Einen knappen Monat, nämlich den Mai dieses Jahres, hat der Angeklagte benötigt, um zahlreiche Delikte zu setzen. In wenigen Worten wirft ihm die Staatsanwaltschaft am 6. November im Landesgericht Wels vor: das Verbrechen der NS Wiederbetätigung, das Verbrechen der schweren Nötigung, das Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt, das Vergehen der gefährlichen Drohung und das Vergehen der schweren Sachbeschädigung.
Helmut H. ist fast 42 Jahre alt, hat eine Tischlerlehre absolviert und bezieht eine Invaliditätspension. Die letzte der sechs Vorstrafen stammt aus 2013. Weil er sich angeblich vor Messerbanden fürchtet, die in Wels Streifzüge machen, führt er auf seinen alkoholischen Streifzügen gerne eine Spielzeugpistole mit sich. Mit der bedroht er dann auch Menschen ohne Messer.
Helmut H. wird vorgeworfen
1) am 5.5.24, in einer Pizzeria in Wels „88” und „Heil Heli” vor 6 Polizisten gerufen zu haben und sich damit nationalsozialistisch betätigt zu haben,
2) am 30. bzw.31.5 in einer Bar „Sieg Heil” und „Heil Hitler” gerufen zu haben und sich damit sich nationalsozialistisch betätigt zu haben,
3) zu unbekannter Zeit, gegen 9. Sept.24, in der U‑Haft einen Brief verfasst zu haben, in dem ein Hakenkreuz und die „88” vorkamen,
4) am 30.5 die Kellnerin durch eine gefährliche Drohung mit dem Tod,
ev. am 30.5. die Kellnerin zumindest mit Verletzung genötigt zu haben,
5) am 30.bzw. 31.5. Polizisten gedroht zu haben, sie zu schlagen und, wenn sie näherkommen, ihnen dieselben Schmerzen zufügen zu wollen, die er selber verspürt,
6) am 5.5. Herrn Ing G. mit einem täuschend echten Spielzeugrevolver gedroht zu haben, ihm das „Hirn rauszublasen“ und ihn dadurch in Furcht zu versetzen,
ev. wie vorher, nur mit Unruhe und Verletzung genötigt zu haben,
7) am 30. bzw.31.5. Gäste mit „I hau eich nieder“ bedroht zu haben,
8) am 5.5. einen Spielautomaten beschädigt zu haben,
9) am 30.5. einen Kerzenständer und die Scheibe am Eingang beschädigt und mit der Faust dagegen geschlagen zu haben,
10) am 30.5. einen Funkstreifenwagen und kritische Infrastruktur beschädigt zu haben, indem er in den Wagen uriniert und defäkiert hat.
Begonnen hat die Serie am 5.5. mit einem Verlust von 300 bis 400 Euro an einem Spielautomaten, der dann sein vorläufiges K.O. fand, weil Helmut H. den Bildschirm zertrümmerte. Angeblich zehn Bier und 15 Jägermeister trugen bei dem sonst eher erinnerungsschwachen Angeklagten für die weiteren Delikte an diesem Abend (siehe Liste) bei.
Zum Vorwurf der NS-Wiederbetätigung fällt dem Angeklagten nur ein, dass er stolzer Patriot, aber kein Nazi sein will. Außerdem würde in Vorarlberg, wo er einige Monate gelebt hat, oft „Heile“ gesagt. Seine Namensinitialen würden auch die Zahlenkombination 88 ergeben – was allerdings nicht sein „Sieg Heil“ und die mit der rechten und der linken Hand vor den Polizisten ausgeführten Hitlergrüße erklären kann. Viel mehr war aus dem Angeklagten auch nicht rauszubringen, außer dass er in den achteinhalb Jahren, die er schon hinter Gittern verbracht haben will, nie eine richtige Therapie erhalten und sich deshalb so entwickelt habe.
Im Urteil wird sein Wunsch berücksichtigt: Neben den 18 Monaten unbedingt – wobei seine U‑Haft angerechnet wird – gibt es eine Zuweisung an ein forensisches Therapiezentrum. Der Angeklagte ist zufrieden, die Staatsanwaltschaft ebenfalls, daher ist das Urteil bereits rechtskräftig.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!