Johann Neumüller ist der vierte Mordverdächtige innerhalb von zwei Jahren, der in einer oberösterreichischen Strafanstalt Selbstmord begangen hat. Aber das ist eine andere Geschichte. Neumüller hat am 22.Juli kurz vor 22 Uhr ohne Vorwarnung auf eine rumänische Familie geschossen. Die Familie besuchte Verwandte in dem Mehrparteienhaus, in dem auch Neumüller lebte. Als sich die Familie auf den Heimweg machte, feuerte Neumüller mit seinem Kleinkalibergewehr los. Der 65-jährige Alecsandr H. starb noch am Tatort, seine Frau Olga (63) und der Sohn Adrian (37) wurden durch die Schüsse schwer verletzt. Adrian konnte zwar dem Täter die Waffe entreißen und zu seinem Auto flüchten, der Täter verfolgte ihn aber und rammte ihm noch ein Messer in den Bauch. Danach ließ er sich widerstandslos festnehmen, berichteten die Medien damals.
Zu seinem Vermieter sagte Neumüller nach seiner Festnahme noch: „Entschuldigen Sie, das habe ich machen müssen.“ (Kurier, 24.7.2011) Die öffentliche Suche nach Motiven für die Bluttat war im Juli sehr kurz. Obwohl er bei der Tat nicht alkoholisiert war, wurden Alkohol, Beziehungsprobleme und Depressionen als Auslöser der Tat vermutet. Auch ein fünf Jahre zurückliegender Streit wurde als Motiv vermutet.
Jetzt, nach dem Suizid von Neumüller, gibt es andere Fakten: „Es war ein ausschließlich extrem fremdenfeindliches Motiv. Es ging nicht um irgendeinen Streit um ein Moped“, erzählten Mitarbeiter der Kriminalpolizei den OÖN (28.10.2011). Neumüller wollte Österreich „von Ausländern befreien“ und hatte sich dafür mit dem Kleinkalibergewehr, acht Reservemagazinen und einem Messer gerüstet. Der Plan scheiterte, so die Kripo, an der ineffizienten Bewaffnung: „Unsere Recherchen haben ergeben, dass der Mann weit mehr Menschen töten wollte, als er dann tatsächlich geschafft hat.“
Neumüller hatte für seine Mordopfer auch schon selbst beschriebene Schilder mit der Aufschrift, „Ich kann nicht mehr Autos stehlen oder einbrechen!“, vorbereitet. In der Untersuchungshaft hoffte er, „dass ihn aufrechte Österreicher aus dem Gefängnis in Linz mit Waffengewalt befreien werden, weil er quasi der Retter des Landes vor den Ausländern ist“, zitieren die OÖN die Kriminalisten.
Neumüller, der vor Jahren als Berufssoldat im Rahmen der KFOR tätig war, war offensichtlich in den letzten Jahren nur mehr als Gelegenheitsarbeiter tätig. Seine Zurechnungsfähigkeit sollte durch ein Gutachten geklärt werden, doch Neumüller erhängte sich noch vor Abschluss der Untersuchung mit einem Gürtel. Entgegen ersten Meldungen, wonach der mutmaßliche Mörder einen Abschiedsbrief hinterlassen haben soll, gibt es „nur“ Dutzende Schreiben mit ausländerfeindlichen „und anderen wirren Inhalten“ (OÖN, 29.10.2011). Neumüller hatte auch gehofft, dass sich durch seine Tat „viele gleichgesinnte Österreicher gegen die Ausländer im Land erheben werden“ (OÖN, 29.10.2011).
Nach Aussagen der Kripo wusste Neumüller bei seinen ersten Einvernahmen nicht, dass wenige Stunden vor ihm Anders Behring Breivik in Oslo 77 Menschen ermordet hatte: Es „war bloß ein zeitlicher Zufall“ (OÖN, 28.10.2011). Die Parallelen sind erschreckend. Der gleiche Tag, das gleiche Motiv, die gleiche Hoffnung auf Nachahmer. Die Unterschiede? Neumüller hatte eine für seine Mordpläne „ineffiziente Bewaffnung“ – ein Kleinkalibergewehr. Und: Der Attentäter hatte im Windschatten von Breivik geschossen. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit richtete sich auf Breivik, das Attentat von Traun wurde unter der Rubrik Nachbarschaftstreit mit tödlichem Ausgang abgelegt.
Die Neonazis haben das Trauner Attentat und den Täter jedenfalls mit Sympathie registriert und stammeln in einem einschlägigen Forum:
„Der Täter ist ein Österreicher, aber durchaus nachvollziehbar, weil wenn einer von euch schon einmal in Traun gewesen ist, versteht er, dass kein Österreicher dort gerne wohnen möchte, weil sich Ausländer, ausländische Geschäfte und Kriminalität dort eingenistet haben. Als Österreicher bist du dort in der Minderheit.
Immer mehr Österreicher wachen aus ihrem Tiefschalf (!)auf und wehren sich (!) der Unterwanderung!“
„Der Breivik aus Traun“ (Teil 2)
Quellen: OÖN, 28.10.2011. OÖN, 29.10.2011, OÖN: Amokschütze aus Fremdenhass hinterließ keinen Abschiedsbrief