Es ist ein langer Zeitraum, in dem der Angeklagte, ein Pensionist aus Markt Allhau, rassistische und nationalsozialistische Kommentare über sein Facebook-Konto veröffentlicht hatte. Was seine zahlreichen angeklagten Postings zwischen 2017 und 2023 betrifft, war er zwar tatsachengeständig, nicht aber, was den Vorwurf der NS-Wiederbetätigung und Verhetzung betrifft. Am 11.6. musste sich K.P. (65) wegen des Verbrechens nach dem § 3g Verbotsgesetz und wegen Verhetzung vor einem Geschworenengericht beim Landesgericht Eisenstadt verantworten.
Was er zu sagen hatte, entsprach einerseits den Standardausreden („kann mich nicht erinnern wegen Alkoholisierung“) oder war so hanebüchen, dass es schon wieder originell wirkte: Seine Postings könnten gar nicht nationalsozialistisch gewesen sein, weil ja Facebook alles Verbotene lösche, und das sei eben nicht der Fall gewesen. Ein Nazi will er keinesfalls sein – er habe schon in der Schule gelernt, dass Hakenkreuze verboten sind, darum habe er darauf geachtet, dass seine Postings keine enthielten.
Stattdessen gab’s zu Hitlers Geburtstag die für Nazi-Freunde üblichen Eiernockerl-Postings. 2023 veröffentlichte er ein Foto einer Gasleitung mit Geburtstagswünschen an „alle, die an diesem Tag Geburtstag haben“ und dem Hinweis, dass man nun Eiernockerl essen gehe. Die Gasleitung interpretierte er vor Gericht als Wasserleitung, weil er den Aufkleber „Gas“ nicht gesehen habe. Die Gasleitung sei überhaupt irrtümlich reingerutscht, und außerdem habe seine Frau (sie ist 2023 gestorben) auch am 20.4. Geburtstag gehabt.
Was er noch in der Schule gelernt habe, wird er gefragt. Dass die Nazi-Zeit nichts Gutes war, da seien viele Juden „umgekommen“, erklärt der Angeklagte. Als sich die Staatsanwältin über den verharmlosenden Begriff empörte, modifizierte er: „Keine Ahnung, er hat sie halt erschossen oder vergast, was weiß ich, ich war damals noch nicht auf der Welt.“
Man ahnt schon, dass dieser Angeklagte ein besonders ungustiöses Exemplar eines braunen Hetzers ohne jede Schuldeinsicht ist. Das lässt sich auch durch andere seiner Posts, die ihm vorgehalten werden, belegen. Etwa das Bild einer Maschinenpistole mit Schalldämpfer und dem Text: „Rennt der Neger Wild (sic!) herum, schalt auf Automatik um.“
Auffällig war die Aussage des einzigen Zeugen, der einvernommen wurde: ein Beamter des Landesamtes für Verfassungsschutz Burgenland. Der bezeichnet den Angeklagten als „politikkritisch“ und dann auf Nachfrage, was er damit meine, als „regierungskritisch“. Es war ihm sichtlich unangenehm, dass er auf die Anzeige gegen den Angeklagten reagieren musste, seine Aussagen gestalteten sich durch die Bank unklar und ausweichend bzw. sogar verharmlosend. Er habe keinerlei verfahrensrelevante Inhalte am Handy des Angeklagten gefunden, nur auf Facebook. Der Angeklagte zeige „eine gewisse Abneigung gegen Ausländer“, die man aber mit persönlichen negativen Erfahrungen mit Ausländern erklären könne; z.B. hätte seine Tante einmal bei einem Spaziergang mit ihrem Hund in Wien ein Problem mit einem Ausländer gehabt.
Die nicht unwichtige Frage, ob der Angeklagte mit anderen Braunen in einem näheren oder gar organisierten Kontakt gestanden habe, wollte der Verfassungsschützer durch eine Befragung des Pensionisten geklärt wissen. Der hat die Frage verneint, womit die Sache für den Verfassungsschützer anscheinend geklärt war.
Die Geschworenen sahen den Angeklagten nicht so harmlos und bejahten in den meisten Fragen die Schuldfrage sehr klar. Das Urteil zwölf Monate bedingt auf drei Jahre und 720 Euro Geldstrafe war am 11.6. noch nicht rechtskräftig, weil sich die Staatsanwaltschaft Bedenkzeit erbeten hat.
Danke für die Prozessbeobachtung!