Am 12.4. musste sich ein Ex-Burschenschafter (Germania Graz) und Ex-FPÖ-ler am Landesgericht Graz verantworten. Vorgeworfen wird ihm die Produktion und der Verkauf von Crystal Meth (Methamphetamin) und Mephedron. Dies soll in einer Wohnung mitten in Graz stattgefunden haben. Der 56-jährige Erstangeklagte sitzt seit Sommer 2023 in U‑Haft. Aus der FPÖ wurde er nach Bekanntwerden der Vorwürfe per Notverordnung ausgeschlossen, auch aus der Burschenschaft erfolgte ein unehrenhafter Ausschluss.
Brisant ist, dass es sich bei ihm um einen nahen Verwandten eines sehr hochrangigen FPÖ-Politikers handelt, der ebenfalls in der rechtsextremen Germania Graz „alter Herr“ ist oder war. Abgesehen von derselben Partei und derselben Burschenschaft teilten sich der Politiker und der Angeklagte auch Geschäftspartner. (siehe: stopptdierechten.at, 27.8.23)
Vor Gericht stand außerdem ein Zweitangeklagter (52) als mutmaßlicher Komplize des Ex-FPÖlers. Der gebürtige Rumäne soll beim Verkauf und der Besorgung von Zutaten für die Drogenküche geholfen haben und auch unter seinem Namen eine Wohnung als „Drogenlabor“, wie es in der Anklageschrift heißt, angemietet haben.
„Opi“ und „Daddy“ sind teilweise geständig
Bezüglich der Produktion und des Verkaufs waren beide Männer geständig. Der Erstangeklagte, der von seiner Kundschaft „der Koch“ genannt wurde, bestritt allerdings die ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfene Menge – es sei weniger gewesen. Er war bereits im Jahr 2021 nach dem Suchtmittelgesetz zu einer bedingten Strafe verurteilt worden, hatte die Drogenproduktion aber bereits bald danach in der neuen Wohnung fortgesetzt. Vor Gericht argumentierte Verteidiger Bernhard Lehofer, sein Mandant sei eben schwer suchtkrank.
Neben Zeug*innen-Aussagen lagen dem Gericht auch die Chat-Verläufe der beiden Angeklagten vor, in denen es um Drogenverkauf bzw. Drogenherstellung ging. Auch wurde daraus erkenntlich, dass sich die beiden mit bizarren Spitznamen ansprachen: Der Erstangeklagte hieß „Opi“, der Zweitangeklagte „Daddy“.
Mutmaßlich schwerer sexueller Missbrauch
Bereits einen Tag vor dem Prozess berichtete der „Standard“ von neuen, schweren Vorwürfen gegen beide Männer, die auch Teil der Anklage waren.
In der Anklageschrift, die dem STANDARD vorliegt, sind nun aber auch neue schwere Vorwürfe enthalten. So wird dem Ex-Burschenschafter vorgeworfen, eine mit Drogen betäubte und daher wehrlose Frau sexuell missbraucht zu haben (…). Der Vater des mutmaßlichen Opfers, ein Kunde des Erstangeklagten, soll laut Anklageschrift seine Tochter „offenbar als Gegenleistung für die Übergabe von Suchtgift“ dem Erstangeklagten angeboten haben. Der laut Anklageschrift bereits wegen sexuellen Missbrauchs verurteilte Vater des Opfers soll den mutmaßlichen Missbrauch an der Tochter sogar fotografisch dokumentiert haben. (derstandard.at, 11.4.24)
Dem Zweitangeklagten wird Vergewaltigung vorgeworfen. Er soll einen Mann, den er via einer Dating-Plattform kennengelernt hatte, durch Drogen in einem Holundersaft betäubt und anschließend vergewaltigt haben. Vor Gericht stritten beide die Vorwürfe ab. Verteidiger Lehofer sprach von einer einvernehmlichen sexuellen Beziehung, und die Frau habe schließlich Reizwäsche getragen. Die Befragung des mutmaßlichen Opfers fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Im Anschluss daran wurde ein Chemiker befragt, der das Drogenproduktionsverfahren und die aufgefundenen Zutaten analysierte. Er widersprach der Verteidigungsstrategie des Angeklagten teilweise. Zuvor sorgte noch ein offenbar unter Alkoholeinfluss stehender Zeuge für Belustigung im Gerichtssaal, der zugunsten der beiden Angeklagten aussagen wollte: Sie seien „gute Menschen“, er wünsche ihnen viel Glück. Die Richterin entschied, den illuminierten Zeugen nochmals zu laden. Der Prozess wurde auf 21. Juni vertagt.
Im Prozess fand keine Erwähnung, wie der Stand der Ermittlungen zu einem Krypto-Währungsbetrug in Millionenhöhe, in den der Erstanklagte und ein weiterer ehemaliger Funktionär und Politiker der FPÖ verwickelt sein sollen, aussieht.
Danke an prozess.report und an Doku Service Steiermark für die Prozessbeobachtung!