Der US-Neonazi David Duke wurde in Köln von der Polizei festgenommen, bevor er vor Neonazis eine Ansprache halten konnte und gegen eine Kaution bzw. mit der Auflage, Deutschland unverzüglich zu verlassen, freigelassen. Die Begründung der deutschen Polizei: ein von der Schweiz verhängtes Aufenthaltsverbot, das nach dem Schengen-Vertrag für alle Schengen-Länder gilt. Das österreichische Innenministerium sieht das völlig anders.
Die Recherchen österreichischer Medien bringen merkwürdige Rechtsauslegungen des Innenministeriums (BM.I) zu Tage. David Duke, der von den deutschen Behörden des Landes verwiesen wurde und sofort wieder seinen Wohnsitz in Zell/See aufsuchte, habe zwar durch die Schweiz (ein Schengen-Land) ein gültiges Aufenthaltsverbot ausgesprochen bekommen, aber, so das BM.I, Duke habe auch zwei gültige Aufenthaltstitel durch Italien und Malta, und die würden das Aufenthaltsverbot der Schweiz unwirksam machen.
Merkwürdig! Das BM.I gibt auf seiner Website völlig andere Rechtsauskünfte: „Nach den Schengen-Verträgen zulässige Behördenentscheidungen, die einer Person die Einreise verwehren, wirken damit praktisch für den gesamten Schengen-Raum.“
Aber wer kann sich schon auf das BM.I verlassen? Höchstens David Duke! Alle unsere Erkundigungen ergeben, dass eine Bestimmung, wonach ein oder zwei Aufenthaltstitel ein Aufenthaltsverbot eines Schengen-Mitgliedslandes wirkungslos machen würden, nicht bekannt ist. Dann aber finden wir Folgendes:
Abgesehen davon räumt das Schengener Durchführungsübereinkommen den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, Drittausländern trotz eines bestehenden Aufenthaltsverbots eines anderen Mitgliedstaats ein Visum oder einen Aufenthaltstitel zu erteilen, die dann allerdings auch nur für den ausstellenden Mitgliedstaat gelten. Österreich hat aber beispielsweise von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht und dürfte mit dieser restriktiven Haltung in Schengenland kaum alleine sein.
Also: Es gibt solche Ausnahmen, die das BM.I auf seiner Homepage nicht erwähnt , von denen Österreich auch nicht Gebrauch gemacht hat, die für Österreich auch nicht gelten, aber die im Fall Duke sehr wohl beansprucht werden? Wo sind wir denn? Offensichtlich in einem Land, in dem sich Rechtsextremisten und Neonazis bequem vor den „bösartigen“ Nachstellungen anderer EU-Länder ausrasten können, selbst wenn sie hier nicht aufenthaltsberechtigt sind.
Das BM.I und der Verfassungsschutz haben sich jedenfalls noch eine feine Ausrede einfallen lassen: David Duke, der auf vielen internationalen Treffen von Rechtsextremen und Neonazis präsent ist, werde zwar vom Verfassungsschutz nicht beobachtet, so Peter Gridling, Chef des BVT, aber: „In dem Moment, wo ihm eine nationalsozialistische Wiederbetätigung nachgewiesen werden kann, werden auch wir hier einschreiten.“ Halten wir also fest: Duke hält sich zwar (unberechtigt) in Österreich auf, wird vom Verfassungsschutz nicht beobachtet, aber wenn er sich entgegen dem Verbotsgesetz wiederbetätigt, trotzdem verfolgt.
Die Argumentation des BM.I bzw. Verfassungsschutzes zu einer möglichen Wiederbetätigung von Duke ist bizarr, folgt aber der von BVT-Chef Gridling vorgegebenen mutigen Behauptung: Duke wird in Österreich keine Straftaten begehen. Was aber ist es, wenn David Duke von seinem beschaulichen Refugium in Zell /See seine diversen Internet-Seiten mit Mails, Postings und Video-Botschaften füttert? NS-Wiederbetätigung? Verhetzung? Da der Verfassungsschutz Duke in Zell/See nicht beobachtet und auch nicht annimmt, dass er von Österreich aus Straftaten begeht, sollen wir das auch nicht erfahren. Genau das wollen wir aber wissen!
↳ David Dukes Probleme mit Schengen
↳ Unser Duke-Dossier aus 2009
↳ salzburg.com — Ex-Chef des Ku-Klux-Klans lebt in Salzburg
↳ kurier.at — Duke: Vom Ku-Klux-Klan nach Zell am See
↳ derstandard.at — David Duke. Salzburg-Tourist mit radikalen Ansichten