Die „Party-Partei“ titelt der „Standard“ neue Enthüllungen zur FPÖ Wien. Freundlich, angesichts dessen, dass es um ein über Parteigelder finanziertes Highlife diverser Parteigranden geht und um ein illegales Meeting der besonderen Art während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020.
Das Aufpoppen des Ibizia-Videos war noch kein Jahr her, Straches unfreiwilliger Abgang aus der FPÖ nur wenige Monate. Die Empörung war auch unter FPÖ-Anhänger*innen groß, als im Herbst 2019 die Spesenaffäre bekannt wurde: Gucci-Tasche, Whirlpool, großzügige Zahlungen für drei Wohnungen, Partys mit Unmengen an Alkohol – Straches Ex-Leibwächter Oliver Ribarich schildert im Standard-Podcast „Inside Austria“ fast Unglaubliches aus dem, was als „System Strache“ bekannt geworden ist.
Ein Penthouse mit Jacuzzi, teure Geschenke, Luxusurlaube – mutmaßlich auf Kosten der Partei. Und die Spesenkasse wird dank Wahlerfolgen weiter gut gefüttert – durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Steuergeld. „Fürs fremde Geld ist uns nichts zu teuer. Das war der Running Gag in der Partei”, erinnert sich Leibwächter Ribarich. (derstandard.at, 27.9.23)
Nun sind offenbar weitere Bodyguards aus der FPÖ aufgetaucht, die brisante Aussagen gemacht haben sollen. Der ehemalige Leibwächter von Dominik Nepp gibt an, dass Straches Nachfolger als Wiener FPÖ-Parteichef mit weiteren Spitzenpolitikern aus der Landespartei im ersten Lockdown in Nepps Büroräumlichkeiten im Wiener Rathaus eine Party gefeiert habe. „Für diese Feier habe der Landtagsabgeordnete Udo Guggenbichler ’sechs Mädels organisiert’, behauptete Nepps einstiger Sicherheitsmann. Er selbst sei an diesem Abend ‚vor der Tür’ gesessen, um die Veranstaltung zu bewachen. Die ‚Mädels’ seien Russinnen gewesen.” (derstandard.at, 27.5.23)

Wir erinnern uns zurück: Der FPÖ konnte es zu Beginn der Pandemie in Europa gar nicht schnell genug gehen mit restriktiven Maßnahmen. Bereits Anfang Februar 2020 empörte sich Dominik Nepp darüber, „dass das Ministerium [Gesundheitsministerium; Anmk. SdR] offenbar in der Pendeluhr schläft“ (ots.at, 2.2.20). Am 13. März forderte Herbert Kickl einen Lockdown zusammen mit einer Einreisesperre nach Österreich. Es seien „die Grenzen, und zwar alle Grenzen, für individuelle Reisetätigkeit zu schließen“ ots.at, 13.3.23).

Der Lockdown kam dann drei Tage später, und ausgerechnet in dieser Zeit, als das Sozialleben in ganz Österreich heruntergefahren wurde, hatten Wiener FPÖ-Männer nichts anderes zu tun, als sich in ein öffentliches Gebäude russische „Mädels“ zu holen und eine Party zu feiern? Es gab zwar zum „Standard“ ein Dementi, allerdings ein karges: „Nepps Anwalt sagt dazu, das sei ‚nicht zutreffend‘, die FPÖ Wien antwortete selbst nicht.“ (derstandard.at, 27.5.23)
Nepps heuchlerische Doppelmoral wird angesichts dieses Vorfalls – sollte er sich tatsächlich zugetragen haben – besonders deutlich: Am 20. Jänner 2021 wettert er in einem Posting nicht nur gegen den neuerlichen Lockdown, sondern fantasiert zugleich, dass sie, Kurz, Anschober, Ludwig und Co „im Kanzler-Büro mit Wein angestoßen und sich am Buffet vollgestopft [haben]. Schluss mit dem Wahnsinn!“ Dazu serviert Nepp ein Foto, das sehr verdächtig nach einer Montage aussieht, mit dem Text: „Prost! Auf den Lockdown, Kollegen!“

Im November 2021 beschwert sich Nepp erneut in einem Posting:
Diese Scheinheiligkeit ist nicht mehr auszuhalten: Die Bevölkerung wird eingesperrt, Depressionen und psychische Erkrankungen nehmen massiv zu, Kinder dürfen nicht mit Freunden Geburtstage feiern, die Schulen versinken im Chaos, die Wirtschaft geht zu Grunde, ABER die Regierung feiert eine Champagner-Party. Das ist ein Irrsinn!

Fragt sich jetzt nur, ob er von sich und seinen Parteikameraden auf andere geschlossen hat, um das eigene schamlose Highlife zu übertünchen? Na dann: Prost, blaue Kameraden!