Ab März 2009 waren die Website alpen-donau.info und das geheime Forum der Nazis (alinfodo.com) online. Zwei lange Jahre, in denen es rund 200 Anzeigen und Sachverhaltsdarstellungen gegen die Betreiber gegeben hat.
Und was ist passiert? Kriminalisiert wurden zunächst einmal Gegner von alpen-donau. Vier Monate nach Eröffnung der Nazi-Homepage wurden nach einer Anzeige der FPÖ blitzartig Ermittlungen durch die Polizei gegen den Kriminalbeamten Uwe Sailer und mich aufgenommen. Ebenso blitzartig hat sich das Parlament entschlossen, einen Untersuchungsausschuss einzurichten, der die Vorwürfe der FPÖ gegen Sailer und mich untersuchen sollte. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Sailer und mich wurden vor kurzem eingestellt, der Untersuchungsausschuss brachte einige für die FPÖ unangenehme Ergebnisse. Sailer wurde 2009 vom Dienst suspendiert und mit einem Disziplinarverfahren bedacht.
Die Neonazis um alpen-donau haben in diesen langen zwei Jahren nicht nur allgemeine Hetze und Wiederbetätigung betrieben, sondern etliche Personen auch konkret bedroht: „Wir werden herausfinden wo du wohnst, und dann [wird] es dir leid tun was du getan hast.” Einem jungen Familienvater, der engagiert einen Blog gegen alpen-donau betrieb, wurde das Bild seiner Tochter mit einer Drohung geschickt. Einem anderen ein Stück Strick. Dutzende Personen wurden auf der Homepage von alpen-donau mit Foto und Adresse vorgeführt, bei etlichen zu einem Hausbesuch ermuntert.
Zwei Jahre lang erklärte der Verfassungsschutz gebetsmühlenartig, dass der Server von alpen-donau in den USA liege und man daher keinen Zugang zu den Daten der Betreiber habe. Im Sommer 2010 brachte ich gemeinsam mit meinen grünen KollegInnen eine umfangreiche parlamentarische Anfrage zu alpen-donau ein. Wir sind beunruhigt, weil wir wissen, dass der Vater eines von uns im Dunstkreis von alpen-donau georteten Rechtsextremen beim Bundesamt für Verfassungsschutz tätig ist. Wir nennen den Namen des Sohnes gemeinsam mit den von anderen Verdächtigen in der Anfrage – ein Fingerzeig an die Behörden! Gottfried Küssel rangiert in unserer Anfrage allerdings an erster Stelle. Und was passiert? Im Herbst wird der betroffene Beamte klammheimlich von der Observationsabteilung des BVT abgezogen und versetzt.
Kurz darauf, Ende Oktober 2010, nach eineinhalb Jahren (!) Nazi-Propaganda, finden dann erstmals Hausdurchsuchungen statt: 18, hieß es damals – und nicht 13, wie die Staatsanwaltschaft heute schreibt. Aber wir wollen nicht kleinlich sein! Was wir aber nicht so schnell vergessen: dass bei Gottfried Küssel eine Hausdurchsuchung einen Tag vor den anderen stattfand und der Öffentlichkeit nachher erklärt wurde, die Küssel-Razzia habe unabhängig von den anderen stattgefunden und Küssel werde nicht wegen alpen-donau verdächtigt. Guten Morgen, Exekutive! Wer trägt denn für diese wunderbar koordinierte Aktion Verantwortung?
Zur gleichen Zeit wie die Hausdurchsuchungen bei alpen-donau finden in der BRD ebenfalls 18 Hausdurchsuchungen gegen die Betreiber des Nazi-Internet-Radios „Widerstand-Radio“ (WR) statt. Die Betreiber wurden festgenommen und am 11.4.2011, also zum Zeitpunkt der neuerlichen alpen-donau-Razzia, verurteilt. Die Übereinstimmungen sind ebenso frappierend wie die Unterschiede. Ein Jahr haben die Behörden in der BRD gegen das Nazi-Radio, das ebenfalls über einen US-Server (möglicherweise über den gleichen wie alpen-donau) lief, ermittelt, dann haben sie gehandelt: Die Täter sind bereits verurteilt. Dauer vom Beginn der Ermittlungen bis zum Urteil: eineinhalb Jahre.
In Österreich gibt es nach zwei Jahren, vielen Drohungen und noch mehr Hetze durch alpen-donau die ersten zwei Festnahmen. Und was erklärt uns die Staatsanwaltschaft? „Aus kriminaltaktischen Gründen konnte es daher gerade nicht im Interesse der Ermittlungsbehörden liegen, eine wie von der Öffentlichkeit immer wieder geforderte Sperre der Seite zu verfügen.“ [Hervorhebungen SdR] Die Staatsanwaltschaft Wien sagt uns damit durch die Blume, sie hätte gerne alpen-donau noch ein wenig länger online gesehen. Wie viele Jahre braucht es, bis die Ermittlungsbehörden in Österreich genügend Erkenntnisse über die Betreiber einer Nazi-Seite haben? Drei Jahre, vier Jahre? Und wie erklärt das die Staatsanwaltschaft den Bedrohten? Verhaltet Euch ruhig – in einem Jahr sind wir so weit!?
Was die Staatsanwaltschaft (und nicht nur sie!) offensichtlich nicht wahrhaben will: Erst der öffentliche Druck, die immer deutlicher werdenden Forderungen nach Ermittlungsergebnissen und – ja! — auch die Arbeit von „Stoppt die Rechten“ (und vielen anderen) haben dazu geführt, dass etwas weitergeht – hoffentlich!
Karl Öllinger, Abg. z.NR