Der neue Lack des Jagsthausener Kreises

Fran­co A. war ander­weit­ig im Ein­satz. Der wegen Recht­ster­ror­is­mus verurteilte deutsche Offizier, der zumin­d­est 2016 an der Tagung des Jagsthausen­er Kreis­es in Freilass­ing (Bay­ern) teilgenom­men hat­te, kon­nte zu den zwei Tagun­gen der Jagsthausen­er im Jahr 2022 wegen seines unfrei­willi­gen Haf­taufen­thaltes nicht anreisen. Die Jagsthausen­er wollen zwar nicht mehr so genan­nt wer­den, aber son­st dürfte alles so sein wie früher: deut­lich rechtsextrem.

Ver­mut­lich durften wir daran mitwirken, dass sich der ver­schwiegene Kreis der Jagsthausen­er nicht mehr so nen­nen will, son­dern auf die ziem­lich cleane Beze­ich­nung „Zukun­ftswerk­statt“ wech­selte. Sog­ar der Ort der Tre­f­fen hat gewech­selt: von Freilass­ing an der Gren­ze zu Salzburg nach Anif bei Salzburg. Und ein­er der bei­den Organ­isatoren ist abhan­den gekom­men: Wolf­gang Cas­part, der schrift­sachver­ständi­ge schla­gende Corpsstu­dent, der auch Ver­lässlichkeit­sprü­fun­gen nach dem Waf­fenge­setz vornehmen darf, ist nicht mehr Organisator.

Warum das so ist, erk­lärt der nun­mehr alleinige Organ­isator, Kon­rad Falko Wutsch­er, in dem „Leit­bild“, mit dem im Früh­jahr die „Zukun­ftswerk­statt“ vorgestellt wurde, lei­der nicht. An die 40, 50 Per­so­n­en, „vor allem Unternehmer, Adel, Diplo­mat­en, Mil­itär, Wis­senschaftler usw.“, sollen an den Tagun­gen teil­nehmen: „Die Gäste sind per­sön­lich und hand­ver­lesen ein­ge­laden bzw. sind die Tagun­gen strikt pri­vat und nichtöf­fentlich“, hieß es seit­ens des Veranstalters.

Obwohl „jedem Besuch­er eine strik­te Ver­traulichkeit aufge­tra­gen ist“, gibt es welche, die sich nicht daran hal­ten und öffentlich plaud­ern. Der frühere tschechis­che Staat­spräsi­dent Václav Klaus, der ein­mal ein stram­mer Recht­skon­ser­v­a­tiv­er war, mit­tler­weile aber kein Prob­lem mehr hat, die recht­sex­treme Ver­schwörungserzäh­lung vom „Great Reset“ in den Mund zu nehmen, zeigte wie schon bei seinen früheren Besuchen beim Jagsthausen­er Kreis in Freilass­ing auch dies­mal auf und ver­fasste nach sein­er „kleinen Aus­land­sreise“ Noti­zen, die er auf sein­er Web­site veröffentlichte.

Václav Klaus über seine Teilnahme bei der frisch lackierten "Zukunftswerkstatt" in Anif (Screenshot Website Klaus)

Václav Klaus über seine Teil­nahme bei der frisch lack­ierten „Zukun­ftswerk­statt” in Anif (Screen­shot Web­site Klaus)

Während Václav Klaus noch ganz dezent von ein­er „leb­haften Kon­ferenz“ (30.4. /1.5.22) spricht, wird ein ander­er schon deut­lich­er und legt auf seinem Face­book-Account, in eini­gen Face­book-Grup­pen und auf dem Por­tal seines Klein­ver­lags ordentlich nach und einen hefti­gen Stre­it mit eben­jen­em Vaclav Klaus offen. Peter Haisenko war der Kon­tra­hent, der bei dem streng ver­traulichen Tre­f­fen über die „Bun­desre­pub­lik Deutsch­land – wie geht es weit­er?“ referierte. Haisenko ist ein prorus­sis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Ver­schwörung­spro­pa­gan­dist, dem auf psiram.com ein aus­führlich­er Ein­trag gewid­met ist. Seinem Face­book-Kon­to ent­nehmen wir auch, dass er ein glühen­der Fan der recht­sex­tremen AfD ist.

Peter Haisenko liebt die AfD (Screenshot FB)

Peter Haisenko liebt die AfD (Screen­shot FB)

Aber worum haben sich die zwei denn gestrit­ten, wo sie doch bei­de an die große Weltver­schwörung glauben? Ein tschechis­ch­er Rechter und ein deutsch­er Recht­sex­tremer? Natür­lich um Konzen­tra­tionslager und die Beneš-Dekrete. Wir wollen den unap­peti­tlichen Stre­it hier gar nicht weit­er aus­führen, son­dern ihn mit Peter Haisenko abschließen: „Er ver­ließ unter Protest den gemein­samen Tisch des Aben­dessens.

Haisenko über Konflikt mit Klaus in Anif (Screenshot FB)

Haisenko über Kon­flikt mit Klaus in Anif (Screen­shot FB)

Davon ist bei Václav Klaus, der son­st so gesprächi­gen Plaud­er­tasche, aber gar nichts zu lesen. Vom ersten Tre­f­fen des frisch gestrich­enen „Jagsthausen­er Kreis­es“ ist son­st nicht viel zu bericht­en, Reicht aber eigentlich, oder? Der Lack ist schon wieder ab.

Programm "Zukunftswerkstatt" (Jagsthausener Kreis) April/Mai 22: mit Klimawandelleugner Horst-Joachim Lüdecke, Peter Haisenko und Degussa-Chef Markus Krall

Pro­gramm „Zukun­ftswerk­statt” (Jagsthausen­er Kreis) April/Mai 22: mit Kli­mawan­delleugn­er Horst-Joachim Lüdecke, Peter Haisenko und Degus­sa-Chef Markus Krall

Mit­tler­weile hat bere­its das zweite Tre­f­fen stattge­fun­den: Mitte Okto­ber. Am Pro­gram­men­twurf stand ein­er, der gut zu dem Kreis aus Recht­sex­tremen, Geheim­di­en­stlern, Unternehmern und Mil­itärs, wie wir ihn bere­its aus den früheren Tre­f­fen der Jagsthausen­er ken­nen, passt: Gert Pol­li, der frühere Chef des Bun­de­samtes für Ver­fas­sungss­chutz (BVT) durfte über ein The­ma referieren, in dem er wirk­lich einiges weiß: „Die Schat­ten­wel­ten der Geheim­di­en­ste – ein Erfahrungsbericht“

Damit die Sache nach Pol­li, dem „geheimnisvollen Berater von Innen­min­is­ter Kickl“ (kurier.at, 19.9.18), auch noch eindi­men­sion­al auf der recht­en Lin­ie bleibt, wurde mit dem Ref­er­enten Alexan­dr Sos­nows­ki nachgelegt. „Rus­s­land und Deutsch­land – wie geht es weit­er?“ war das The­ma des rus­sis­chen Kriegstreibers. Im Juni hat­te er im rus­sis­chen Staats­fernse­hen Wladimir Solowjow, den „Mod­er­a­tor“ der Sendung, auf die Idee gebracht, über die – gerin­gen – Waf­fen­re­ser­ven der NATO und Deutsch­lands zu spekulieren. Solowjow: „Dann soll­ten wir eine zweite Front eröff­nen und auf Deutschland draufhauen, solange sie kom­plett unbe­waffnet sind“, rief der Kreml-Pro­pa­gan­dist aus. „Damit es keine Illu­sio­nen bei den Nazis gibt.“ (bz-berlin.de, 16.6.22)

Ob und welche weit­eren Teil­nehmer aus FPÖ, AfD und anderen recht­sex­tremen Kreisen bei den bei­den Tre­f­fen anwe­send waren, wis­sen wir (noch) nicht. Wir freuen uns über entsprechende Mit­teilun­gen! Für 24.–26.3 23 ist das näch­ste Tre­f­fen der Jagsthausen­er bzw. der „Zukun­ftswerk­statt“ geplant – wieder im Hotel Friesach­er in Anif.

Bleibt aber die Frage: Warum sollen recht­sex­treme Meet­ings, bei denen ältere Her­ren über KZ und Beneš-Dekrete stre­it­en und übel­ste Kriegshet­ze ver­bre­it­en, eigentlich in Öster­re­ich stattfinden?

➡️ Die alten Jagsthausener