Der Angeklagte ist 22 Jahre alt, arbeitslos, depressiv und sieht sich selber als Außenseiter. Seine (Stief-) Väter waren gewalttätig. Das würde einiges erklären, aber noch lange nichts rechtfertigen.
Mehrere Lehren hatte Dominik Z. bisher begonnen, aber alle wieder abgebrochen, war im Prozess zu erfahren. Die letzte (abgebrochene) war eine Malerlehre. Das AMS erklärte den Angeklagten für nicht vermittlungsfähig, er selbst sieht sich derzeit nicht imstande, einen Beruf auszuüben, die Pensionsversicherungsanstalt aber schon. Was ihm deshalb finanziell zum Leben bleibt, ist eine erbärmlich niedrige Mindestsicherung in der Höhe von 420 Euro monatlich.
Aus seiner Befragung und der Stellungnahme des psychiatrischen Gutachters geht hervor, dass der Angeklagte nicht nur eine „schwierige Geschichte“ mit sich trägt, sondern auch in seiner Kindheit und Jugend häufig gemobbt wurde, weil er klein und schmächtig war. In der Familie habe er Gewalt erfahren. Der Gutachter: „Er war prädestiniert, ein Außenseiter zu sein.“
In den Telegram-Gruppen, in denen er sich tummelte, bekam er von Neonazis und anderen Hetzern jene Anerkennung, die er in seinem vorherigen Leben offensichtlich nicht erhalten hatte. „Ich wollte dazugehören“, erklärte er dem vorsitzenden Richter, und über seine virtuellen Nazi-Kumpane: „Ihre Videos auf Telegram haben mich fasziniert. Nicht die Inhalte, sondern die Art und was in den Kommentaren geschrieben wurde.“
Um zu gefallen, erstellte er zwei Telegram-Konten, drapiert mit den Sig- Runen, verschickte Nazi-Videos und auch Botschaften, die nicht nur hetzerisch waren. Zur „Vienna-Pride“ (mutmaßlich 2023) postete er in einer Gruppe mit über 100 User*innen ein Foto der Demo-Route mit dem Text: „Es wird Zeit für einen Angriff, das ist der Weg, den diese Seuche in Wien gehen will.“ Der Angeklagte dazu: „Vielleicht war ich wütend auf jemanden.“
In einer anderen TG-Gruppe teilte er ein Foto der Transperson Audrey Hale, die 2023 in einer Schule in Nashville sechs Personen ermordet hatte, bevor sie selbst erschossen wurde, mit dem Kommentar: „Es wird eine Bombenstimmung. Die Stimmung wird euch zerfetzen.“ Dazu befragt, gab er die wirre Erklärung ab: „Wie ich das mitbekommen habe, ist sie nicht unschuldig. Sie hat in einer Kirche in Nashville Menschen umgebracht. Ein Polizist hat sie erschossen, und der wurde auf TikTok gefeiert.“
Der Angeklagte zeigte sich voll geständig und bekannte sich auch schuldig. Den Geschworenen wurden acht Fragen zu seiner Schuld gestellt, die alle einstimmig mit Ja beantwortet wurden. Das Urteil: 15 Monate bedingt auf drei Jahre und zwei Weisungen: erstens Arbeit mit dem Verein „Neustart“ beim Projekt „Dialog statt Hass“ und zweitens die Fortsetzung der bereits begonnenen Therapie mit der Auflage, das Gericht alle drei Monate schriftlich darüber zu informieren. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Wir danken prozess.report für die Prozessbeobachtung!