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Die wirre Welt der Wehleidigkeit von Heinz-Christian Strache

Wider­stand gegen Natio­nal­so­zia­lis­mus unter rot-weiß-rotem Ban­ner scheint in der wir­ren Welt des Heinz-Chris­­ti­an Stra­che gleich­be­deu­tend mit Mord zu sein. Zu die­sem Schluss muss mensch ange­sichts einer weh­lei­di­gen Reak­ti­on des FPÖ-Füh­­rers auf einen offe­nen Brief des Poli­tik­wis­sen­schaf­ters Peter Filz­mai­er kom­men. Filz­mai­er hat­te Stra­che aus Anlass des vor­läu­fi­gen Par­tei­aus­schlus­ses von Wer­ner Königs­ho­fer in einem offe­nen Brief gefragt, […]

3. Aug 2011

Filz­mai­er hat­te Stra­che aus Anlass des vor­läu­fi­gen Par­tei­aus­schlus­ses von Wer­ner Königs­ho­fer in einem offe­nen Brief gefragt, „war­um (…) die Tren­nung von Königs­ho­fer so spät [erfolg­te], nach­dem er seit lan­ger Zeit ‚poli­tisch ver­hal­tens­auf­fäl­lig’ und im poli­zei­li­chen Sinn amts­be­kannt war, weil er real und im Inter­net ein Nahe­ver­hält­nis zu Akteu­ren pfleg­te, die rechts vom rech­ten Rand stehen?”

Damit nicht genug: „Garan­tie­ren Sie, dass in ver­gleich­ba­ren Fäl­len stets gleich — also mit einem kon­se­quen­ten Par­tei­aus­schluss — reagiert wird? Wenn ja, wis­sen Sie, dass in Ihren Rei­hen mit Susan­ne Win­ter eine rechts­kräf­tig wegen Ver­het­zung und Her­ab­wür­di­gung reli­giö­ser Leh­ren ver­ur­teil­te Natio­nal­rä­tin sitzt?“

Stra­che reagier­te via Pres­se­aus­sendung weh­lei­dig und warf Filz­mai­er vor, die FPÖ „objek­tiv anpat­zen“ zu wol­len: „Die FPÖ [ist] die ein­zi­ge Par­tei in Öster­reich (…), die auf der­ar­ti­ge Fäl­le wie den des Wer­ner Königs­ho­fer rasch und ein­deu­tig reagiert.“ Schließ­lich hät­te etwa die ÖVP den Abge­ord­ne­ten Groß­ruck für sei­nen deplat­zier­ten Reim­spruch zu Domi­nik Strauss-Kahn eben­so wenig aus­ge­schlos­sen wie die SPÖ Karl Blecha (der 1993 zu einer – längst getilg­ten – beding­ten Haft­stra­fe ver­ur­teilt wor­den war).

Weil ein ver­patz­ter und ungus­tiö­ser Reim oder eine längst getilg­te Ver­ur­tei­lung den Königs­ho­fer tref­fen­den Ver­dacht der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Wie­der­be­tä­ti­gung, der Ver­het­zung und der Rela­ti­vie­rung des Mas­sen­mords von Nor­we­gen irgend­wie nicht so rich­tig auf­wiegt, flüch­te­te sich Stra­che in eine wei­te­re wir­re Anschul­di­gung: Der Grü­ne Abge­ord­ne­te Harald Wal­ser hät­te „Mor­de der Tito-Par­ti­sa­nen als Groß­tat für Öster­reich gerecht­fer­tigt“. Wal­ser hat­te in der Natio­nal­rats­sit­zung vom 16. Juni 2011 näm­lich fest­ge­stellt, dass es „in der Zeit von 1938 bis 1945 (…) kei­ne kämp­fen­den Ein­hei­ten [gab], die das Rot-Weiß-Rot auf ihrer Brust tru­gen, außer fünf Batail­lo­ne in der jugo­sla­wi­schen Partisanenarmee.“

Empör­te Zwi­schen­ru­fe von Abge­ord­ne­ten des BZÖ und der FPÖ waren die Fol­ge. Der FPÖ-Abge­ord­ne­te Rosen­kranz etwa ließ sich zur Aus­sa­ge hin­rei­ßen, dass „selbst die Befrei­ung Öster­reichs, (…) nicht Mas­sen­mord [recht­fer­tigt]“. Und sein Par­tei­kol­le­ge Hüb­ner assis­tier­te: „Es gibt eine ein­zi­ge Grup­pe, die nicht bereit ist, sich von Gräu­el­ta­ten, von Gewalt, von Mas­sen­mor­den zu distan­zie­ren und die­se klar zu ver­ur­tei­len – und das ist die Frak­ti­on der Grünen!“

Ein inter­es­san­ter Befund ange­sichts der Tat­sa­che, dass Wal­ser unmit­tel­bar vor sei­nem Ver­weis auf die jugo­sla­wi­schen Par­ti­sa­nen zur Per­son des Mar­schall Tito durch­aus selbst­kri­tisch und reflek­tie­rend gemeint hat­te: „Da sind Ver­bre­chen pas­siert, und gera­de in mei­ner Zunft der His­to­ri­ker, zu der ich mich zäh­le, hat es sehr wohl auch, und das gera­de bei kri­ti­schen His­to­ri­kern, eine gewis­se Mys­ti­fi­zie­rung die­ses Mar­schalls gege­ben.“ Gut mög­lich, dass Abge­ord­ne­te der FPÖ intel­lek­tu­ell nicht imstan­de sind, der­ar­ti­ge Wor­te zu begrei­fen. Schließ­lich kommt der Selbst­re­fle­xi­on und der Selbst­kri­tik in der FPÖ kein beson­ders hoher Stel­len­wert zu.

Apro­pos Refle­xi­on: Nicht ein­mal zwei Stun­den nach der wir­ren Strache-„Antwort“ auf Filz­mai­er rat­ter­te die Mel­dung von der Ver­ur­tei­lung des Frei­heit­li­chen Spit­zen­funk­tio­närs Uwe Scheuch über die APA-Lei­tun­gen. Auch in die­sem Fall hat die FPÖ „rasch und ein­deu­tig reagiert“: „Eine der­ar­ti­ge Gesin­nungs­jus­tiz darf man sich nicht gefal­len las­sen”, so Stra­che. Der wegen Geschenk­an­nah­me als Amts­trä­ger in ers­ter Instanz zu 18 Mona­ten Haft, davon sechs Mona­ten unbe­dingt, ver­ur­teil­te Frei­heit­li­che tritt selbst­ver­ständ­lich nicht zurück. Stra­che „fin­det es“ näm­lich „äußerst bedenk­lich (…), dass die Sys­tem­par­tei­en der­art gegen die unlieb­sa­me Oppo­si­ti­on zu Fel­de ziehen.“

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