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Lienz: Neonazi und Opfer verurteilt

Das Urteil des Bezirks­ge­richts Lienz zur Prü­gel­at­ta­cke des Neo­na­zi und sei­ner Freun­din liegt vor: Alle drei Ange­klag­ten wur­den ver­ur­teilt. Das Urteil ist unver­ständ­lich, bedeu­tet es doch im Klar­text, dass Gegen­wehr zu einer Ver­ur­tei­lung füh­ren kann. Anfang Febru­ar 2011 beschimpf­te in einem Lien­zer Lokal die Beglei­te­rin eines amts­be­kann­ten und mehr­fach wegen Kör­per­ver­let­zung und Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ur­teil­ten Neo­na­zi einen […]

1. Jun 2011

Anfang Febru­ar 2011 beschimpf­te in einem Lien­zer Lokal die Beglei­te­rin eines amts­be­kann­ten und mehr­fach wegen Kör­per­ver­let­zung und Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ur­teil­ten Neo­na­zi einen jun­gen Ost­ti­ro­ler mit den Wor­ten: „Scheiß Neger, hör auf, unse­re öster­rei­chi­schen Frau­en zu ver­füh­ren” und schüt­te­te ihm ihr Bier­glas ins Gesicht. Der Neo­na­zi stürz­te sich anschlie­ßend auf den jun­gen Ost­ti­ro­ler und schlug ihn zu Boden. Das Gericht sieht es als erwie­sen an, dass die Beglei­te­rin dem Afro-Öster­rei­cher auch Fuß­trit­te ver­setz­te, als die­ser am Boden lag. Dem jun­gen Ost­ti­ro­ler gelang es aller­dings, den schlä­gern­den Neo­na­zi sei­ner­seits zu Boden zu rin­gen. Der auf dem Boden lie­gen­de und mit Arm­sper­re fixier­te Neo­na­zi trat aber wei­ter mit den Füßen, wor­auf er offen­sicht­lich einen Schlag erhielt. Und der soll nicht gerecht­fer­tigt sein? Zitat aus der „Tiro­ler Tages­zei­tung“ zum Rich­ter­spruch: „Die­ser sei zwar in einem Nacht­lo­kal unschul­dig ange­grif­fen wor­den, habe aber bei sei­nen Abwehr­hand­lun­gen min­des­tens ‚einen beding­ten Ver­let­zungs­vor­satz’ gegen­über sei­nem Kon­tra­hen­ten gehabt und die­sen im Gesicht ver­letzt.“ (Tiro­ler Tages­zei­tung, 1.6.2011).

Das Resul­tat die­ser rich­ter­li­chen Ein­schät­zung: Der unschul­dig Ange­grif­fe­ne wird zu einer Geld­stra­fe von 320 Euro ver­ur­teilt, die Hälf­te davon bedingt auf drei Jah­re. Die Beglei­te­rin des Neo­na­zi, die frü­her schon wegen Gefähr­dung der kör­per­li­chen Sicher­heit ver­ur­teilt wor­den war, fass­te mil­de 720 Euro aus. Der Neo­na­zi, des­sen Straf­re­gis­ter hef­tig ist, erhielt sechs Mona­te Frei­heits­stra­fe unbe­dingt. Der Rich­ter ver­such­te sich in der Motiv­for­schung: „Wie­weit bei Ihnen eine inne­re Umkehr statt­ge­fun­den hat, ver­mag ich nicht zu beur­tei­len.“ (Tiro­ler Tageszeitung,1.6.2011) Alle drei Ange­klag­ten erba­ten sich Bedenkzeit.

Ein Blick in die alten Akten oder auf „Stoppt die Rech­ten” hät­te genügt, um erken­nen zu kön­nen, dass der Neo­na­zi immer dann zuge­schla­gen hat, wenn ihm die Haut­far­be ande­rer zu dun­kel erschie­nen ist. Der Rich­ter hat damit zwar in sei­ner Urteils­be­grün­dung den Tat­ab­lauf, wie ihn das Opfer geschil­dert hat, als plau­si­bel gewür­digt, das Opfer aber trotz­dem ver­ur­teilt. Dem­nach muss man sich nicht nur ras­sis­tisch beschimp­fen, mit Bier anschüt­ten und nie­der­schla­gen las­sen, son­dern auch noch still­hal­ten dabei.