Die rechten Stifter (V): Stille Hilfe für Veruntreuung

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Die Vor­fäl­le rund um die Stif­tung Meschar machen deut­lich: es ist nicht schwie­rig, alte Men­schen zu über­re­den, ihr Hab und Gut in eine Stif­tung ein­zu­brin­gen oder auch per Tes­ta­ment für die „rech­te“ Sache zu opfern. Bis­wei­len lan­den die Gel­der auch in der eige­nen Tasche.

Auf Ver­an­las­sung von Rudolf Aschen­au­er, einem schwe­ren Nazi, der auch bei der Stil­len Hil­fe für Kriegs­ge­fan­ge­ne und Inter­nier­te aktiv war, hat Ger­hard Blet­scha­cher, lang­jäh­ri­ger Vor­sit­zen­der der Stil­len Hil­fe Süd­ti­rol und CSU-Man­da­tar in Mün­chen, erheb­li­che Mit­tel, die aus der Nier­mann-Stif­tung stamm­ten, über die „Stil­le Hil­fe“ zur För­de­rung eines rechts­extre­men Ver­lags flie­ßen las­sen. Offi­zi­el­ler Titel: Bibliothekenförderung.

Aschen­au­er war bis zu sei­nem Tod 1983 Vor­sit­zen­der der Gesell­schaft der Freun­de Süd­ti­rols und einer der wich­tigs­ten Funk­tio­nä­re des Ver­eins für das Deutsch­tum im Aus­land (VDA). (Quel­le: apabiz.de)

Der VDA , der im Lang­na­men seit 1998 Ver­ein für Deut­sche Kul­tur­be­zie­hun­gen im Aus­land heißt, hat­te über Jahr­zehn­te in der Bun­des­re­pu­blik eine wich­ti­ge Schar­nier­funk­ti­on zu rechts­extre­men „volks­tums­po­li­ti­schen“ Akti­vi­tä­ten. Her­vor­ge­gan­gen aus dem All­ge­mei­nen Deut­schen Schul­ver­ein, der bezeich­nen­der­wei­se 1880 in Wien gegrün­det wur­de, pfleg­te er in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten enge Bezie­hun­gen zu sei­nem öster­rei­chi­schen Pen­dant, der rechts­extre­men Öster­rei­chi­schen Lands­mann­schaft (ÖLM). Hier schließt sich der Kreis. Über eini­ge weni­ge Per­so­nen, die in den diver­sen Orga­ni­sa­tio­nen posi­tio­niert waren, lief in den Nach­kriegs­jahr­zehn­ten der Auf­bau und die Finan­zie­rung rechts­extre­mer Struk­tu­ren – mit­hil­fe von Stif­tungs­gel­dern, aber auch mit öffent­li­chen Gel­dern und poli­ti­scher Unter­stüt­zung durch Regie­run­gen (sie­he dazu z.B. auch die Anfra­ge der Abge­ord­ne­ten Anne­lie Bun­ten­bach)


Stil­le Hil­fe für brau­ne Kame­ra­den — Das gehei­me Netz­werk der Alt- und Neo­na­zis. Ein Insi­de-Report; Bild­quel­le: christoph-links-verlag.de
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Aschen­au­er, der zeit­wei­se auch Vor­sit­zen­der des VDA war, war nicht nur bei der „Stil­len Hil­fe für Kriegs­ge­fan­ge­ne und Inter­nier­te“, die Alt- und Neo­na­zis finan­zi­ell unter­stütz­te, son­dern auch in der Süd­ti­rol-Fra­ge enga­giert. Die „Stil­le Hil­fe Süd­ti­rol“ war über ihren Vor­sit­zen­den Ger­hard Blet­scha­cher von der CSU Mün­chen im rechts­kon­ser­va­ti­ven Eck ange­sie­delt, hat­te aber nicht nur über die Sub­ven­ti­on der Nier­mann-Stif­tung für einen rechts­extre­men Ver­lag , die von Aschen­au­er „ver­an­lasst“ wur­de, bes­te Kon­tak­te ins rechts­extre­me Lager. Die „Hei­mat­treue Deut­sche Jugend“, eine neo­na­zis­ti­sche Orga­ni­sa­ti­on, die 2009 ver­bo­ten wur­de, hat­te in ihren Sta­tu­ten ver­an­kert, dass ihr Ver­mö­gen im Fall der Auf­lö­sung der Orga­ni­sa­ti­on an die „Stil­le Hil­fe Süd­ti­rol“ über­ge­hen solle.

Die Stil­le Hil­fe Süd­ti­rol wur­de aller­dings schon vor­her auf­ge­löst. Im Jahr 2003 gab ihr dama­li­ger Vor­sit­zen­der das Ende des Ver­eins bekannt und begrün­de­te es damit, dass der zuneh­men­de Wohl­stand der Süd­ti­ro­ler ihre Arbeit über­flüs­sig mache.

Es gab auch weni­ger tol­le Grün­de für das Ende, jeden­falls eine Vor­ge­schich­te. 1995 wur­de bekannt, dass der Lang­zeit­vor­sit­zen­de der Stil­len Hil­fe Süd­ti­rol, Ger­hard Blet­scha­cher seit 1986 fast fünf Mil­lio­nen DM (2,5 Mio €) für sei­ne pri­va­te Kar­to­na­gen­fir­ma als zin­sen­lo­ses „Dar­le­hen“ abge­zweigt hat­te. Blet­scha­cher bestritt die Vor­wür­fe nach dem Auf­flie­gen der „Käse­schach­tel­af­fä­re“ nicht, son­dern recht­fer­tig­te sie damit, dass er ein „gewis­ses mora­li­sches Anrecht auf das Dar­le­hen“ gehabt habe, weil er so vie­le Jah­re unent­gelt­lich für den Ver­ein gear­bei­tet habe: „Mein Opfer war grö­ßer als mein Vor­teil“ (Focus Nr. 19/1995). Argu­men­te, die wir auch aus aktu­el­len Stif­tungs­de­bat­ten kennen.

Im Fal­le Blet­scha­chers waren die straf­recht­li­chen Fak­ten jeden­falls klar: im Dezem­ber 1995 wur­de der CSU-Stadt­rat zu drei Jah­ren und neun Mona­ten Haft wegen Ver­un­treu­ung ver­ur­teilt. Ins­ge­samt waren unter der Ägi­de Blet­scha­chers 50 Mil­lio­nen DM an Spen­den­gel­dern in die „Stil­le Hil­fe“ geflos­sen (Die Pres­se, 9.5.95) und von dort wei­ter­ver­teilt bzw. zu einem Zehn­tel an Blet­scha­cher umge­lei­tet wor­den. Dass sich Blet­scha­cher eine so gro­ße Sum­me unbe­merkt abzwei­gen konn­te bzw. wie im Fall der von Aschen­au­er ver­an­lass­ten Nier­mann-Gel­der an einen rechts­extre­men Ver­lag wei­ter­lei­ten konn­te, sagt eini­ges über den inne­ren Auf­bau nicht nur der „Stil­len Hil­fe Süd­ti­rol“ aus. Die Vor­stands­mit­glie­der des gemein­nüt­zi­gen Ver­eins Stil­le Hil­fe bezeug­ten auch vor Gericht, dass es kei­ne dies­be­züg­li­chen Beschlüs­se gab.

Eini­ge weni­ge Schlüs­sel­fi­gu­ren der rechts­extre­men Sze­ne, die sich einen ein­schlä­gi­gen Ruf erwor­ben haben, konn­ten –mit dem Ver­trau­en ihrer Geld­ge­ber aus­ge­stat­tet – ziem­lich eigen­mäch­tig über die Gel­der ver­fü­gen, sie an rechts­extre­me Struk­tu­ren wei­ter­lei­ten, über Spen­den­or­ga­ni­sa­tio­nen ver­schlei­ern oder auch in die eige­ne Tasche wirt­schaf­ten. Sie konn­ten das nicht nur in der Ver­gan­gen­heit –das Busi­ness blüht noch immer.

➡️ Die rech­ten Stif­ter (I): Ein Mul­ti­mil­lio­när und sei­ne Stiftung
➡️ Die rech­ten Stif­ter (II): „Süd­ti­rol ist überall“
➡️ Die rech­ten Stif­ter (III): Die Ermitt­lun­gen ver­lie­ren sich
➡️ Die rech­ten Stif­ter (IV): Dor­nen­kro­ne und Fensterkitt
➡️ Die rech­ten Stif­ter (VI): Noch eine rech­te Stiftung