„Drecksgesindel“, „Dreckspack” und „Balkanaffen“ – normaler Umgangston auf freiheitlichen Seiten! Aber wehe, wenn jemand persönlich beleidigt wird oder eine versteckte Kritik an Parteifürsten geäußert wird – dann gibt’s Parteiausschluss, ruckzuck!
Die Umstände sind bemerkenswert. „unzensuriert”, der Blog von Martin Graf und seinen Jüngern, berichtet am 3.6.2011 über die Gedenktafel für den kommunistischen Diktator Josef Stalin in der Schönbrunner Schlossstraße. Norbert Hofer, Stellvertreter von Strache und Abgeordneter, übernimmt den Bericht für sein Facebook-Konto und lässt eine Tirade auf den Wiener Bürgermeister Häupl los. Es entspinnt sich eine heftige Diskussion. Während die einen den Vorschlag, die Gedenktafel zu entfernen, unterstützen, findet Erna W. (Name geändert), dass es wichtigere Themen gibt: „so leicht wie du hätte ich mir mein geld auch gerne verdient“ – ein Angriff auf Norbert Hofer, den stellvertretenden FPÖ-Chef.
Die Posterin A.H. eilt Hofer zu Hilfe und versteigt sich etwas in ihrer Argumentation. Daraufhin erhält sie von Erna W. (Name geändert) ein deftiges Posting: „du arme verwechselst ja äpfel mit birnen, du depperte, da müsste man das russendenkmal am schwarzenbergplatz auch niederreißen, du hast einen ordentlichen pascher.“
So schnell kann’s gehen! Schon am Montag, 6.6., also übers Wochenende, beschließt der Landesparteivorstand der FPÖ Burgenland den Ausschluss von Erna W.. Aus der Begründung:
Frau A.H. wurde von Dir mehrmals persönlich und für unzählige Dritte wahrnehmbar – das liegt in der Natur der Internetplattform „Facebook“ – beleidigt. Ungeachtet einer möglichen straf- oder zivilrechtlichen Relevanz Deiner Aussagen aus Sicht der Frau H. sind diese Aussagen jedenfalls geeignet, das Ansehen der Partei zu schädigen.
Diese Begründung ist interessant, aber auch verwegen:
- Wenn auf Straches Facebook-Konto gehetzt wird, passiert in der Regel nichts bzw. erst dann, wenn die Hass-Postings in der Öffentlichkeit jenseits von Facebook bekannt werden. Bestenfalls werden die Postings gelöscht und die Poster gesperrt. Von Parteiausschlussverfahren oder Nachforschungen bei Postern, die zum Erschießen, ertränken, Erhängen usw. auffordern, ist uns jedenfalls nichts bekannt.
- Die FPÖ erklärt ungefragt allen, dass „jeder (….) ein Deck-Tarn- oder Fakeprofil anlegen“ kann, dass man also nicht sicher sein könne, ob nicht „linke Provokateure“ solche Postings „absondern“, um so die armen Freiheitlichen zu diskreditieren. In diesem Fall aber gab es keine Nachfrage, ob nicht eventuell eine „linke Provokateurin“ hinter den Postings stehen könnte.
- Die Schädigung des „Ansehens der Partei“ erfolgte in diesem Fall wohl weniger durch eine derbe Formulierung, sondern durch die leichte Kritik am Stellvertreter Straches auf Erden, Norbert Hofer („so leicht wie du hätte ich mir mein geld auch gerne verdient“). Mehr braucht’s offensichtlich nicht bei den Freihetlichen!
Wir fassen zusammen: Wenn Norbert Hofer einer Nazi-Zeitung ein Interview gibt, wenn auf Straches Facebook-Konto Hass-Postings erscheinen, wenn FPÖ-Funktionäre oder ‑Ortsgruppen Kontakte mit Neonazis, Holocaust-Leugnern usw. haben, dann ist das Ansehen der Partei nicht geschädigt, sondern es sind höchstens „linke Provokateure“ und „Dauerschnüffler“ dafür verantwortlich. Wenn aber der Begriff „Pascher“ in einem Posting verwendet wird und ein FPÖ-Fürst kritisieret wird, dann ist Schluss mit lustig. Aufschlussreich!