Gerhard Ruiss: Es gibt Tage

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Ger­hard Ruiss, öster­rei­chi­scher Schrift­stel­ler, hat am 27.1.2012 die Kund­ge­bung gegen Rechts­extre­mis­mus und den WKR-Ball am Wie­ner Hel­den­platz mode­riert und dabei eine kur­ze Ein­lei­tungs­re­de gehal­ten, die er uns freund­li­cher­wei­se zur Ver­fü­gung gestellt hat.


Es gibt Tage

Es gibt Tage, da gibt es nichts zu fei­ern. Heu­te ist so ein Tag. Der Tag der Befei­ung der Über­le­ben­den von Ausch­witz. Schon gar nichts zu fei­ern gibt es an einem sol­chen Tag für Bur­schen­schaf­ten, schla­gen­de Ver­bin­dun­gen, deutsch­na­tio­na­le Stu­den­ten­ver­bän­de, kor­po­rier­te Stu­den­ten­ver­bän­de, das Waf­fen­stu­den­ten­tum, und wie sie sonst noch bezeich­net wer­den, die alle­samt kei­ne absichts­lo­sen Ver­bin­dun­gen sind.

Ihre Hal­tun­gen und Plä­ne wer­den von einem, der es wis­sen muß, dem Chef­ideo­lo­gen der FPÖ und FPÖ- Abge­ord­ne­ten im EU-Par­la­ment, Andre­as Möl­zer, in sei­nem im Sto­cker Ver­lag 1980 erschie­nen Buch über „Das Waf­fen­stu­den­ten­tum in Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart“ auf 261 Sei­ten zusammengefaßt.

Dort heißt es u.a.: „Um die Ent­wick­lung wei­ter zu ver­fol­gen muß man sagen, daß der Natio­nal­so­zia­lis­mus für das Gros der Waf­fen­stu­den­ten das end­lich erreich­te Ziel und den Höhe­punkt einer Jahr­hun­der­te lan­gen Ent­wick­lung bedeu­te­te.“ „Ers­tes Kampf­ziel“, schreibt er über die Aus­rich­tung des Waf­fen­stu­den­ten­tums in der Gegen­wart, „soll­te die Neu­schaf­fung eines star­ken deut­schen Kul­tur- und Geis­tes­be­wußt­seins dar­stel­len, im Diens­te des gewor­de­nen Abend­lan­des und damit zum Guten der gan­zen Mensch­heit, des gan­zen Pla­ne­ten.“ Gesche­hen soll das u.a. durch: Die „Kon­trol­le des Geschichts­un­ter­richts“, die „Säu­be­rung der deut­schen Spra­che“, die „För­de­rung des Deutsch­tums in der Wis­sen­schaft“. Und schließ­lich und end­lich: „Dabei soll­te auf­ge­zeigt wer­den, wo und wie wir Deut­schen in Bezug auf unse­re eige­ne Geschich­te mani­pu­liert wur­den“. „Daß der Zeit­punkt gekom­men ist, die­sen ja schon eini­ge Zeit lau­fen­den Pro­zeß zu beschleu­ni­gen und zu einem für unser deut­sches Waf­fen­stu­den­ten­tum frucht­ba­ren Ende zu brin­gen, ist die fes­te Mei­nung des Verfassers.“

Es gibt, wie gesagt, nichts zu fei­ern, und schon gar nicht das. Las­sen Sie uns die­sen Abend in Wür­de, mit Ent­schie­den­heit und Respekt bege­hen, einem Respekt, der den tan­zen­den Natio­na­lis­ten und ihren rechts­extre­men Freun­din­nen und Freun­den aus ganz Euro­pa fremd ist.

Ger­hard Ruiss
Wien, 27.1.2012