Gudenus und Strache beim Schummeln ertappt

Nach seinem eher kläglichen Ver­such, aus ein­er wegen hefti­gen Andrangs ver­legten Niko­lo-Aktion einen Angriff von „Islamis­ten“ zu machen, reit­et Johann Gude­nus, Klubob­mann der FPÖ im Wiener Gemein­der­at , jet­zt eine neue Attacke: er veröf­fentlicht das Foto eines Lern­be­helfs mit Erläuterun­gen in türkisch­er Sprache. Dazu sein knap­per Kom­men­tar. Die blaue Gefol­gschaft heult entset­zt auf.

So kläglich der Het­zver­such mit dem Niko­laus auch ver­laufen ist, so erfol­gre­ich war er den­noch. Kaum hat­te Gude­nus die Het­zgeschichte mit dem bedrängten Niko­laus auf seine Face­book-Pin­nwand gestellt, sprudel­ten die Post­ings vor Erre­gung über.

Diese Erre­gung brauchen frei­heitliche Poli­tik­er wie einen Bis­sen Brot. Gespeist von dumpfen Befürch­tun­gen und Vorurteilen legt sie das Gehirn lahm und set­zt die Peri­staltik in Gang: alles darf raus­gekotzt werden!

Johann Gude­nus hat seine Niko­lo-Geschichterln („Jedes Wort ist wahr“) mit­tler­weile gelöscht – ohne Kom­men­tar. Da muss natür­lich etwas Neues her, damit es keine Nach­denkpause gibt! Es ist ein Foto, auf dem man Dreiecke erken­nen kann , dazu Formel­berech­nun­gen und Erläuterun­gen – in türkisch­er Sprache. Dazu der knappe Kom­men­tar von Gude­nus: „Unter­richtssprache Deutsch??? Aus ein­er Schule im zweit­en Bezirk!“.

Das Echo sein­er Fans ist ein­deutig: „eine Sauerei für unsere deutschen Schüler, die Pri­or­ität haben“, „Frech­heit! Sowas gibt’s in keinem anderen Land“, „Ein Wahnsinn“, „Schock­ierend“. Natür­lich darf auch die schon fast oblig­ate Anrufung des „Führers“ nicht fehlen: „Adi, schau obe!!!“.

Die Fra­gen von kri­tis­chen Postern, um welche Schule bzw. Sit­u­a­tion es sich denn han­dle, wer­den nicht beant­wortet. Warum nicht?

Weil die Auflö­sung zu dem Foto-Rät­sel natür­lich eine andere ist. Wir haben uns kundig gemacht und vom Wiener Stadtschul­rat eine Auskun­ft erhalten.

Von welch­er Schule das Foto stammt, weiß auch der Stadtschul­rat nicht – es ist auch uner­he­blich. An zahlre­ichen Wiener Schulen find­et im Rah­men unverbindlich­er Übun­gen auch mut­ter­sprach­lich­er Unter­richt statt. Unverbindliche Übun­gen gibt es in der Regel nach dem Unter­richt und zu vie­len Bere­ichen: kreatives Gestal­ten, Chor, Sport, Musik usw. – und auch als Ange­bot für Fremd­sprachen und mut­ter­sprach­lichen Unter­richt. Let­zter­er ist ein abso­lut sin­nvolles Ange­bot und deshalb schreibt der Stadtschul­rat in sein­er Stel­lung­nahme auch:

„Mut­ter­sprach­lich­er Zusatzun­ter­richt find­et als „Unverbindliche Übung“ an zahlre­ichen Wiener Schulen statt. Er erfol­gt derzeit in 20 Sprachen und wird von ca. 16.000 Kindern in Anspruch genom­men. Wis­senschaftliche Unter­suchun­gen bestäti­gen, dass mut­ter­sprach­lich­er Ergänzung­sun­ter­richt äußerst erfol­gre­ich ist. Vor allem aber auch, dass der sichere Umgang mit der eige­nen Mut­ter­sprache eine zen­trale Voraus­set­zung für das gute Erler­nen ein­er anderen Sprache ist. Mit anderen Worten: Nur wer seine eigene Mut­ter­sprache gut beherrscht, lernt auch leichter und bess­er Deutsch.“

16.000 Kinder nehmen in Wien an der unverbindlichen Übung mut­ter­sprach­lich­er Unter­re­icht teil und erwer­ben so bessere Voraus­set­zun­gen für den Umgang mit der deutschen Sprache. Was sollte man daran kri­tisieren oder für „schock­ierend“ finden?

Das ist aber nicht das Geschäft des Johann Gude­nus, für Aufk­lärung zu sor­gen! Mit seinem Rät­selfo­to legt er den Ein­druck nahe, dass an Schulen in Wien Türkisch im Vor­marsch ist und die Ober­hand gewin­nt. Seine Fans fol­gen ihm, weil sie – schon aus­re­ichend durch andere blaue Parolen vorkon­di­tion­iert – das gerne glauben wollen.

Nur seine Fans? Auch sein Parte­ichef Stra­che ver­bre­it­et bere­itwillig die Botschaft. Wir ver­muten, er hat ein­fach abgeschrieben.

Wie soll man das nen­nen? Schum­meln oder doch eher Hetze?