Von allen Seiten bedroht und verfolgt: Die Lebenswelt des rechtsextremen Mannes
Neonazismus ist meist männerdominiert. Aber wie definiert sich der rechtsextreme Mann, welche Werte muss er verkörpern und ändert sich das mit der „Modernisierung” der Szene, etwas den „Autonomen Nationalisten”? Eine Analyse der Herausgeber des Sammelbandes „ ‚Was ein rechter Mann ist…’ Männlichkeiten im Rechtsextremismus”.
Von Robert Claus und Yves Müller
„Für Deutschland müssen wir kämpfen…”
Männlichkeiten im RechtsextremismusFamilie, Sexualität und Geschlecht sind zentrale Elemente des Rechtsextremismus. Sie prägen seine öffentliche Inszenierung und stellen zugleich Felder dar, in denen sich männliche Dominanz konstituiert. Trotzdem werden Männlichkeit beziehungsweise Interessen von Männern im Rechtsextremismus nur selten als solche ausgeführt.
Männerideale
Das rechtsextreme Männerideal bedarf der stetigen Reproduktion, wie nicht zuletzt Liedtexte rechtsextremer Musiker zeigen: „Du hast auf die Fahne geschworen, nun gilt’s zu halten den Eid. / Für Deutschland müssen wir kämpfen, grad’ jetzt in finsterster Zeit.”, singt der rechtsextreme Liedermacher Frank Rennicke in seinem Song „Mein Kamerad”. Mit ihm stellte die NPD 2010 einen eigenen Kandidaten zur Wahl des Bundespräsidenten auf. Setzte Rennicke sich damals in seiner Selbstdarstellung „als auf dem Kurs Gebliebener […] [,der] dem Sturm getrotzt” habe, in Szene, so ist auch in seinen Liedtexten das Motiv einer nach Hegemonie strebenden Männlichkeit zentral. Als körperlich starke, aktiv und rational handelnde Männlichkeit ist einzig und allein diese zur Selbstermächtigung und zur Überwindung eigener Schwächen in der Lage. Dementsprechend endet der Song mit den Worten: „Der Feind kann uns niemals besiegen, selbst im Tod noch bleiben wir frei, / nur an Deutschland müssen wir glauben, alles andre ist einerlei. / Keine Macht kann uns dann zerbrechen und niemand hält uns mehr auf, / und wenn wir an Deutschland glauben, Kamerad, dann siegen wir auch!” Nur eine gewaltsame Männlichkeit könne die so genannte „Volksgemeinschaft” gegen die imaginierten „Fremden” schützen, wird suggeriert.
Dazu die Buchempfehlung:
Robert Claus / Esther Lehnert / Yves Müller (Hrsg.):
„Was ein rechter Mann ist … Männlichkeiten im Rechtsextremismus”.Rechtsextreme Kameradschaften gelten als Männerbünde schlechthin; das öffentliche Bild und der mediale Blick auf rechtsextreme Aktivitäten sind vom Stereotyp der männlichen Schläger bestimmt; laut polizeilicher Statistiken werden Gewalttaten zu großen Teilen von Männern begangen. Die männliche Dominanz im Rechtsextremismus wird selten reflektiert. Die Autor_innen des Bandes wollen diese Leerstellen füllen und die Verknüpfung von Rechtsextremismus und Männlichkeit näher beleuchten, um einen produktiven Beitrag in die Arbeit gegen Rechtsextremismus einzubringen. Hierzu sollen Ansätze aus der feministischen Rechtsextremismusforschung und der kritischen Männlichkeitsforschung gebündelt werden, um die Konstruktion sowie den Stellenwert von Männlichkeit im bundesdeutschen Rechtsextremismus transdisziplinär zu analysieren.
Autor_innen des Bandes: Marc Brandt, Robert Claus, Paula Diehl, Thomas Gesterkamp, Andreas Heilmann, Eva Kreisky, Juliane Lang, Esther Lehnert, Kurt Müller, Yves Müller, Ulrich Overdieck, Karsten Schuldt, Andreas Speit, Georg Spitaler, Olaf Stuve, Fabian Virchow, Kristin Witte.
Texte 68 der Rosa-Luxemburg-Stiftung
erschienen im Karl Dietz Verlag Berlin
256 Seiten, Broschur, 14,90 Euro
ISBN 978–3‑320–02241‑9
Das Buch ist hier als PDF downloadbar.