Europas Rechtsparteien (I): Europa der Freiheit und der Demokratie (EFD)

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Wenn die EU-Wahl am 25. Mai geschla­gen ist, wer­den auch wie­der rechts­extre­mis­ti­sche Par­tei­en im EU-Par­la­ment sit­zen. Derer gibt es in Euro­pa zahl­rei­che, sind aber in der Regel zer­split­tert und ste­hen oft in natio­na­lis­ti­scher Kon­kur­renz zu ein­an­der. Meh­re­re Bünd­nis­se von Rechts­par­tei­en sit­zen der­zeit im EU-Par­la­ment: Euro­pa der Frei­heit und der Demo­kra­tie (EFD), Euro­päi­sche Alli­anz für Frei­heit (EAF) und die Alli­anz der Euro­päi­schen natio­na­len Bewe­gun­gen (AEMN). Nach­ein­an­der wol­len wir die­se Bünd­nis­se vor­stel­len, sowie die ehe­ma­li­ge Frak­ti­on Iden­ti­tät, Tra­di­ti­on, Sou­ve­rä­ni­tät (ITS). Nach der Wahl wer­den wir uns wei­ter mit den Rechts­par­tei­en Euro­pas beschäf­ti­gen, da der Ein­zug z.B. der NPD zu erwar­ten ist und sich neue Bünd­nis­se abzeichnen.

Europa der Freiheit und der Demokratie (EFD)

Die EFD ist eine der rechts­ge­rich­te­ten Frak­ti­on im Euro­päi­schen Par­la­ment. Sie ver­tritt das Spek­trum der rechts- / natio­nal­kon­ser­va­ti­ven, euro­skep­ti­schen, bis hin zu ein­deu­tig rechts­extre­men Par­tei­en in Euro­pa. 2009 bil­de­ten die „United King­dom Inde­pen­dence Par­ty” (UKIP) und die „Lega Nord”, aus ver­blie­be­nen Res­ten der ehe­ma­li­gen Rechts­bünd­nis­se “Uni­on für das Euro­pa der Natio­nen” (UEN) und “Euro­päi­sche Kon­ser­va­ti­ve und Refor­mis­ten” (EKR) die Frak­ti­on EFD. Da die UEN und die EKR nicht mehr den Frak­ti­ons­sta­tus erreichten.

Die FPÖ bekun­de­te ihr Inter­es­se an einer Teil­nah­me, das wur­de aber von zahl­rei­chen Mit­glie­dern strikt abge­lehnt. Die FPÖ war dem Rechts­bünd­nis zu weit rechts…

Mit­glie­der bei der EFD sind die “Peo­p­le for Real, Open and Uni­des Demo­cra­zy” (Bul­ga­ri­en), “Dansk Fol­ke­par­ti” (Däne­mark), “Wah­re Fin­nen” (Finn­land), “Mou­ve­ment pour la France” (Frank­reich), “Lai­kos Ortho­do­xos Syn­a­ger­mos“/LAOS (Grie­chen­land), „Lega Nord” (Ita­li­en), „Fratel­li d’I­ta­lia – Alle­an­za Nazio­na­le“ (Ita­li­en), „Staat­kun­dig Gere­for­meer­de Par­tij“ (Nie­der­lan­de), „Tvar­ka ir tei­sin­gu­mas“ (Litau­en), „Soli­dar­na Pol­ska“ (Polen), „Slovens­ká národ­ná stra­na“ (SNS) und die „United King­dom Inde­pen­dence Par­ty“ (Ver­ei­nig­tes König­reich). Sowie Frank Van­he­cke aus Bel­gi­en, als unab­hän­gi­ger Abge­ord­ne­ter (frü­her Vlaams Belang).

Eine Aus­wahl:

Frank Vanhecke

Van­he­cke war von 1996 bis 2004 Vor­sit­zen­der des Vlaams Blok. Der Vlaams Blok wur­de durch ein Urteil des Obers­ten Gerichts­hof in Bel­gi­en als aus­län­der­feind­lich und ras­sis­tisch ein­ge­stuft, kam aber der behörd­li­chen Auf­lö­sung durch Selbst­auf­lö­sung zuvor. Nach­fol­ge­par­tei des Vlaams Blok ist der Vlaams Belang, bis 2011 war Van­he­cke auch Vor­sit­zen­der des Vlaas Belang. 2011 ist er aus der Par­tei aus­ge­tre­ten und hat sich der EFD-Frak­ti­on angeschlossen.

Wesent­li­che Posi­tio­nen des Vlaams Belang hat Van­he­cke mit­ge­stal­tet, daher hier eini­ge Pro­gramm­punk­te des Vlaams Belang auf­zäh­len: Die Par­tei tritt mit ras­sis­ti­schen und rechts­extre­men Posi­tio­nen auf, warnt vor einer „dro­hen­den Isla­mi­sie­rung“. Mus­li­me wer­den in Kam­pan­gen als rück­stän­dig dar­ge­stellt. Gleich­zei­tig ver­tritt der Vlaams Belang aber eine typisch neo­li­be­ra­le Poli­tik, in dem sie eine Flat Tax und Pri­va­ti­sie­rung von Staats­be­trie­ben ver­lan­gen. Die sozia­len Ansät­ze, wie die Erhö­hung des Kin­der­gel­des, wer­den mit dem Wunsch nach höh­re­ren Gebur­ten­ra­ten begründet.

Dansk Folkeparti

Die Fol­ke­par­tei tritt für stren­ge Inte­gra­ti­ons- und Ein­wan­de­rungs­ge­set­ze ein, ver­tritt aber eine, vor allem ver­bal, weit weni­ger extre­mis­ti­sche Posi­ti­on, als ande­re rech­te Par­tei­en. Poli­tik­wis­sen­schaft­ler bezeich­nen den Rechts­extre­mis­mus als „weich“ bzw. „gemä­ßigt”. Stef­fen Kai­litz, Polit­wis­sen­schaft­ler, schreibt dazu: „Inso­fern müs­sen, um eine Par­tei als zwei­fels­frei rechts­extre­mis­tisch zu qua­li­fi­zie­ren, in ihrer Argu­men­ta­ti­on neben wohl­fahrt­schau­vi­nis­ti­schen Aus­sa­gen auch natio­na­lis­ti­schen oder ras­sis­ti­sche Paro­len eine hevor­ge­ho­be­ne Bedeu­tung haben. […] So distan­zie­ren sich Ver­tre­ter etwa der däni­schen und nor­we­gi­schen Fort­schritts­par­tei­en, wie der Dansk Fol­ke­par­ti, von rechts­extre­mis­ti­schen Flü­gel­par­tei­en wie der Front National.“

Die­se Ein­schät­zung ist in Dän­ke­mark nicht unum­strit­ten, so bezeich­net der Holo­caust-Exper­te Ther­kel Sta­ede die Fol­ke­par­tei als extrem frem­den­feind­lich und nationalistisch.

Wahre Finnen

Die Wah­ren Fin­nen (Perus­suo­ma­lai­set) ver­tre­ten die für rechts­na­tio­na­lis­ti­schen Par­tei­en typi­schen For­de­run­gen nach stren­ge­ren Asyl­ge­set­zen und für Stär­kung des „natio­na­lis­ti­schen Bewusst­seins”. Unter ande­rem for­dern sie die Abschaf­fung von Schwe­disch als ver­pflich­ten­de Fremdsprache.

Neben typi­schen rechts­na­tio­na­lis­ti­schen Posi­tio­nen, ver­tritt die Par­tei aber auch reak­tio­nä­re und erz­kon­ser­va­ti­ve Posi­tio­nen. Wie „kein Sex vor der Ehe“, eben­so wird die „Homo-Ehe“ abgelehnt.

Mouvement pour la France (MPF)

Ähn­lich wie die Wah­re Fin­nen ver­trit die MPF natio­nal­kon­ser­va­ti­ve, EU-skep­ti­sche und erz­kon­ser­va­ti­ve Posi­tio­nen. In der fran­zö­si­chen Par­tei­en­land­schaft gilt die MPF als wei­ter rechts ste­hend als die „Uni­on pour un mou­ve­ment popu­lai­re“ (UMP), der gro­ßen kon­ser­va­ti­ven Par­tei, die mit Nico­las Sako­zy vor kur­zem noch den Staats­prä­si­den­ten stell­te, gilt aber im Ver­gleich zum Front Natio­nal als gemäßigter.

Staatkundig Gereformeerde Partij (SGP)

Die nie­der­län­di­sche SGP bezeich­net sich selbst als „bibel­treue“ Par­tei, die die Nie­der­lan­de in eine Theo­kra­trie umwan­deln will. Erklär­tes Ziel ist es „alle Abgöt­te­rei und fal­sche Reli­gi­on abzu­weh­ren und aus­zu­rot­ten“. Bis 2007 durf­ten Frau­en kein Mit­glied wer­den bzw. eine Funk­ti­on aus­üben. 2007 urteil­te das Lan­des­ge­richt Den Haag, das kei­ne Sub­ven­tio­nen mehr aus­be­zahlt wer­den dürf­ten, wobei der Raad van Sta­te die­se Ent­sche­di­ung rück­gän­gig mach­te, da die Pro­gram­ma­tik einer poli­ti­schen Par­tei Vor­rang habe und Frau­en ande­ren poli­ti­schen Par­tei­en bei­tre­ten könnten.

2007 stimm­ten 2/3 der Mit­glie­der dafür, dass Frau­en eine Mit­glied­schaft aus­üben dür­fen. Eine Funk­ti­on dür­fen sie wei­ter nicht aus­üben. 2010 hat der Hohe Rat (Obers­tes Gericht) gegen die Frau­en­dis­kri­mi­nie­rung geur­teilt, Die SGP ging beim Euro­päi­schen Gerichts­hof für Men­schen­rech­te in Berufung.

Slovenská národná strana (SNS)

Die „Slo­wa­ki­sche Natio­na­le Par­tei“ (SNS) ver­tritt ein­deu­tig rechts­extre­me Posi­tio­nen, greift immer wie­der auf faschis­ti­sche Losun­gen zurück und hetzt gegen Roma und Ungarn.

2006 schaff­te sie mit 11,73 % den Ein­zug ins slo­wa­ki­sche Par­la­ment, gemein­sam mit der sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Par­tei SMER bil­de­ten sie eine Koali­ti­ons­re­gie­rung. Auf­grund der Koali­ti­on mit die­ser rechts­extre­men Par­tei, wur­de die Mit­glied­schaft der SMER im Dach­ver­band euro­päi­scher­so­zi­al­de­mo­kra­ti­scher bzw. Sozia­lis­ti­scher Par­tei­en (SPE) suspendiert.

2008 war auf der Inter­net­sei­te der Par­tei meh­re­re Tage lang eine Euro­pa-Kar­te zu sehen, auf der Ungarn zwi­schen Öster­reich (west­lich der Donau) und der Slo­wa­kei (öst­lich der Donau) auf­ge­teilt war.

United Kingdom Independence Party (UKIP)

Neben der Befür­wor­tung stren­ge­rer Asyl­ge­set­ze und Pos­tio­nen gegen die ver­meind­lich „unkon­trol­lier­te“ Zuwan­de­rung und Ableh­nung des so genann­ten „Mul­ti­kul­u­ra­lis­mus“, ver­tritt die UKIP vor allem wirt­schafts­li­be­ra­le Posi­tio­nen, wie die Ein­füh­rung der flat tax, einer Frei­han­dels­zo­ne im Com­mon­wealth, Strei­chung von Sozi­al­leis­tun­gen. Eben­so set­zen sie sich aber für eine Auf­sto­ckung des bri­ti­schen Mili­tär­bud­gets um 40 % ein. Ganz mas­siv stellt sich die UKIP gegen die Theo­rien des men­schen­ver­ur­sach­ten Kli­ma­wan­del und for­dert die Strei­chung von For­schung­för­de­run­gen auf die­sem Gebiet.

Lega Nord

Die Lega Nord ist einer der gro­ßen rechts­extre­men Par­tei­en in Euro­pa. Ras­sis­ti­sche und rechts­extre­me Aus­sa­gen sind seit lan­gem gut dokumentiert:

Im Janu­ar 2001 for­dert der dama­li­ge Bür­ger­meis­ter von Tre­vi­so, Gian­car­lo Gen­tili­ni, „Metall­wag­gons“ für „gefass­te ille­ga­le Ein­wan­de­rer“, egal ob sie „mus­ku­lö­se Neger“ oder „Blu­men­ver­käu­fer mit selt­sam oli­ven­far­bi­gen Teint“ sei­en. Außer­dem for­der­te er wört­lich „die­se Nichts­nut­ze von Immi­gran­ten als Hasen zu ver­klei­den und pim pim pim mit den Geweh­ren zu machen“.

Umber­to Bos­si ver­lang­te in einem Inter­view: „Die Mari­ne und die Guar­dia die Finan­za (Zoll) soll­ten lie­ber auf die Immi­gran­ten­boo­te schie­ßen, die ille­gal nach Ita­li­en kom­men wol­len.“ Eben­so ver­trat Bos­si in einem Radio­in­ter­view die Ansicht, dass bei der Ver­ga­be von Sozi­al­woh­nun­gen in Mai­land die „Lom­bar­den“ (Ein­hei­mi­schen) gegen­über den „Bin­go Bon­gos“ (ras­sis­ti­sche Bezeich­nung für Ein­wan­de­rer) unbe­dingt zu bevor­zu­gen seien.

Im Dezem­ber 2007 erreg­te die Aus­sa­ge des Lega-Nord-Poli­ti­kers Gior­gio Bet­tio, Stadt­rat in Tre­vi­so, inter­na­tio­na­les Auf­se­hen. Er ver­lang­te, dass man gegen Aus­län­der­kri­mi­na­li­tät mit den Metho­den der SS vor­ge­hen soll­te, und zwar „für jeden Ein­hei­mi­schen, dem Aus­län­der Scha­den zufü­gen, soll­ten zehn Ein­wan­de­rer bestraft wer­den“. Die Staats­an­walt­schaft ermit­tel­te gegen Bet­tio wegen Volks­ver­het­zung und Apo­lo­gie des Nazismus.

Laikos Orthodoxos Synagermos (LAOS)

Die LAOS ist wohl die extre­mis­tisch­te Par­tei in dem Bünd­nis, sie ist klar anti­se­mi­tisch und weist Ver­bin­dun­gen zu natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Bewe­gun­gen auf.

Auf ihrem Grün­dung­kon­greß beschlos­sen sie die Grund­satz­po­si­ti­on „Für ein Par­la­ment ohne Frei­mau­rer, ohne Homo­se­xu­el­le, ohne vom Zio­nis­mus Abhän­gi­ge“.

Geor­gi­os Karatzafe­ris for­der­te den israe­li­schen Bot­schaf­ter in Grie­chen­land dazu auf, mit ihm über „den Holo­caust, den Ausch­witz- und Dach­au-Mythos“ zu debat­tie­ren. Karatzafe­ris arbei­te­te auch mit dem Holo­caust-Befür­wor­ter (!) Kon­stan­ti­nos Ple­v­ris zusam­men, dem ideo­lo­gi­schen Vater der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Par­tei Chry­si Avgi (Gol­de­ne Morgenröte).

Wei­te­re Kan­di­da­ten: Makis Vor­i­dis­Vo­r­i­dis stell­te die Authen­ti­zi­tät des Tage­buchs der Anne Frank in Fra­ge, hielt hin­ge­gen die anti­se­mi­ti­sche Fäl­schung Die Pro­to­kol­le der Wei­sen von Zion für ein mög­li­cher­wei­se doch authen­ti­sches Doku­ment jüdi­scher Ver­schwö­rung. Ado­nis Geor­gi­a­dis, der für Kon­stan­ti­nos Ple­v­ris anti­se­mi­ti­sches Buch „Die Juden – die gan­ze Wahr­heit“ gewor­ben und sei­ne Aus­sa­gen ver­tei­digt hat­te, folg­te Vari­dis nach der Wahl­nie­der­la­ge im Juni 2012 zur Regie­rungs­par­tei und wur­de im Juni 2013 zum neu­en Gesund­heits­mi­nis­ter berufen.

Teil II: Iden­ti­tät, Tra­di­ti­on, Sou­ve­rä­ni­tät (ITS)