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Blaues „Breaking Bad“ mit Vergewaltigungsvorwürfen

Ein Ex-FPÖ­ler und naher Ver­wand­ter eines hoch­ran­gi­gen FPÖ-Poli­ti­kers steht wegen des Ver­dachts auf Pro­duk­ti­on und Han­del von Dro­gen vor Gericht. Außer­dem wird ihm schwe­rer sexu­el­ler Miss­brauch vor­ge­wor­fen. Zum Auf­takt eines bri­san­ten Gerichtsverfahrens.

18. Apr 2024

Am 12.4. muss­te sich ein Ex-Bur­schen­schaf­ter (Ger­ma­nia Graz) und Ex-FPÖ-ler am Lan­des­ge­richt Graz ver­ant­wor­ten. Vor­ge­wor­fen wird ihm die Pro­duk­ti­on und der Ver­kauf von Crys­tal Meth (Metham­phet­amin) und Mephe­dron. Dies soll in einer Woh­nung mit­ten in Graz statt­ge­fun­den haben. Der 56-jäh­ri­ge Erst­an­ge­klag­te sitzt seit Som­mer 2023 in U‑Haft. Aus der FPÖ wur­de er nach Bekannt­wer­den der Vor­wür­fe per Not­ver­ord­nung aus­ge­schlos­sen, auch aus der Bur­schen­schaft erfolg­te ein uneh­ren­haf­ter Ausschluss.

Bri­sant ist, dass es sich bei ihm um einen nahen Ver­wand­ten eines sehr hoch­ran­gi­gen FPÖ-Poli­ti­kers han­delt, der eben­falls in der rechts­extre­men Ger­ma­nia Graz „alter Herr“ ist oder war. Abge­se­hen von der­sel­ben Par­tei und der­sel­ben Bur­schen­schaft teil­ten sich der Poli­ti­ker und der Ange­klag­te auch Geschäfts­part­ner. (sie­he: stopptdierechten.at, 27.8.23)

Vor Gericht stand außer­dem ein Zweit­an­ge­klag­ter (52) als mut­maß­li­cher Kom­pli­ze des Ex-FPÖ­lers. Der gebür­ti­ge Rumä­ne soll beim Ver­kauf und der Besor­gung von Zuta­ten für die Dro­gen­kü­che gehol­fen haben und auch unter sei­nem Namen eine Woh­nung als „Dro­gen­la­bor“, wie es in der Ankla­ge­schrift heißt, ange­mie­tet haben.

„Opi“ und „Daddy“ sind teilweise geständig

Bezüg­lich der Pro­duk­ti­on und des Ver­kaufs waren bei­de Män­ner gestän­dig. Der Erst­an­ge­klag­te, der von sei­ner Kund­schaft „der Koch“ genannt wur­de, bestritt aller­dings die ihm von der Staats­an­walt­schaft vor­ge­wor­fe­ne Men­ge – es sei weni­ger gewe­sen. Er war bereits im Jahr 2021 nach dem Sucht­mit­tel­ge­setz zu einer beding­ten Stra­fe ver­ur­teilt wor­den, hat­te die Dro­gen­pro­duk­ti­on aber bereits bald danach in der neu­en Woh­nung fort­ge­setzt. Vor Gericht argu­men­tier­te Ver­tei­di­ger Bern­hard Leho­fer, sein Man­dant sei eben schwer suchtkrank.

Neben Zeug*innen-Aussagen lagen dem Gericht auch die Chat-Ver­läu­fe der bei­den Ange­klag­ten vor, in denen es um Dro­gen­ver­kauf bzw. Dro­gen­her­stel­lung ging. Auch wur­de dar­aus erkennt­lich, dass sich die bei­den mit bizar­ren Spitz­na­men anspra­chen: Der Erst­an­ge­klag­te hieß „Opi“, der Zweit­an­ge­klag­te „Dad­dy“.

Mutmaßlich schwerer sexueller Missbrauch

Bereits einen Tag vor dem Pro­zess berich­te­te der „Stan­dard“ von neu­en, schwe­ren Vor­wür­fen gegen bei­de Män­ner, die auch Teil der Ankla­ge waren.

In der Ankla­ge­schrift, die dem STANDARD vor­liegt, sind nun aber auch neue schwe­re Vor­wür­fe ent­hal­ten. So wird dem Ex-Bur­schen­schaf­ter vor­ge­wor­fen, eine mit Dro­gen betäub­te und daher wehr­lo­se Frau sexu­ell miss­braucht zu haben (…). Der Vater des mut­maß­li­chen Opfers, ein Kun­de des Erst­an­ge­klag­ten, soll laut Ankla­ge­schrift sei­ne Toch­ter „offen­bar als Gegen­leis­tung für die Über­ga­be von Sucht­gift“ dem Erst­an­ge­klag­ten ange­bo­ten haben. Der laut Ankla­ge­schrift bereits wegen sexu­el­len Miss­brauchs ver­ur­teil­te Vater des Opfers soll den mut­maß­li­chen Miss­brauch an der Toch­ter sogar foto­gra­fisch doku­men­tiert haben. (derstandard.at, 11.4.24)

Dem Zweit­an­ge­klag­ten wird Ver­ge­wal­ti­gung vor­ge­wor­fen. Er soll einen Mann, den er via einer Dating-Platt­form ken­nen­ge­lernt hat­te, durch Dro­gen in einem Holun­der­saft betäubt und anschlie­ßend ver­ge­wal­tigt haben. Vor Gericht strit­ten bei­de die Vor­wür­fe ab. Ver­tei­di­ger Leho­fer sprach von einer ein­ver­nehm­li­chen sexu­el­len Bezie­hung, und die Frau habe schließ­lich Reiz­wä­sche getra­gen. Die Befra­gung des mut­maß­li­chen Opfers fand unter Aus­schluss der Öffent­lich­keit statt.

Im Anschluss dar­an wur­de ein Che­mi­ker befragt, der das Dro­gen­pro­duk­ti­ons­ver­fah­ren und die auf­ge­fun­de­nen Zuta­ten ana­ly­sier­te. Er wider­sprach der Ver­tei­di­gungs­stra­te­gie des Ange­klag­ten teil­wei­se. Zuvor sorg­te noch ein offen­bar unter Alko­hol­ein­fluss ste­hen­der Zeu­ge für Belus­ti­gung im Gerichts­saal, der zuguns­ten der bei­den Ange­klag­ten aus­sa­gen woll­te: Sie sei­en „gute Men­schen“, er wün­sche ihnen viel Glück. Die Rich­te­rin ent­schied, den illu­mi­nier­ten Zeu­gen noch­mals zu laden. Der Pro­zess wur­de auf 21. Juni vertagt.

Im Pro­zess fand kei­ne Erwäh­nung, wie der Stand der Ermitt­lun­gen zu einem Kryp­to-Wäh­rungs­be­trug in Mil­lio­nen­hö­he, in den der Erstan­klag­te und ein wei­te­rer ehe­ma­li­ger Funk­tio­när und Poli­ti­ker der FPÖ ver­wi­ckelt sein sol­len, aussieht.

Dan­ke an prozess.report und an Doku Ser­vice Stei­er­mark für die Prozessbeobachtung!

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