Lesezeit: 3 Minuten

FPÖ Burgenland: Ein flotter Ausschluss

Auf Sei­ten von FPÖ-Spi­t­­zen­­fun­k­­tio­­nä­­ren darf bis­wei­len anti­se­mi­tisch und ras­sis­tisch geraunt und gehetzt wer­den, bei Stra­che auf Face­book wer­den Miss­lie­bi­ge, vor­zugs­wei­se Migran­tIn­nen, von Pos­tern nach Maut­hau­sen gewünscht oder an den Gal­gen, an die Wand usw. … „Drecks­ge­s­in­del“, „Drecks­pack” und „Bal­kan­af­fen“ – nor­ma­ler Umgangs­ton auf frei­heit­li­chen Sei­ten! Aber wehe, wenn jemand per­sön­lich belei­digt wird oder eine ver­steck­te Kri­tik an Parteifürsten […]

12. Sep 2011

„Drecks­ge­s­in­del“, „Drecks­pack” und „Bal­kan­af­fen“ – nor­ma­ler Umgangs­ton auf frei­heit­li­chen Sei­ten! Aber wehe, wenn jemand per­sön­lich belei­digt wird oder eine ver­steck­te Kri­tik an Par­tei­fürs­ten geäu­ßert wird – dann gibt’s Par­tei­aus­schluss, ruckzuck!

Die Umstän­de sind bemer­kens­wert. „unzen­su­riert”, der Blog von Mar­tin Graf und sei­nen Jün­gern, berich­tet am 3.6.2011 über die Gedenk­ta­fel für den kom­mu­nis­ti­schen Dik­ta­tor Josef Sta­lin in der Schön­brun­ner Schloss­stra­ße. Nor­bert Hofer, Stell­ver­tre­ter von Stra­che und Abge­ord­ne­ter, über­nimmt den Bericht für sein Face­book-Kon­to und lässt eine Tira­de auf den Wie­ner Bür­ger­meis­ter Häupl los. Es ent­spinnt sich eine hef­ti­ge Dis­kus­si­on. Wäh­rend die einen den Vor­schlag, die Gedenk­ta­fel zu ent­fer­nen, unter­stüt­zen, fin­det Erna W. (Name geän­dert), dass es wich­ti­ge­re The­men gibt: „so leicht wie du hät­te ich mir mein geld auch ger­ne ver­dient“ – ein Angriff auf Nor­bert Hofer, den stell­ver­tre­ten­den FPÖ-Chef.

Die Pos­te­rin A.H. eilt Hofer zu Hil­fe und ver­steigt sich etwas in ihrer Argu­men­ta­ti­on. Dar­auf­hin erhält sie von Erna W. (Name geän­dert) ein def­ti­ges Pos­ting: „du arme ver­wech­selst ja äpfel mit bir­nen, du dep­per­te, da müss­te man das rus­sen­denk­mal am schwar­zen­berg­platz auch nie­der­rei­ßen, du hast einen ordent­li­chen pascher.“

So schnell kann’s gehen! Schon am Mon­tag, 6.6., also übers Wochen­en­de, beschließt der Lan­des­par­tei­vor­stand der FPÖ Bur­gen­land den Aus­schluss von Erna W.. Aus der Begründung:

Frau A.H. wur­de von Dir mehr­mals per­sön­lich und für unzäh­li­ge Drit­te wahr­nehm­bar – das liegt in der Natur der Inter­net­platt­form „Face­book“ – belei­digt. Unge­ach­tet einer mög­li­chen straf- oder zivil­recht­li­chen Rele­vanz Dei­ner Aus­sa­gen aus Sicht der Frau H. sind die­se Aus­sa­gen jeden­falls geeig­net, das Anse­hen der Par­tei zu schädigen.

Die­se Begrün­dung ist inter­es­sant, aber auch verwegen:

  • Wenn auf Stra­ches Face­book-Kon­to gehetzt wird, pas­siert in der Regel nichts bzw. erst dann, wenn die Hass-Pos­tings in der Öffent­lich­keit jen­seits von Face­book bekannt wer­den. Bes­ten­falls wer­den die Pos­tings gelöscht und die Pos­ter gesperrt. Von Par­tei­aus­schluss­ver­fah­ren oder Nach­for­schun­gen bei Pos­tern, die zum Erschie­ßen, erträn­ken, Erhän­gen usw. auf­for­dern, ist uns jeden­falls nichts bekannt.
  • Die FPÖ erklärt unge­fragt allen, dass „jeder (….) ein Deck-Tarn- oder Fake­pro­fil anle­gen“ kann, dass man also nicht sicher sein kön­ne, ob nicht „lin­ke Pro­vo­ka­teu­re“ sol­che Pos­tings „abson­dern“, um so die armen Frei­heit­li­chen zu dis­kre­di­tie­ren. In die­sem Fall aber gab es kei­ne Nach­fra­ge, ob nicht even­tu­ell eine „lin­ke Pro­vo­ka­teu­rin“ hin­ter den Pos­tings ste­hen könnte.
  • Die Schä­di­gung des „Anse­hens der Par­tei“ erfolg­te in die­sem Fall wohl weni­ger durch eine der­be For­mu­lie­rung, son­dern durch die leich­te Kri­tik am Stell­ver­tre­ter Stra­ches auf Erden, Nor­bert Hofer („so leicht wie du hät­te ich mir mein geld auch ger­ne ver­dient“). Mehr braucht’s offen­sicht­lich nicht bei den Freihetlichen!

Wir fas­sen zusam­men: Wenn Nor­bert Hofer einer Nazi-Zei­tung ein Inter­view gibt, wenn auf Stra­ches Face­book-Kon­to Hass-Pos­tings erschei­nen, wenn FPÖ-Funk­tio­nä­re oder ‑Orts­grup­pen Kon­tak­te mit Neo­na­zis, Holo­caust-Leug­nern usw. haben, dann ist das Anse­hen der Par­tei nicht geschä­digt, son­dern es sind höchs­tens „lin­ke Pro­vo­ka­teu­re“ und „Dau­er­schnüff­ler“ dafür ver­ant­wort­lich. Wenn aber der Begriff „Pascher“ in einem Pos­ting ver­wen­det wird und ein FPÖ-Fürst kri­ti­sie­ret wird, dann ist Schluss mit lus­tig. Aufschlussreich!