Die Website des Gary Lauck bzw. der NSDAP/AO ist ziemlich alt bzw. altbacken, ungefähr so wie Lauck selbst, der ja auch schon einige Jahre auf seinem braunen Buckel hat (daran ändert auch nichts, dass es jetzt eine neue Version der Seite gibt). Früher einmal waren der Gary und seine NSDAP/AO eine große Nummer, aber das ist auch schon einige Jahre her. Gegründet wurde die NSDAP/AO 1972. Da war Lauck schlanke 19 Jahre alt. Dem Anlass entsprechend gab er sich damals den germanischen Namen Gerhard. Schluss mit Gary! Wenige Jahre später wäre bald Schluss mit seinem Bruder gewesen. Gary alias Gerhard schoss nämlich 1978 auf Bruder Jerry in der elterlichen Wohnung und verletzte ihn dabei. Eine politische Abneigung gegen den Bruder war vorhanden, ob sie auch das Motiv für den Schuss war, konnte nicht geklärt werden. Nachdem Jerry nicht vor Gericht erschien, wurde die Anklage gegen Gary nämlich fallengelassen.
Das Geschäftsmodell der NSDAP/AO war einfach und effizient. Die in Europa untereinander in diverse Kleinstgruppen zersplitterten Nazis konnten sich mit einem einheitlich gestalteten Material der NSDAP/AO aus den USA versorgen lassen. Gegen Gebühr lieferte Lauck Pickerl, Poster, Bücher, Fähnchen und andere Nazi-Devotionalien. Auch eine Zeitschrift in deutscher Sprache, den „NS-Kampfruf“, gab’s bald. Die vielen Nazi-Kleinstgruppen und Einzelkämpfer hatten plötzlich eine scheinbar mächtige Organisation im Rücken: die NSDAP/AO, die den Nationalsozialismus und die NSDAP wieder installieren wollte. Als in der Pogromnacht im November 1976 ganz Frankfurt/Main mit Postern und Pickerln der NSDAP/AO zugepflastert wurde, auf denen stand, „Wir sind wieder da. Rotfront verrecke. Kauft nicht bei Juden“, verfehlte das nicht seine Wirkung.
Immer wieder mal wurde Lauck beim Versuch, NS-Propagandamaterial persönlich nach Deutschland einzuführen, festgenommen, dann jedoch abgeschoben. In den 1990er-Jahren hatten die deutschen Verfassungsschützer so viele bezahlte Informanten in die NSDAP/AO integriert, dass sie über jede Aktion von Lauck & Co Bescheid wussten. Da war es aber auch schon allerhöchste Zeit: Die NSDAP/AO hatte nämlich längst nicht mehr bloß Deutschland und Österreich als Betreuungsgebiet, sondern schon sehr viel mehr Länder -– vor allem in Nord- und Osteuropa. Und: Die NSDAP/AO übte schon in paramilitärischen Strukturen, organisierte Waffenübungen und terroristische Aktionen.
1995 wurde Lauck schließlich in Dänemark verhaftet und anschließend an die Bundesrepublik Deutschland weitergereicht, wo ihn ein Prozess erwartete, in dem er 1996 wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhass zu vier Jahren Haft verurteilt wurde. Nach seiner Freilassung fand Lauck neue veränderte Verhältnisse vor, denn das Internet hatte sich etabliert. Neonazis konnten sich viel einfacher als früher – auch über Ländergrenzen hinweg – verbinden, waren nicht mehr auf physische Nazi-Materialien aus den USA angewiesen.
Das Geschäftsmodell des Gary Lauck hatte sich in gewisser Weise überlebt. Aber Lauck fand eine Lücke. Viele der neuen Neonazi-Websites liefen über Server und Provider, die nicht der heimischen Gerichtsbarkeit entzogen waren. Lauck bot den europäischen Neonazis die Webhosting-Plattform zensurfrei.com mit Sitz in den USA an, z.B. auch die Ostara-Website des Franz Swoboda. Einige seiner „vorsorglich“ angemeldeten Domains wie verfassungsschutz.org musste er zwar wieder aufgeben, aber das Geschäft selbst läuft noch immer – wenn auch mit wesentlich höheren Tarifen als in der Anfangszeit.
Die Website der NSDAP/AO betreibt Lauck noch immer, sie hat jedoch nicht wirklich Neues zu bieten. Die gewaltsamen Aufmärsche von Rechtsextremen und Neonazis in Charlottesville 2017 brachten auch für den Altmeister der US-Neonazis neue Aufmerksamkeit. Schließlich gibt es unter den diversen Anführern kaum einen – ausgenommen vielleicht David Duke –, der über so viele internationale Verbindungen und Netzwerke verfügen kann wie Lauck.
Seit 2017 ist Lauck auch auf Facebook und Twitter vertreten, auf Twitter allerdings seit einem Jahr nur mehr schweigend. Auf Facebook hat er sich mittlerweile mit über 4.000 Menschen befreundet, darunter viele, die ihn aufgrund ihres Alters nicht mehr aus seinen Glanzzeiten kennen können. Da sind dann auch etliche Österreicher*innen zu finden.
➡️ Wikipedia-Eintrag zu Gary Lauck (wenig ergiebig)
➡️ Spiegel-Beiträge zu Gary Lauck
➡️ Was wurde denn aus … Karl Steinhauser
➡️ Was wurde denn aus … Helmut Pilhar?