Was wurde denn aus … Gary Lauck?

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In unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den berich­ten wir unter die­sem Titel über Per­so­nen aus der rechts­extre­men Sze­ne, die zwar aus der Öffent­lich­keit ver­schwun­den oder abge­taucht, aber den­noch wei­ter­hin aktiv sind. Heu­te ist Gary oder Ger­hard Lauck dran. Lauck ist ein US-Neo­na­zi, Holo­caust-Leug­ner und Grün­der der NSDAP/AO (AO steht für Aus­lands- und Auf­bau­or­ga­ni­sa­ti­on). Die hat dem Gott­fried Küs­sel einst so gefal­len, dass er ihr bei­trat – eini­ge ande­re öster­rei­chi­sche Neo­na­zis auch.

Die Web­site des Gary Lauck bzw. der NSDAP/AO ist ziem­lich alt bzw. alt­ba­cken, unge­fähr so wie Lauck selbst, der ja auch schon eini­ge Jah­re auf sei­nem brau­nen Buckel hat (dar­an ändert auch nichts, dass es jetzt eine neue Ver­si­on der Sei­te gibt). Frü­her ein­mal waren der Gary und sei­ne NSDAP/AO eine gro­ße Num­mer, aber das ist auch schon eini­ge Jah­re her. Gegrün­det wur­de die NSDAP/AO 1972. Da war Lauck schlan­ke 19 Jah­re alt. Dem Anlass ent­spre­chend gab er sich damals den ger­ma­ni­schen Namen Ger­hard. Schluss mit Gary! Weni­ge Jah­re spä­ter wäre bald Schluss mit sei­nem Bru­der gewe­sen. Gary ali­as Ger­hard schoss näm­lich 1978 auf Bru­der Jer­ry in der elter­li­chen Woh­nung und ver­letz­te ihn dabei. Eine poli­ti­sche Abnei­gung gegen den Bru­der war vor­han­den, ob sie auch das Motiv für den Schuss war, konn­te nicht geklärt wer­den. Nach­dem Jer­ry nicht vor Gericht erschien, wur­de die Ankla­ge gegen Gary näm­lich fallengelassen.

Gary Lauck in Lieblingskleidung

Gary Lauck in Lieblingskleidung

Gary Lauck in Zivil

Gary Lauck in Zivil

Das Geschäfts­mo­dell der NSDAP/AO war ein­fach und effi­zi­ent. Die in Euro­pa unter­ein­an­der in diver­se Kleinst­grup­pen zer­split­ter­ten Nazis konn­ten sich mit einem ein­heit­lich gestal­te­ten Mate­ri­al der NSDAP/AO aus den USA ver­sor­gen las­sen. Gegen Gebühr lie­fer­te Lauck Pickerl, Pos­ter, Bücher, Fähn­chen und ande­re Nazi-Devo­tio­na­li­en. Auch eine Zeit­schrift in deut­scher Spra­che, den „NS-Kampf­ruf“, gab’s bald. Die vie­len Nazi-Kleinst­grup­pen und Ein­zel­kämp­fer hat­ten plötz­lich eine schein­bar mäch­ti­ge Orga­ni­sa­ti­on im Rücken: die NSDAP/AO, die den Natio­nal­so­zia­lis­mus und die NSDAP wie­der instal­lie­ren woll­te. Als in der Pogrom­nacht im Novem­ber 1976 ganz Frankfurt/Main mit Pos­tern und Pickerln der NSDAP/AO zuge­pflas­tert wur­de, auf denen stand, „Wir sind wie­der da. Rot­front ver­re­cke. Kauft nicht bei Juden“, ver­fehl­te das nicht sei­ne Wirkung.

Immer wie­der mal wur­de Lauck beim Ver­such, NS-Pro­pa­gan­da­ma­te­ri­al per­sön­lich nach Deutsch­land ein­zu­füh­ren, fest­ge­nom­men, dann jedoch abge­scho­ben. In den 1990er-Jah­ren hat­ten die deut­schen Ver­fas­sungs­schüt­zer so vie­le bezahl­te Infor­man­ten in die NSDAP/AO inte­griert, dass sie über jede Akti­on von Lauck & Co Bescheid wuss­ten. Da war es aber auch schon aller­höchs­te Zeit: Die NSDAP/AO hat­te näm­lich längst nicht mehr bloß Deutsch­land und Öster­reich als Betreu­ungs­ge­biet, son­dern schon sehr viel mehr Län­der -– vor allem in Nord- und Ost­eu­ro­pa. Und: Die NSDAP/AO übte schon in para­mi­li­tä­ri­schen Struk­tu­ren, orga­ni­sier­te Waf­fen­übun­gen und ter­ro­ris­ti­sche Aktionen.

1995 wur­de Lauck schließ­lich in Däne­mark ver­haf­tet und anschlie­ßend an die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land wei­ter­ge­reicht, wo ihn ein Pro­zess erwar­te­te, in dem er 1996 wegen Volks­ver­het­zung und Auf­sta­che­lung zum Ras­sen­hass zu vier Jah­ren Haft ver­ur­teilt wur­de. Nach sei­ner Frei­las­sung fand Lauck neue ver­än­der­te Ver­hält­nis­se vor, denn das Inter­net hat­te sich eta­bliert. Neo­na­zis konn­ten sich viel ein­fa­cher als frü­her – auch über Län­der­gren­zen hin­weg – ver­bin­den, waren nicht mehr auf phy­si­sche Nazi-Mate­ria­li­en aus den USA angewiesen.

Das Geschäfts­mo­dell des Gary Lauck hat­te sich in gewis­ser Wei­se über­lebt. Aber Lauck fand eine Lücke. Vie­le der neu­en Neo­na­zi-Web­sites lie­fen über Ser­ver und Pro­vi­der, die nicht der hei­mi­schen Gerichts­bar­keit ent­zo­gen waren. Lauck bot den euro­päi­schen Neo­na­zis die Web­hos­ting-Platt­form zensurfrei.com mit Sitz in den USA an, z.B. auch die Ost­ara-Web­site des Franz Swo­bo­da. Eini­ge sei­ner „vor­sorg­lich“ ange­mel­de­ten Domains wie verfassungsschutz.org muss­te er zwar wie­der auf­ge­ben, aber das Geschäft selbst läuft noch immer – wenn auch mit wesent­lich höhe­ren Tari­fen als in der Anfangszeit.

Gary Lauck auf Alt und Seriös (Screenshot Facebook)

Gary Lauck auf Alt und Seri­ös (Screen­shot Facebook)

Die Web­site der NSDAP/AO betreibt Lauck noch immer, sie hat jedoch nicht wirk­lich Neu­es zu bie­ten. Die gewalt­sa­men Auf­mär­sche von Rechts­extre­men und Neo­na­zis in Char­lot­tes­ville 2017 brach­ten auch für den Alt­meis­ter der US-Neo­na­zis neue Auf­merk­sam­keit. Schließ­lich gibt es unter den diver­sen Anfüh­rern kaum einen – aus­ge­nom­men viel­leicht David Duke –, der über so vie­le inter­na­tio­na­le Ver­bin­dun­gen und Netz­wer­ke ver­fü­gen kann wie Lauck.

Nazidreck von Gary Lauck

Nazidreck von Gary Lauck

Seit 2017 ist Lauck auch auf Face­book und Twit­ter ver­tre­ten, auf Twit­ter aller­dings seit einem Jahr nur mehr schwei­gend. Auf Face­book hat er sich mitt­ler­wei­le mit über 4.000 Men­schen befreun­det, dar­un­ter vie­le, die ihn auf­grund ihres Alters nicht mehr aus sei­nen Glanz­zei­ten ken­nen kön­nen. Da sind dann auch etli­che Österreicher*innen zu finden.

Gary Lauck auf Facebook

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Gary Lauck auf Twitter

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➡️ Wiki­pe­dia-Ein­trag zu Gary Lauck (wenig ergiebig)
➡️ Spie­gel-Bei­trä­ge zu Gary Lauck

➡️ Was wur­de denn aus … Karl Steinhauser
➡️ Was wur­de denn aus … Hel­mut Pilhar?