Mauthausen Komitee und Antifa-Netzwerk: „Strafjustiz behandelt Rechtsextremismus als Kavaliersdelikt„Lesezeit: 3 Minuten

Drin­gen­der Appell an Minis­te­rin Karl, ihre poli­ti­sche Ver­ant­wor­tung wahr­zu­neh­men. Wien (OTS) — Schar­fe Kri­tik üben das Maut­hau­sen Komi­tee Öster­reich (MKÖ) und das OÖ. Anti­­fa-Net­z­­werk an Fehl­ent­schei­dun­gen und Ver­säum­nis­sen der Straf­jus­tiz bei rechts­extre­men und ras­sis­ti­schen Delik­ten. „Gera­de in letz­ter Zeit sind haar­sträu­ben­de Din­ge pas­siert”, stellt MKÖ-Vor­­­si­t­­zen­­der Wil­li Mer­nyi fest. „Ein bekann­ter Rechts­extre­mist aus Ober­ös­ter­reich hat in einem […]

15. Jul 2013

Wien (OTS) — Schar­fe Kri­tik üben das Maut­hau­sen Komi­tee Öster­reich (MKÖ) und das OÖ. Anti­fa-Netz­werk an Fehl­ent­schei­dun­gen und Ver­säum­nis­sen der Straf­jus­tiz bei rechts­extre­men und ras­sis­ti­schen Delik­ten. „Gera­de in letz­ter Zeit sind haar­sträu­ben­de Din­ge pas­siert”, stellt MKÖ-Vor­sit­zen­der Wil­li Mer­nyi fest.

„Ein bekann­ter Rechts­extre­mist aus Ober­ös­ter­reich hat in einem Arti­kel die Exis­tenz von Kre­ma­to­ri­en im KZ Ausch­witz eben­so bestrit­ten wie die Ermor­dung von Anne Frank. Außer­dem hat er KZ-Über­le­ben­de als „Land­pla­ge” beschimpft und als „Kri­mi­nel­le” ver­leum­det”, schil­dert Netz­werk-Spre­cher Robert Eiter einen der Fäl­le. „Die Israe­li­ti­sche Kul­tus­ge­mein­de und meh­re­re anti­fa­schis­ti­sche Orga­ni­sa­tio­nen haben Anzei­ge wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung und Holo­caust-Leug­nung erstat­tet. Trotz der ein­deu­ti­gen Beweis­la­ge wur­de das Ver­fah­ren von der Staats­an­walt­schaft Wien sang- und klang­los ein­ge­stellt. Man hielt es nicht ein­mal für not­wen­dig, die Anzei­gen­den zu ver­stän­di­gen.” Eben­so skan­da­lös ist der fol­gen­de Fall: „Im Vor­feld des Matches zwi­schen SK Rapid und Paok Salo­ni­ki hat ein Nazi-Hoo­li­gan auf dem Schwe­den­platz in Wien einen Rab­bi­ner anti­se­mi­tisch beschimpft. Meh­re­re Poli­zis­ten wur­den Zeu­gen, unter­nah­men aber nichts”, berich­tet Mer­nyi. Der Rab­bi­ner schrieb in einem E‑Mail-Pro­to­koll an die Wie­ner Poli­zei: „Dass die­se Poli­zis­ten taten­los zuse­hen und auch noch grin­sen, ein regel­rech­tes Schock­erleb­nis.” Trotz­dem konn­te die Staats­an­walt­schaft Wien kein straf­ba­res Ver­hal­ten der Beam­ten erken­nen. Mer­nyi: „Laut­star­ke Hass­pa­ro­len gegen Juden sind offen­bar nicht Grund genug für ein Einschreiten.”

Die­se „Tole­ranz” der Straf­jus­tiz kam auch dem Obmann der „Ulrichs­berg­ge­mein­schaft”, Her­mann Kan­dus­si, zugu­te. Er hat­te in einem Zei­tungs­in­ter­view behaup­tet, dass „jeder von der Waf­fen-SS sei­ne Schul­dig­keit getan hat. Sagen Sie mir ein Ver­bre­chen, das die Waf­fen-SS began­gen hat.” Eine glat­te Geschichts­lü­ge, wie u.a. der Rechts­his­to­ri­ker Mar­tin Pola­schek, Vize­rek­tor der Karl-Fran­zens-Uni­ver­si­tät Graz, bestä­tig­te: „Die Gräu­el­ta­ten der Waf­fen-SS sind doku­men­tiert, auch bei Holo­caust-Ver­bre­chen.” Kan­dus­si hat­te also öffent­lich natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit geleug­net, was zwei­fel­los den Tat­be­stand des Para­gra­phen 3h Ver­bots­ge­setz erfüllt. „Der Staats­an­walt­schaft Kla­gen­furt war das gleich­gül­tig: Sie stell­te in Rekord­zeit ein”, ist der MKÖ-Vor­sit­zen­de empört.

Auch bei den gera­de begon­ne­nen Pro­zes­sen gegen Mit­glie­der der kri­mi­nel­len Neo­na­zi-Orga­ni­sa­ti­on „Objekt 21” mutet man­ches sehr selt­sam an. Netz­werk-Spre­cher Eiter: „Schon 2010 und 2011 hat es eine Rei­he von Anzei­gen gegen das „Objekt 21” gege­ben. Die­se Anzei­gen haben aber nur in einem ein­zi­gen Fall, näm­lich im August 2012, zu einer — übri­gens bloß beding­ten — Ver­ur­tei­lung geführt. Das heißt, die meis­ten Anzei­gen hat die Staats­an­walt­schaft Wels zwei Jah­re und län­ger lie­gen las­sen. Jetzt ermit­telt die Staats­an­walt­schaft ange­sichts einer kri­mi­nel­len Orga­ni­sa­ti­on mit bis zu 200 Betei­lig­ten und einer Viel­zahl an schwe­ren Ver­bre­chen nur gegen 35 Beschul­dig­te, wobei über­haupt nur sie­ben Beschul­dig­te wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung vor Gericht ste­hen sol­len! Es ist für jeden Infor­mier­ten offen­sicht­lich, dass beim „Objekt 21” wesent­lich mehr Neo­na­zis aktiv waren.”

„Schon die­se Bei­spie­le zei­gen: Die Straf­jus­tiz behan­delt Rechts­extre­mis­mus oft als Kava­liers­de­likt”, betont Wil­li Mer­nyi. „Natür­lich gibt es auch Staats­an­wäl­te und Rich­ter, die den anti­fa­schis­ti­schen Auf­trag unse­rer Ver­fas­sung enga­giert umset­zen. Aber ins­ge­samt kann von einer wirk­sa­men Bekämp­fung des Rechts­extre­mis­mus durch die Jus­tiz kei­ne Rede sein.” „Wir haben Bun­des­mi­nis­te­rin Karl bereits kurz nach ihrem Amts­an­tritt in einem Gespräch auf die­se Miss­stän­de hin­ge­wie­sen”, sagt Robert Eiter. „Lei­der hat sich die Lage seit­her nicht ver­bes­sert, son­dern wei­ter ver­schlech­tert. Wir rich­ten an die Jus­tiz­mi­nis­te­rin den drin­gen­den Appell, ihre dies­be­züg­li­che poli­ti­sche Ver­ant­wor­tung end­lich wahrzunehmen!”

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