Dass die Protagonisten dieser Fake News-Schleudern untereinander verbandelt sind, ist nichts Neues: Überschneidungen gibt’s nicht nur auf personeller und inhaltlicher Ebene, über die augenscheinliche Nähe zur FPÖ, sondern auch durch gemeinsame Adressen und die Frage, woher die Finanzierungen stammen. Dazu kommt, dass die rechtsextremen Medien aus oberösterreichischem Stall bemerkenswert rege im deutschen Wahlkampf mitmischen.
Das Rechercheteam von CORRECTIV und Undone berichtet über zwei Falschmeldungen:
Am 11. Mai schreibt der Wochenblick etwa: „Plagiatsjäger lässt aufhorchen: Ist Uni-Abschluss von Grünen-Chefin erfunden?“ Das wird der zweiterfolgreichste Artikel des Wochenblicks in diesem Jahr, fast 7.000 Mal wird er auf Facebook geteilt. Einen Großteil ihrer Reichweite erzielt die österreichische Seite dabei in Deutschland, zum Beispiel durch AfD-Fanseiten auf Facebook. Und sie ist damit nicht die einzige. (…) Ebenfalls am 11. Mai veröffentlicht Report24 einen Text mit dem Titel: „Skandal bei den Grünen: Hat Baerbock nicht mal einen Bachelor-Abschluss?“ Damals existierte die Seite erst ein paar Monate, doch es ist bis heute ihr erfolgreichster Artikel: Der Beitrag wird 13.300 Mal auf Facebook geteilt, bekommt dort außerdem 33.000 Reaktionen und 19.600 Kommentare. Auch hier wieder vor allem durch deutsche Facebookseiten. Beiträge mit so vielen Reaktionen erreichen potenziell Millionen Menschen. Die Medien aus Österreich sorgen mit dafür, dass die Debatte um Annalena Baerbocks Lebenslauf so groß wird, dass deutsche Medien darüber berichten. (correctiv.org, 23.9.21)
Wir wissen: Baerbock hat einen Studienabschluss, doch die Desinformationsmaschinen sind angelaufen und schlagen (nicht nur) in Deutschland kampagnenartig breit auf. Eine Untersuchung ergab: Von den Fake News, die mit Fokus auf die Bundestagswahlen von Jänner bis August 21 verbreitet worden waren, betrafen 71% Annalena Baerbock, 29% Armin Laschet und keine einzige Olaf Scholz, dem ursprünglich auch nur geringe Chancen für das Kanzleramt eingeräumt wurden.
Doch zurück nach Österreich: Das deutsche Rechercheteam suchte in Begleitung des ehemaligen Kriminalbeamten und Kenners der Szene Uwe Sailer jene Adresse auf, die gleich von drei oberösterreichischen Desinformationsmedien im Impressum angegeben ist.
Die Adresse im Impressum, in der Steingasse 6A, gehört zu einem weißen Neubau am Rande der Altstadt von Linz. Allerdings sieht man durch die großen Fenster nur leere Räume, leere Tische, leere Sitzecken. Das Gebäude gehört Regus, einer internationalen Firma, die Büros vermietet und Firmensitze verwaltet. Das ist noch eine Gemeinsamkeit mit Wochenblick– die angegebene Adresse führt nicht wirklich zu einer Redaktion. Zwei weitere österreichische Medien haben dieses Haus als Geschäftsadresse angegeben: Info-Direkt, ein Online-Medium, das neben Falschmeldungen durchgehend pro-Putin und meist pro-FPÖ berichtet, und Auf1, ein TV-Sender, der von einem Mann namens Stefan Magnet geleitet wird. (CORRECTIV)
Das Team suchte eine weitere Adresse in Linz auf, die Weingartshofstraße 37–39, wo Büros der Medien24 GmbH, die hinter dem Wochenblick steckt, zu finden sind. „Uwe Sailer kam auf die richtige Adresse in Linz, weil hier auch eine andere Firma sitzt: Die MS Medienlogistik Werbe GmbH von Stefan Magnet. Das ist der Mann, dessen Medium Auf1 wiederum an derselben Adresse firmiert wie Report24.” (CORRECTIV) Die Medien24 hat zwar offiziell ihren Sitz im oberösterreichischen Brunnenthal, dass sie realiter in Linz residiert, ist aber nur ihrem vk-Konto zu entnehmen.
Die Querverbindungen sind klar, nicht jedoch die Finanzierungsflüsse, denn da wird im Fall von AUF1 und Report24 nur kursorisch angegeben, man lebe von Spenden. Das mag schon sein. Dass sie nur von kleinen Beträgen der Leser*innen stammen, ist jedoch mit ziemlicher Sicherheit auszuschließen. Dafür hat Magnet fürs Rechercheteam eine andere Neuigkeit parat: Er will mit seinem Internet-TV ein Hauptstadtstudio machen. Er meint damit nicht Wien, sondern Berlin.
Jenes Team, das den Podcast „Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?“ produzierte, hat sich in „Noise“ mit dem Wahlkampflärm beschäftigt, nämlich jenem, der Desinformation produziert. „Welche Kräfte stecken dahinter? Welche Macht haben Technologien und Plattformen, die diesen ganzen Lärm weiter aufdrehen?“ Die Folge „Vienna Calling“ dreht sich um die Recherchen zu den oberösterreichischen Desinformationsmedien.
Erste Hintergrundbeiträge von „Stoppt die Rechten” zu den oben erwähnten Medien:
➡️ Wer steckt hinter „Info-Direkt“? (2015)
➡️ Wochenblick: … und noch ein „freiheitliches Magazin (2016)
➡️ Wer steckt hinter AUF1-TV? (2021)