Grazer Nazi-Schläger (II):“Kommt’s Burschen, wir hauen ab!“

Am 23. Juni wurde im Rah­men eines Pub­lic-View­ing am Karmeliter­platz in Graz das Fußball-WM-Spiel Deutsch­land gegen Ghana über­tra­gen. Mehrere tausend Zuschauer hat­ten sich vor der Großlein­wand ver­sam­melt, darunter auch Wern­er Kogler, grün­er Abge­ord­neter und damals Spitzenkan­di­dat für die steirischen Land­tag­wahlen. Deutsch­land-Spiele ziehen aber auch eine andere Spezies von Besuch­ern an: Neon­azis und recht­sex­treme Hooli­gans. Am Karmeliter­platz waren jeden­falls anwe­send die bere­its der „Zeppelin“-Schlägerei Tatverdächti­gen Richard P., Christoph G und Christoph S. Zusät­zlich die Fre­undin von Richard P., Christi­na S. und der als Hooli­gan bekan­nte Hans Peter A.. Möglicher­weise war die Gruppe noch größer, jeden­falls fie­len die Neon­azis schon von Beginn an durch ihre Aggres­siv­ität auf und durch den Dress­code: ein­heitlich schwarze T‑Shirts mit einem Deutsch­land-Emblem. Während des Spiels gröl­ten die Neon­azis Parolen wie „SS-SA, die Wehrma­cht ist da“, „SS-SS, es eskaliert“ und „SS-SA, wir sind wieder da“.

Als sich der unbeteiligte Zuschauer XX darüber freute, dass Ghana eine Tor­chance her­aus­ge­spielt hat­te, ver­suchte Christoph G. ihn mit „Weiss­er Neger“, „was ist mit Dir“ zu provozieren. Als XX ihm antwortete, er solle sich beruhi­gen, erhob sich Christoph S. und sagte zu XX: „Ich prü­gle Dich aus dem Are­al.“ Faustschläge und Box­hiebe der Nazis fol­gten, dann ver­suchte der eben­falls in der Nähe ste­hende Wern­er Kogler mit den Worten, „Ich hab genau gese­hen, wer da ange­fan­gen hat“, eine weit­ere Eskala­tion zu ver­hin­dern. Richard P. reagierte mit den Worten, „Scheiße, ein­er von den Grü­nen“, schüt­tete Kogler ein Bier über den Kopf und dirigierte seine Kam­er­aden mit den Worten: „Kommt’s Burschen, wir hauen ab!“ Beim Rück­zug ver­passte Hans Peter A. dem Mitar­beit­er von Wern­er Kogler, YY, einen wuchti­gen Schlag ins Gesicht, wodurch das linke Jochbein und der linke Augen­bo­gen gebrochen wurde. Als der bere­its schw­er Ver­let­zte den Flüch­t­en­den fol­gte, drehte sich Hans Peter A. noch ein­mal um, bedro­hte YY („Den bring ich jet­zt um!“) und ver­set­zte ihm einen weit­eren Faustschlag. Als der geschock­te und blutüber­strömte YY laut um Hil­fe rief, schlug der Hooli­gan Hans Peter A. noch einen weit­eren Unbeteiligten ZZ , wurde aber unmit­tel­bar darauf von diesem und einem Secu­ri­ty-Men­schen bis zum Ein­tr­e­f­fen der Polizei festgehalten.

YY wurde mehrere Tage sta­tionär im Kranken­haus behan­delt und lei­det sei­ther auch an einem Tin­ni­tus. Von den der Tat (Ver­bots­ge­setz, schwere Kör­per­ver­let­zung, gefährliche Dro­hung) Beschuldigten war nur Christoph G. zu ein­er Aus­sage bereit.

Die Staat­san­waltschaft Graz hat eine Anklage gegen die sieben an den Vor­fällen im „Zep­pelin“ beteiligten Nazi-Schläger und gegen die zusät­zlich zwei Verdächti­gen vom Karmeliter­platz, Hans Peter A. und Cristi­na S. einge­bracht: bei allen wegen des Ver­dachts der Ver­brechens nach § 3 g Ver­bots­ge­setz, gegen einige auch wegen des Ver­brechens der absichtlich schw­eren Kör­per­ver­let­zung (§ 87 Abs. 1 StGB) bzw. wegen des Verge­hens der schw­eren Kör­per­ver­let­zung (§§ 83,84 StGB) und zusät­zlich wegen des Verge­hens der gefährlichen Dro­hung (§ 107 StGB) gegen Hans Peter A..

Sechs der Beschuldigten haben beim Lan­des­gericht Graz den Antrag auf Ein­stel­lung der Ver­fahren gestellt. Über den Ein­stel­lungsantrag müsste eigentlich schon entsch­ieden sein. Ein Ter­min für den Geschwore­nen­prozess ist den­noch noch nicht bekannt.

Siehe auch:
Graz 2010: Heil-Rufe der Nazi-Schläger – wann kommt der Prozess?
Graz: Neon­azis stänkern und schlägern – Jochbeinbruch
Neon­azi-Über­griff: Kogler griff ein und dankt heute weit­eren Besuch­ern für Zivilcourage
Woch­enen­dar­beit für steirische Neonazis