auf 135 und 2013 auf 137: eine Verdoppelung in zwei Jahren.
Das vergangene Wochenende brachte mit den Kundgebungen zum Gaza-Konflikt eine neue und sehr massive Welle antisemitischer Vorfälle quer durch Europa, von denen die Attacken auf Synagogen in Paris und die Nazi- Sprüche in Deutschland („Juden ins Gas!“ und „Jude, Jude, feiges Schwein….“) besonders hervorstechen. Auffällig auch die seltsamen Allianzen zwischen Neonazis, islamistischen Fundis und TerrorsympathisantInnen, „Antiimperialistischen“ Gruppen und türkischen Nationalisten.
Video der antisemitischen Demo:
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Auch in Bregenz, Innsbruck, Graz und Wien kam es am Wochenende zu antisemitischen Vorfällen bei Kundgebungen zum Gaza-Konflikt. In Bregenz wurde eine Gegendemo attackiert, deren TeilnehmerInnen eine Antifa-und eine israelische Flagge sowie ein Transparent „Free Gaza from Hamas“ trugen, in Innsbruck eine Frau attackiert und verletzt, die eine israelische und eine österreichische Fahne trug (die israelische Fahne wurde von DemonstrantInnen verbrannt).
Der massivste Vorfall ereignete sich allerdings am Mittwoch, 23.7. bei einem internationalen Fußball — Freundschaftsspiel von Maccabi Haifa gegen OSC Lille, das in Bischofshofen stattfand. In der 85. Spielminute stürmten rund 20, nach einer Meldung der APA großteils türkischstämmige Österreicher mit Transparenten („Fuck Israel“) auf das Spielfeld und attackierten die Spieler von Maccabi, unter denen es auch Muslime gibt.

Bezeichnend die Reaktion von Strache, der den antisemitischen Cartoon auf seinem Facebook-Konto offensichtlich vergessen machen will und eine „Null- Toleranz-Politik“ gegenüber „radikalem Islamismus“ einfordert:“ Das duldende Wegschauen gegenüber dem radikal-islamischen Antisemitismus ist klar zu verurteilen“. Ausgerechnet Strache — der hat’s notwendig!
Auf der Facebook-Seite „Free Gaza“ fand sich schon wenige Stunden nach der antisemitischen Attacke von Bischofshofen eine Meldung dazu, die nicht nur (überwiegend) zustimmende Reaktionen, sondern auch einigen Protest nach sich zog.

Fakt ist, dass Antisemitismus zunimmt und durch die aktuellen Auseinandersetzungen in Gaza starken Zulauf aus türkisch- nationalistischen und islamistischen Kreisen erhält. Die Nazi-Parolen, die in Berlin gebrüllt wurden, stammen zwar aus dem braunen Stall der Neonazis, wie ein Foto auf publikative.org illustriert, dürften aber auch von anderen mitgebrüllt worden sein.

Der Al Quds-Tag am 26.7. dürfte die nächste Auseinandersetzung mit Antisemitismus bringen.
Zur Info über antisemitische Vorfälle:
⇒ Chronik antisemitischer Vorfälle 2013 Deutschland.
⇒ Antisemitismusbericht 2013 deutschsprachige Schweiz.