In ihrem auf ihrer Website herunterzuladenden Programm für die Nationalratswahl 2024 fordert die FPÖ mit Nachdruck den Schutz und die Bewahrung der vordergründig nicht näher definierten „Homogenität“ des „österreichischen Staatsvolk[es]“, denn: „Geht man davon aus, dass sich Personen zu einem Staatswesen zusammenfinden, die Ähnlichkeiten aufweisen, so gilt vice versa, dass das Staatswesen leidet, wenn diese Bedingung aufhört zu bestehen.“ (S. 45)
Weitere Passagen des Programms verdeutlichen, dass damit unter anderem eine Ablehnung von Fremden, insbesondere der Zuwanderung von Muslimen verbunden ist, denn: „Der radikale Islam stellt aktuell im Bereich der Zuwanderung die größte Gefahr für die Homogenität des Volkes dar.“ (S. 54)
Zur Abwendung dieser Bedrohung soll es Flüchtlingen untersagt werden, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erwerben, wie überhaupt das in Österreich ohnehin schon sehr restriktive Staatsbürgerschaftsrecht nochmals verschärft werden solle. Unter anderem soll nach Vorstellung der FPÖ eine zuerkannte Staatsbürgerschaft wegen „Verbrechen, Missbrauch des Sozialstaates oder Geringachtung unseres Landes und Volkes“ (S. 49) auch wieder aberkannt werden können – eine Vorgabe, die jeglicher Willkür Tür und Tor öffnen würde. Doppelstaatsbürgerschaften seien (mit Ausnahmen) zu verbieten.
Inwieweit die FPÖ auch völkische Homogenität im Sinne von Abstammungsgemeinschaft wünscht, lässt das Programm offen. Jedenfalls steht die ersehnte Homogenität in scharfem Gegensatz zu einer „Multikulti-Gesellschaft“. Dass eine wie immer geartete „Homogenität“ aller Österreicher:innen völlig irreal ist und ins Reich der völkischen Phantasie gehört, braucht wohl nicht gesondert erwähnt zu werden. Mit diesen Forderungen schließt die FPÖ aber sowohl an gleichlautende Vorstellungen der vom deutschen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften AfD wie auch an Postulate der gleichfalls rechtsextremen Identitären Bewegung Österreichs an. 2012 positionierten sich die Identitären beinahe gleichlautend wie die FPÖ:
Demokratie (…) erfordert eine gewisse Homogenität in der Bevölkerung, damit sie einen gemeinsamen Willen bilden kann. Indem wir gegen das multikulturelle Projekt und sein Scheitern in Form der Islamisierung kämpfen, kämpfen wir auch für die Bedingung der Möglichkeit einer echten Demokratie (Volksherrschaft). (doew.at)
Sehr ähnlich formulierte bereits in den 1920er Jahren der Jurist Carl Schmitt, später Unterstützer des Nationalsozialismus, nunmehr als Vordenker der Neuen Rechten bekannt:
Jede wirkliche Demokratie beruht darauf, daß nicht nur Gleiches gleich, sondern, mit unvermeidlicher Konsequenz, das Nichtgleiche nicht gleich behandelt wird. Zur Demokratie gehört also notwendig erstens Homogenität und zweitens – nötigenfalls – die Ausscheidung oder Vernichtung des Heterogenen. (…) Die politische Kraft einer Demokratie zeigt sich darin, daß sie das Fremde und Ungleiche, die Homogenität Bedrohende zu beseitigen oder fernzuhalten weiß. (Schmitt zit. nach humanistische-union.de, 2016)
Jedenfalls erfüllt dieses Wahlprogramm sehr deutlich eine von Willibald I. Holzer (1) bereits 1993 etwas drastischer formulierte Beschreibung von Aspekten des zentralen Elements rechtsextremer Ideologie „Volk und Volksgemeinschaft“:
Die politischen und kulturellen Veränderungen, die im Zuge politischer und ökonomischer Globalisierungsprozesse Platz greifen und Konturen einer politisch und ökonomisch vernetzten, multikulturellen Welt erkennen lassen, erscheinen aus dieser Statik präferierenden Perspektive [des Rechtsextremismus, Anmk. d. Verf.] zuallererst als Bedrohung völkisch-nationaler Identität.
Als Abhilfe „gelte es, die ‚Umvolkungs’prozesse zu stoppen, die Entmischung der Völker und Rassen einzuleiten und hierdurch jene Homogenisierungsbedingungen grundzulegen, die für die Wiedergesundung der geschundenen Volkskörper unentbehrlich seien.“ (ebda.)
Setzt man dieses Homogenitätspostulat noch in Verbindung mit der gleichfalls im Wahlprogramm erhobenen Forderung nach „Solidarität“ innerhalb der „eigenen Familie, der Dorfgemeinschaft, letztlich der gesamten Gesellschaft“ (S. 57), dann gelangt man zum Konzept der Volksgemeinschaft, einer weiteren zentralen Kategorie rechtsextremer Ideologie. Damit wird das Individuum in die homogene Gemeinschaft gestellt, der es letztlich verpflichtet wird.
Es bleibt also festzuhalten, dass die FPÖ mit diesem ein zentrales Kriterium des Rechtsextremismus erfüllendem Wahlprogramm den Schulterschluss mit der AfD ebenso wie mit den Identitären, also anderen rechtsextremen Gruppierungen vollzieht.
Brigitte Bailer-Galanda ist Historikerin und ehemalige wissenschaftliche Leiterin des DÖW.
Fußnote
1 Willibald I. Holzer, Rechtsextremismus – Konturen, Definitionsmerkmale und Erklärungsansätze, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.), Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus, Wien 1993, 1. Aufl., S. 34 f.)