Warum sich die bei blauen Festivitäten wohl unvermeidliche John-Otti-Band als Intro ausgerechnet den Song „Iko Iko“ ausgesucht hat, weiß sie wohl selber nicht. Ist auch besser so. Sonst hätten sich einige Anwesende wohl verkutzt, wenn sie gewusst hätten, dass da sehr viel Diversität drinsteckt: französisches Kreolisch, Yoruba und Chickasaw – alles bunt gemischt!
Der fröhliche Song der Diversität konnte den Mief der folgenden zwei Stunden dennoch nicht überdecken. Über die Rede von Michael Raml, Stadtrat der FPÖ in Linz, schweigen wir gnädig. Ihm folgte Manfred Haimbuchner, oberösterreichischer FPÖ-Chef und stellvertretender Landeshauptmann, der medial als liberaler Kontrapart von Kickl gehandelt wird. Wohl um diesen Eindruck peinlichst zu vermeiden, stimmte der bekennende Fan des Rechtsterroristen Ernst von Salomon (den er in letzter Zeit als Lieblingsautor gegen Sahra Wagenknecht getauscht hat) das Publikum mit seinen allegorischen Jagdvorlieben ein: „Mir gengan immer auf Rot- und Schwarzwild.“ Zur Draufgabe gab’s noch den Tribut an den Kühnen-Gruß und Strache: „Drei Bier gengan immer.“

Schließlich offene Hetze gegen Transvestiten und LGBTIQ-Menschen: „Wir müssen unsere Kinder schützen vor dieser LGBTIQ+-Gemeinde.“ Neben weiteren Angriffen und Drohungen gegen Journalisten („stalinistisch“) und den ORF („Euch wer’ma die Wadln no vürerichtn“) der weinerliche Rückzug in die Opferrolle „Für diese Aussagen werden wir wieder dämonisiert in der stalinistischen Medienwelt.“
Dann der bejubelte Auftritt von Kickl, der im fast immergleichen Singsang Hetze, Lügen und Bösartigkeiten seinen Fans zum Fraß vorwirft. Dehumanisierende Hetze ist es wohl, wenn er die Sozialdemokraten als „degenerierte Gestalten“ und „Mondgesichter“ tituliert und ihnen einen „degenerierten und wohlstandsverwahrlosten Sozialismus“ vorwirft. Was ist es anderes als hetzerischer Geifer, wenn er den Wiener Bürgermeister Ludwig beschuldigt, dass der es „so weit gebracht hat, dass ein Mörder, der seinem Opfer Hände und Füße abgehackt hat, noch immer frei herumläuft in Wien (…) so viel zum Thema kulturelle Bereicherung“?
Dann auch noch die verlogene Unterstellung gegenüber Andreas Babler: „Mir haben ein paar Vogerl gezwitschert, dass er bis vor gar nicht allzu langer Zeit in seinem Büro in Traiskirchen eine Büste von Stalin stehen gehabt hat.“ Ausgerechnet während dieser Unterstellung pfuscht die FPÖ-Bildregie und bringt ganz groß den „Woifal“ ins Bild, der mit seinem Handy filmt und ein T‑Shirt mit dem Imprint „Fuck ORF“ trägt. Kommt er ins Bild, weil er ein Brauner ist? Oder weil er FPÖ-Mitglied ist?

Von der Bildregie weiß Kickl, der sich wenig später selbst als „Volkskanzler“ tituliert, natürlich nichts. Aber dass der Begriff „Volkskanzler“ untrennbar mit Adolf Hitler verbunden ist, das weiß er. Der hätte auch ziemlich sicher dem falschen Bild zugestimmt, das Kickl verwendet, um den „Volkskanzler“ zu definieren: „Der dreht die Dinge um (…) nach unten wird gedient, nach oben wird getreten.“ Diese Vorstellung vom Volkskanzler war schon bei Hitler verlogen und kontrafaktisch. Sie wird auch bei Kickl nicht richtiger. Wer ist noch weiter „oben“ als der Chef einer Regierung?

Dafür beantwortet Kickl schon einmal die Frage, wen er wohl treten würde. Die Leute, die für eine Klimawende eintreten: „Diese Leute gehören entmündigt – das wäre die richtige Antwort.“ Und noch eine Gruppe, die er treten würde, benennt er mit einer absolut zynischen Formulierung: „Wir verzichten auf die falsche Toleranz im Zusammenhang mit der Völkerwanderung.“ Da kommt dann auch der autoritäre Viktor Orban als Vorbild ins Spiel: „Machen wir’s dem Orban nach – bauen wir die Festung Österreich.“ Auch eine Ansage an seinen potenziellen Koalitionspartner ÖVP gibt es von ihm: „Gar nichts wird mich unter Kontrolle bringen.“ Gut zu wissen.

Sehr verwandt damit auch die direkt an Kickl in wackligem Deutsch gerichtete Botschaft: „Herbert !! alles was nicht deutsch Österreicher ist Muss unser Land verlassen, ohne wenn und aber.“
Aus Nordrhein-Westfalen die Reichsbeschwörung: „WIR gehören zusammen, wir sind ALLE Deutsche und MÜSSEN zusammenhalten!“
Während drinnen im windigen Bierzelt Kickl die Einheit und Geschlossenheit der Freiheitlichen beschwört und bejubelt, machen sich die draußen im Chat schon andere Gedanken: „die fpö muss sich endlich von nepp krauss hofer usw trennen“, fordert CodeWithJoe, während der „Braune von Wels“ Haimbuchner kein Vertrauen schenken will, dafür aber den Kickl adelt: „Herbert Kickl würde ich als Hoffnungsträger bezeichnen bei Herrn Heimbuchner bin ich anderer Meinung.“
Rechtsextreme und Neonazis sind zwar nicht ganz zufrieden mit der FPÖ, aber doch ziemlich. Sie feuern noch mit anderen Botschaften an: „Weg mit den Systemparteien“, „VDB wegkickeln!“ Antisemitismus darf natürlich auch nicht fehlen: „Soros gehören 51% der Telefongesellschaft A1 in AT, leider kein Wort darüber von der FPÖ“, „der Rabbi, der Mossad und der Mord an Jörg Haider auf YouTube“