IG AutorInnen: Wiederbetätigung pur

Für die IG Autorin­nen Autoren hat Ger­hard Ruiss am 30.1. eine Stel­lung­nahme zu den Äußerun­gen von Heinz Chris­t­ian Stra­che verfasst.


Wiederbetätigung pur

Die Äußerun­gen des FPÖ-Obmanns am WKR-Ball

Die IG Autorin­nen Autoren und mit ihr der Öster­re­ichis­che P.E.N. Club und die Graz­er Autorin­nen Autoren­ver­samm­lung haben sich gegen ihre son­sti­gen Gepflo­gen­heit­en an ein­er Plat­tform und Dekla­ra­tion („Jet­zt Zeichen set­zen“) beteiligt, die sich gegen die Durch­führung des Wiener Burschen­schafter­balls am Gedenk­tag der UNO für die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus in den Konzen­tra­tionslagern an der ersten Adresse der Repräsen­ta­tion­sräum­lichkeit­en der Repub­lik Öster­re­ich aus­ge­sprochen hat. Die Dekla­ra­tion war mit Augen­maß ver­faßt, die Kundge­bung der Plat­tform am Helden­platz ein Muster­beispiel an demokratis­ch­er Diszi­plin. Es gab bei der Kundge­bung nicht einen einzi­gen Zwis­chen­fall, das Ver­hal­ten der Polizei war vor­bildlich. Das war offen­bar nicht über­all um den Ball herum der Fall, blieb jedoch auf – zwar nicht angenehme, aber doch von schw­eren Fol­gen freie – Zwis­chen­fälle beschränkt.

Um so schlim­mer fällt die Betra­ch­tung der Ereignisse durch den FPÖ-Obmann aus, der zu ein­er beson­ders per­fi­den Form der Auschwit­zlüge gefun­den und die Burschen­schaften als die neuen ver­fol­gten Juden und Sachbeschädi­gun­gen an Burschen­schafter-Buden als neue „Reich­skristall­nacht“ beze­ich­net hat. Diese Äußerung stellt eine so große Unge­heuer­lichkeit dar, daß ihr gar nicht heftig genug wider­sprochen wer­den kann. 

Es hat zur Ver­nich­tungsstrate­gie des Nation­al­sozial­is­mus gehört, die jüdis­che Bevölkerung zu vertreiben, zu bestehlen und zu ermor­den. Juden wur­den aus Vere­inen und dem öffentlichen Leben aus­geschlossen, sog­ar das Aus­ruhen auf Park­bänken war ihnen ver­boten. In der „Reich­skristall­nacht“ wur­den Hun­derte Gebet­shäuser, Syn­a­gogen, Woh­nun­gen und Geschäft­lokale von Juden zer­stört. Ohne Unter­schied wur­den in den Konzen­tra­tionslagern Säuglinge umge­bracht, Kinder, Buben, Mäd­chen, Schwan­gere, Müt­ter, Väter, Alte, Kranke. Diese Ver­nich­tungsstrate­gie hat Mil­lio­nen Juden das Leben gekostet. 

Solche Äußerun­gen wie die durch den FPÖ-Obmann sind Wieder­betä­ti­gung pur. Da diese Äußerun­gen nicht in ein­er öffentlichen Rede an ein all­ge­meines Pub­likum, son­dern unter Gle­ich­gesin­nten gefall­en sind, entsprechen sie sein­er tief­sten Überzeu­gung. Jeden Tag, den ein solch­er ein­er solchen Überzeu­gung fähiger Poli­tik­er noch länger seine par­la­men­tarische Vertre­tung der Zweit­en Demokratis­chen Repub­lik heucheln darf, stellt eine Ver­höh­nung des Staates dar, dessen Ver­fas­sung seine poli­tis­chen Repräsen­tan­ten zu vertreten haben. Ein solch­er Repräsen­tant ist untrag­bar. Er sollte die Charak­ter­stärke haben, die ange­blich die Vertreter sein­er Frak­tion kennze­ich­net, und von sich aus das Man­dat eines Repräsen­tan­ten der Repub­lik Öster­re­ich zurück­le­gen, die er nicht zu vertreten gewil­lt ist.

Ger­hard Ruiss
IG Autorin­nen Autoren
Wien 30.1.2012