Wir haben unzählige Male über das zumindest zeitweise größte Treffen von Neonazis in Europa berichtet. Würde die Republik ihr antifaschistischen Bekenntnis auch nur einigermaßen ernst nehmen, dann gäbe keinen Zweifel: Der jährlich in Mai stattfindende Ustascha-Aufmarsch sollte schon lange nicht mehr stattfinden. Doch nun, wo ein generelles Veranstaltungsverbot bis Ende Juni angekündigt wurde, wo noch nicht einmal klar ist, wann esc wieder einen einigermaßen regulären Schulbetrieb geben kann, wird plötzlich offen gelassen, ob sich am 16. Mai wieder Tausende in Bleiburg/Pliberk versammeln können, um ein faschistisches Regime gedanklich hochleben zu lassen.
Wir kennen die vielen Nachrichten über die krisenbedingte Absage von Veranstaltungen. Auch das Mauthausen Komitee musste seine jährlichen Befreiungsfeiern, vor allem jene in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, ins Internet verlagern. Das ist ein sehr harter Schlag vor allem für jene wenigen noch nicht verstorbenen Opfer, denen es gelungen war, die Mordmaschinerie der Nazis zu überleben. Zusammen mit dem „Fest der Freude“ am Wiener Heldenplatz gilt die Befreiungsfeier in Mauthausen als wichtigstes, von breiten gesellschaftlichen und politischen Schichten getragenes jährliches Ritual, das der NS-Opfer gedenkt, aber zugleich ein starkes Bekenntnis der Republik zu einem „Nie wieder“ darstellt oder zumindest darstellen sollte.
Und ausgerechnet jetzt platzt die Meldung hinein, es offen, ob der für den 16. Mai geplante Ustascha-Aufmarsch nun nicht doch stattfinden könnte.
Laufend werden Großveranstaltungen der nächsten Monate in Kärnten abgesagt. Noch offen ist, ob am 16. Mai das alljährliche, umstrittene Treffen am Loibacher Feld stattfinden wird. Weil es bereits vor Monaten angemeldet wurde, müssen sich die Behörden vorbereiten. (…)
Laut Auskunft der Landesregierung haben die Veranstalter bis 48 Stunden vor dem angemeldeten Termin Zeit, das Treffen zu fixieren. Die Polizei versucht, ausreichende Ressourcen einzuplanen. Noch ist nicht klar, ob das Gesundheitsministerium die durch das krisenbedingten Ausgangsbeschränkungen weiter verlängern wird. (kaernten.orf.at, 16.4.20)
Geht’s noch? Das gesamte Land ist im Krisenmodus, Leute werden abgestraft, wenn sie alleine auf einem Parkbankerl sitzen, der Wiener Bevölkerung wurde wochenlang der Zugang zu Grünflächen verweigert, und dann gibt die Kärntner Landesregierung bekannt, es sei noch offen, ob der Faschisten-Aufmarsch stattfinden kann. Als Draufgabe muss sich die Polizei darauf auch noch vorbereiten.
Hier ist eine umgehende Klarstellung notwendig. Nicht ausschließlich wegen des hohen gesundheitlichen Risikos, die eine Versammlung von mehreren Tausend Personen darstellen würde, sondern vor allem wegen des verheerenden Signals, das auch nur mit der Denkmöglichkeit, der Aufmarsch könnte stattfinden, ausgeschickt würde: Während sich das antifaschistische Österreich zum 75. Jahrestag der Befreiung vom nationalsozialistischen Regime auf Bekundungen ins Internet zurückziehen muss, können Ewiggestrige die Abhaltung ihrer ideologischen Gegenveranstaltung planen. Das käme in jeder Hinsicht einer moralischen Bankrotterklärung gleich.
Rechtliche Möglichkeiten und Anlässe, das Treffen zu verbieten, gab es bereits in der Vergangenheit. Jetzt gibt es die erst recht.
Update 10h38: Presseaussendung der Grünen Nationalratsabgeordneten Olga Voglauer
Ustascha-Aufmarsch in Bleiburg findet nicht statt
Der jährliche Aufmarsch in Bleiburg wird heuer aufgrund der Corona-Einschränkungen nicht stattfinden. Die Bundesregierung hat bereits bekannt gegeben, dass jedenfalls bis Ende Juni keine Veranstaltungen zugelassen sein werden.
„Im Jahr 2020 wird das Faschisten-Treffen aufgrund von Corona jedenfalls nicht stattfinden können. Aber auch für die Zukunft gilt, dass diese Veranstaltung nicht mehr stattfinden darf”, sagt Olga Voglauer, Nationalratsabgeordnete und Landessprecherin der Grünen Kärnten.
Bei der revisionistischen Gedenkveranstaltung an der bis zu 40.000 Personen teilnahmen, kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu nationalsozialistischer Wiederbetätigung und Hitlergrüßen. „Wir setzen gemeinsam mit Innenminister Nehammer alles daran, das Faschisten-Treffen im Loibacher Feld auch nach Ende der Corona-Krise zu verhindern“, hält Voglauer fest.