Die Migration und der Verlust von zwei Rufzeichen hat der Gruppe nicht gutgetan. Wie das Nachrichtenmagazin „News“ in seiner Ausgabe vom 22.8. 2013 berichtet, hat der vermeintlich sichere Raum der geheimen Gruppe bei etlichen Mitgliedern alle Hemmungen gelöst. In der Gruppe mit dem einen Rufzeichen wurde noch mehr gehetzt als in der alten offenen Gruppe, die deshalb auch schon in die öffentliche Kritik gekommen war.
Genau das war auch der Sinn der freiheitlichen Migrationsbewegung: „Wir werden euch in den nächsten 2 Wochen aus der alten Gruppe löschen um euch aus dem linken Schussfeld zu nehmen“, verkündete Administrator Reini K. Jooker und fügte hinzu: „Wir werden aber trotzdem weiterhin ausgewählte, vertrauenswürdige Mitglieder aus der alten Gruppe in die neue Gruppe übernehmen.“
In den Monaten, in denen sich die „ausgewählten, vertrauenswürdigen“ Gruppenmitglieder sicher wähnten, wurde ohne jede Hemmung gehetzt: „Diese Rotznasen und Scheinasylanten an die Wand stellen lassen und aus…“, „Kameldreckfresser“, „Musl-Schweine“ usw.. Postings wie diese kennt man ja auch aus öffentlichen Facebook-Konten, wie etwa aus dem von HC Strache. Dort wurden sie allerdings nach öffentlichen Protesten gelöscht, in der geheimen Facebook-Gruppe durften sie stehenbleiben. In der geheimen Gruppe kam niemand auf die Idee, Postings, in denen offen Gewalt propagiert („Kennt jemand einen guten Scharfschützen?“) und einem kleinen Bürgerkrieg das Wort geredet wurde („Na dann rüsten wir privat auf und ausmaus“, „es gehören wieder private bürgerwehren her“), zu kritisieren oder gar zu löschen.
Die FB-Gruppe „Heimat ohne Hass“ hat die Aktivitäten der Gruppe mit dem einen Rufzeichen minutiös und detailliert dokumentiert. Unter den „ausgewählten, vertrauenswürdigen“ Mitgliedern findet sich ein repräsentatives Spektrum aus freiheitlicher Funktionären, Mandataren und auch Parteibasis. Wobei unter den „ausgewählten, vertrauenswürdigen“ Mitgliedern der Parteibasis auch solche sind, die ihre privaten politischen Vorlieben im eindeutig braunen Spektrum ausleben. Und weil die FB-Einstellungen, die die geheime Gruppe übernommen hat, so festgelegt waren, dass jedes Mitglied der Gruppe sehen kann, welche anderen Mitglieder das jeweilige Posting gelesen haben, könnte daraus für einige, die nicht zur Parteibasis gehören, noch ein Problem werden. Im Durchschnitt wurden die einzelnen Postings von 50 bis 70 Mitgliedern gelesen.
Jetzt will niemand von den prominenteren Gruppen-Mitgliedern Hasspostings gesehen oder gar gelesen haben. Mit einer Ausnahme: Johann Gudenus, stellvertretender FPÖ-Vorsitzender und Klubobmann im Wiener Landtag, der ebenfalls in der Gruppe vertreten war, erklärte gegenüber „News“ die Postings für „widerwärtig“ und stellte fest, dass die „Verantwortlichen“ der Gruppe „weg gehören“. Während Gudenus auf Facebook über den „Schmuddelwahlkampf“ jammert, in dem die FPÖ jetzt „sogar für irgendwelche grauslichen Postings von unbekannten Usern verantwortlich gemacht“ werde, versuchen sich Strache und sein Generalsekretär Kickl etwas hilflos in der bekannten freiheitlichen Methode: „Es sei nicht auszuschließen, dass Kreise im Umfeld der angeblichen Aufdecker ihrer eigenen Geschichte etwas nachgeholfen hätten.”
Ein Freiheitlicher ahnt, dass diese Verteidigungslinie nicht ausreichen wird: „Da sind unsere Leute teilweise selbst schuld. Bitte bitte tretet nicht bei jeder Arschloch-Gruppe bei.” Das ist schwierig! Schließlich hat der Parteichef selbst noch vor einem Jahr heftig die Reklametrommel für die offene Gruppe „Wir stehen zur FPÖ“ (mit den drei Rufzeichen) gerührt: „Engagierte Unterstützer unserer Gemeinschaft haben diese Gruppe auf die Beine gestellt! Find ich toll! Christian, Barbara und Sarah, danke Euch!“ Und an anderer Stelle fordert er auf „klickt doch mal rein!“ Aber schon im Vorjahr wollte er danach nichts mit den Empfehlungen von vorher zu tun haben und distanzierte sich von den „unhaltbaren und abzulehnenden Postings“, mit denen er absolut nichts zu tun habe (bawekoll). Seine Klick-Empfehlungen aus dem Vorjahr hat Strache übrigens von seinem FB-Account gelöscht.
In der geheimen Gruppe ist mittlerweile Katzenjammer angesagt. Nachdem eine Administratorin, die von „News“ geoutete FPÖ-Gemeinderätin Andrea Kellner aus Bad Fischau, sich von „gar nix“ distanzieren wollte, versucht es ein Poster mit einer widersprüchlichen Methode: „Also, ich hab auf dieser Seite noch NIE irgendwelche Postings gelesen, wie sie im „NEWS“ beschrieben waren“, fügt dann aber vorsichtshalber hinzu „ zu dem ist hier ein MAULWURF unterwegs!!!!“
Die Gruppe sucht jetzt nicht nur den Maulwurf, sondern überlegt auch eine ziemlich originelle Anzeige: unter anderem will sie wegen § 107a StGB (Stalking) und § 7 Datenschutzgesetz (schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen) klagen. Da dürfte die Anzeige von Uwe Sailer gegen die Gruppe (unter anderem wegen Verhetzung) schon aussichtsreicher sein.
⇒ news.at — Liebe deine Nazis
⇒ derstandard.at — Aufregung um Hass-Postings in FPÖ-Fangruppe
⇒ Öllinger: FPÖ-Funktionäre aktiv auf Hetzforum im Internet
⇒ Darabos zu FPÖ-Facebook-Gruppe: Spindelegger-ÖVP muss sich von FPÖ distanzieren
⇒ SJ-Moitzi: Menschenverachtende Ideologie der Freiheitlichen darf nicht auf Regierungsbank gehoben werden!
⇒ SP-Yilmaz ad FP-Facebook-Gruppe: Wahre Nächstenliebe heißt Antirassismus!
⇒ Rauch: Religionsverhetzung ist zutiefst abzulehnen