Die beiden bei Eisenach aufgefundenen Toten, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, sollen sich nach Angaben der Polizei selbst erschossen haben. Zuvor, das scheint gesichert, hatten sie am 4.11. um 9h30 eine Bank in Eisenach überfallen. Der Überfall wurde sehr brutal ausgeführt, ein Bankangestellter zusammengeschlagen, weil die Beute (70.000 Euro) den Räubern zu niedrig war. Wenige Stunden nach dem Überfall findet die Polizei in einem brennenden Wohnmobil in Eisenach nicht nur die toten Bankräuber, sondern auch die Dienstwaffen einer 2007 in Heilbronn ermordeten Polizistin und ihres damals lebensgefährlich verletzten Kollegen. Kurz danach explodieren Teile eines Wohnhauses in Zwickau.
Die beiden Bankräuber haben dort mit der 36 Jahre alten Beate Zschäpe (alias Susann Dienelt alias Mandy Struck) zusammengelebt. Zschäpe hatte vor der Explosion noch ihre Katzen bei einer Nachbarin deponiert und war dann verschwunden. Die zur Fahndung ausgeschriebene Zschäpe stellt sich am 8. November der Polizei in Jena.
Banküberfall der Neonazis
Mittlerweile hat die Polizei herausgefunden, dass ein weiterer brutaler Bankraub in Arnstädt im September von den gleichen Neonazis verübt wurde. Über die Videos findet die Polizei heraus, dass möglicherweise noch ein weiteres Dutzend Banküberfälle in den letzten Jahren auf das Konto der Neonazis geht. Zschäpe ist jetzt zwar in U‑Haft, spricht aber nicht über Tat und Motive.
Die Antifa hat schon ziemlich früh auf die politische Biographie des Mord-Trios aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen, dass die drei im Thüringer Heimatschutz, einer neonazistischen Struktur von „freien Kameradschaften“ in den 90er-Jahren aktiv waren. Der„Thüringer Heimatschutz“ (THS) war von Spitzeln des Thüringer Verfassungsschutzes unterwandert. Tino Brandt, ein gut bezahlter Spitzel, war zeitweise sogar Cheforganisator des militanten THS.
Da stellen sich natürlich die ersten Fragen: Warum können die drei Bombenbauer trotz gezielter Razzia untertauchen? Warum wird 2003 die Fahndung nach den Untergetauchten eingestellt – wegen „Verjährung“? Warum beeilt sich der Verfassungsschutz Thüringen, in aktuellen Presseaussendungen darauf hinzuweisen, dass die drei zu keiner Zeit informelle Mitarbeiter des Verfassungsschutzes Thüringen waren?
Mittlerweile haben jedenfalls Kriminalpolizei und Spurensuche die abgefackelte Wohnung gründlich untersucht und weitere Schusswaffen und neonazistisches Propagandamaterial gefunden. Eine der gefundenen Waffen ist die Verbindung zu einer Mordserie, den sogenannten Döner-Morden.
Das gesprengte Wohnhaus, vermutlich um Beweise zu vernichten Bildquelle: tagesschau.de
Insgesamt neun Männer, acht Türken und ein Grieche, waren zwischen 2000 und 2006 brutal von unbekannten Tätern ermordet worden. Vermutet wurden Familienfehden und ähnliches, aber keine Mordserie von Neonazis. Die ist aber jetzt evident, denn, wie ein Sprecher der Bundesanwaltschaft am 11.11. erklärte, in der verwüsteten Wohnung wurde auch Propagandamaterial, darunter ein Video, das Bezüge zu den Döner-Morden herstellt, gefunden. Der Sprecher nannte eine Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“, die das Video produziert haben soll.
Mittlerweile werden auch Verbindungen zu einem Nagelbomben-Anschlag im Juli 2000 („Wehrhahn“-Anschlag) in Düsseldorf, bei dem eine Gruppe jüdischer Aussiedler schwer verletzt wurde, und zu einem Bombenanschlag in der Kölner Keupstraße, wo 22 Türken die Opfer waren, geprüft.
Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen an sich gezogen und ermittelt wegen des Verdachtes der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Mord, versuchtem Mord und schwerer Brandstiftung: „Gegenstand des Ermittlungsverfahrens ist auch die Verstrickung möglicher weiterer Personen aus rechtsextremistischen Kreisen in die Taten.“
Dass drei als Neonazis bekannte Bombenbauer vor den Augen des Verfassungsschutzes, dessen Spitzel in der Szene aktiv sind, untertauchen und unerkannt 13 Jahre mordend und plündernd durch Deutschland ziehen können, ist nicht nur ein politischer Skandal der Sonderklasse, sondern wird noch einige gute Ermittlungsarbeit benötigen. Denn dass die drei diese Mordserie allein, ohne Unterstützung und ohne politische Motive ausgeführt haben, das glaubt nicht einmal die Bundesanwaltschaft.