Bei den Motiven für das Zerwürfnis wird es schwierig. Während die Ausgetretenen erklären, dass sie sich von der Landespartei nicht unterstützt fühlen und dem FPÖ-Klubobmann im Landtag, Gottfried Waldhäusl, der auch aus dem Waldviertel kommt, vorwerfen, „er arbeite sogar gegen die Interessen des Bezirks“ (APA0145 vom 23.1.13), ist für den die Sache ganz einfach: „Was soll’s, so sind sie. Ich gebe Josef Bucher mit seinem Begriff der politischen Wanderhuren völlig recht. Die kommen von Schwarz zu Blau, und wenn sie da nichts reißen, gehen sie eben zu Stronach…Ich hoffe, dass endlich Ruhe einkehrt, wenn die Störenfriede weg sind.“ (NÖN Gmünd, 22.1.13) Er sollte es eigentlich besser wissen! Vermutlich ist die FPÖ-NÖ die Landesorganisation mit den meisten Krisen – und die Kandidatur der Liste Stronach könnte da durchaus als weiteres Treibmittel wirken.
1998 stürzte die Causa Rosenstingl nicht bloß die Landespartei in eine ihrer schwersten Krisen. Mit den Parteiausschlüssen der FPÖ-Abgeordneten Peter Rosenstingl, Hermann Mentil, Bernhard Gratzer (Landesparteiobmann und FPÖ-Klubobmann im Landtag) und der Funktionärin Margit Renarth war die Krise der FPÖ nur oberflächlich behoben. In Niederösterreich platzen weitere freiheitliche Skandale auf, in der Bundes-FPÖ sorgte die Verurteilung von Walter Meischberger, sein Mandatsverzicht und der Rückzug vom Mandatsverzicht dafür, dass Haiders Saubermacher-Versuche („Demokratievertrag“) zumindest kurzfristig ihre Wirkung verfehlen.
2002 dann die nächste große Krise: der Knittelfelder Sonderparteitag (oder war’s doch nur eine Versammlung?) mit seinen erwarteten und auch überraschenden Frontstellungen innerhalb der Partei wirbelte die FPÖ so gravierend durcheinander, dass in den folgenden Jahren kaum mehr nachvollziehbar war, warum wer in der FPÖ wo stand.
Ein schönes Beispiel dafür liefert Ewald Stadler, der bis 1999 als Haiders „Dobermann“ bzw. geschäftsführender Klubobmann im Parlament werkte und nach der Rosenstingl-Krise nach Niederösterreich geschickt wurde, um die desorientierte Landespartei wieder aufzubauen. Stadler, ein Vertreter des rechten Flügels innerhalb der FPÖ, war 2002 auf der Seite der Knittelfelder „Putschisten“ (mit Kurt Scheuch, Martin Strutz, Hilmar Kabas und Franz Marchat/NÖ), die sich gegen die freiheitlichen Regierungsmitglieder und deren „kompromisslerische“ Haltung in der schwarzblauen Regierung durchsetzten.
Die tiefe Spaltung der FPÖ durch Knittelfeld führte in der Folge auch in Niederösterreich zu Turbulenzen, die über Jahre hinweg anhielten. Mehrere Funktionäre der FPÖ-NÖ, unter ihnen Hans Jörg Schimanek sen., der bis 1999 Landesrat in NÖ war, protestierten gegen die Knittelfelder Drahtzieher und stellten sich demonstrativ hinter die (nach Knittelfeld) zurückgetretene FPÖ-Vizekanzlerin Riess-Passer. Schimanek attackierte Stadler als „pathologisch destruktiv“ und meinte, Haider sei „einem falschen Götzen“ (gemeint war Stadler) erlegen.
An der Seite von Schimanek waren damals der „blaue Briefträger“ und FPÖ-Bezirksparteiobmann Johann Zibusch und zwei weitere FPÖ-Funktionäre. Als der damalige FPÖ-Landesparteiobmann Ernest Windholz ein Parteiausschlussverfahren ankündigte, verknüpfte Riess-Passer ihren Verbleib in der FPÖ mit dem des FPÖ-Briefträgers Zibusch: „Wenn man mit ihm so umgeht, dann gehe auch ich, das ist nicht meine Partei.” (Standard, 6.12.2002)
➡️ Teil I: Königskobras, Vatermörder, Blitzdrähte und ehemalige Naziführer
➡️ Teil II: „Ich gehe – bin schon wieder da!
➡️ Teil IV: Der „blaue“ Briefträger und sein Stadler