Das Heeresgeschichtliche Museum (HGM) im Wiener Arsenal dient Militaristen, Monarchisten und Rechtsextremen verschiedener Schattierung als Projektionsfläche – das haben wir in unserer Serie ausführlich beschrieben und damit etliche Reaktionen ausgelöst. Der damalige Verteidigungsminister Starlinger setzte Kommissionen ein, die sich mit dem HGM aus unterschiedlichen Perspektiven beschäftigten bzw. beschäftigen sollten.
Ergebnisse liegen noch nicht vor – jedenfalls nicht öffentlich. Das betrifft auch einen anderen Bericht, der nicht von einer Kommission des Verteidigungsministeriums, sondern vom Rechnungshof erstellt wurde. Auch auf der Tagung war am Rande immer wieder vom Rechnungshofbericht über das Heeresgeschichtliche die Rede, der so vernichtend ausgefallen sein soll wie kaum ein anderer zuvor. Wie immer können nach dem Rohbericht die betroffenen Institutionen (in diesem Fall wohl das HGM und das Ministerium selbst) noch Stellung nehmen und versuchen, die Kritik abzuschwächen. Fast alle Befragten gehen jedenfalls davon aus, dass es bis zur Präsentation des Berichts nicht zu einer Neubestellung des HGM-Direktors kommen wird. Der Vertrag des alten Direktors ist mit Ende Jänner abgelaufen und interimistisch verlängert worden.
Die Widerstände gegen eine Neu- und Umgestaltung des HGM sind jedenfalls spürbar und zäh. Die aktuelle Führung des HGM ist auf Tauchstation. Bei der Tagung war zwar der stellvertretende Direktor anwesend, nahm aber nicht zu der massiven Kritik Stellung. Das unterschied ihn deutlich vom früheren Direktor des HGM, Manfried Rauchensteiner, der sich zwar nicht zu den Entwicklungen nach seiner Amtszeit (1992–2004) äußern wollte, aber davon sprach, dass er damals bei seinen Versuchen, eine Neuausrichtung des HGM einzuleiten, weder finanziell noch politisch eine Unterstützung erhalten habe.
Der Kunsthistoriker und Museumsexperte Gottfried Fliedl, der sich auf dem Blog „Museologien“ seit Jahren immer wieder auch mit dem HGM beschäftigt und die Tagung publizistisch begleitet hat (etwa hier oder hier oder hier) nimmt in sein Resümee zur Veranstaltung bzw. zum Bericht des „Standard“ darüber die „aggressive Haltung“ der zahlreichen Postings auf, die auch für ihn den Eindruck vom HGM als „einem Identifikationsort rechter Ideologie“ bestätigt:
„Die Heftigkeit und Massivität der Reaktionen ist erschreckend und läßt es dringlicher denn je erscheinen, daß sich das Museum ändern muß. Dabei sollte auch dessen Auflösung als Militärmuseum kein Tabu sein. Es ist fraglich, wozu ein neutrales Land mit einem bescheidenen Heer, das keinerlei militärische Ambitionen hegt, ein so großes einschlägiges Museum benötigt.“ (Das Wiener Heeresgeschichtliche Museum. Eine Tagung, ein Medienbericht, ein Shitstorm)
Das Resümee der beiden Podiumsdiskussionen, mit denen die Tagung abgeschlossen wurde, ist sehr ähnlich ausgefallen. Der Abend der Veranstaltung war zwei Podien gewidmet: Im ersten drückten der Politikwissenschafter Walter Manoschek und die ehemalige Chefkuratorin des Jüdischen Museums Wien, Felicitas Heimann-Jelinek, ihr Entsetzen über den inhaltlichen Zustand des HGM aus. Kritisiert wurden nicht nur die kontextlose Aufstellung der Objekte, sondern auch die Leerstellen. „Es sei ‚eine Parallelwelt’, ‚ein Skandal’ – von der Forschung, die in den letzten 30 Jahren passiert ist, finde sich ‚null’. ‚In Deutschland würde so etwas nach ein paar Monaten zugesperrt’, so Manoschek.“ (derstandard.at, 27.1.20)
Die beiden aus dem Bundesheer kommenden Hubertus Trauttenberg, General im Ruhestand, und Gerhard Vogl, ehemaliger Berufsoffizier und ORF-Journalist, äußerten sich nicht ganz so drastisch wie ihre VorrednerInnen, Einigkeit gab es jedoch an der grundsätzlichen Kritik am HGM, insbesondere was den zeitgeschichtlichen Saal 7 betrifft. Dirk Rupnow, Historiker und Dekan an der Universität Innsbruck, hat in der Vergangenheit das HGM mehrfach mit Studierenden besucht, um ein Beispiel einer völlig misslungenen Geschichtsdarstellung und ‑aufarbeitung zu zeigen. Er vermisst im Regierungsprogramm konkrete Vorhaben zum HGM.
„Ein Rechnungshofbericht zum HGM, der wohl im Frühjahr vorliegen wird, soll dem Vernehmen nach auch wirtschaftlich ein desaströses Bild zeichnen. Der Direktorenposten, heißt es, werde ebenfalls im Frühjahr neu ausgeschrieben. Theoretisch könnte sich dann auch Ortner erneut bewerben. Dass aber ausgerechnet ihm eine Neuaufstellung des Hauses gelingen sollte, daran haben die Kritiker ihre Zweifel.“ (derstandard.at, 27.1.20)
Eine Überraschung gab’s zum Schluss: Nach der Frage durch eine Veranstalterin, wer denn vom HGM bei dieser Veranstaltung anwesend sei, meldeten sich einige Personen, eine gab sich auch zu erkennen: Es war der Vizedirektor des HGM Christoph Hatschek, der es aber vorzog, sich zu den massiven Vorwürfen nicht zu äußern.
Wir haben auch die beiden OrganisatorInnen der Veranstaltung, Elena Messner (EM)und Nils Olger, zu ihrem Resümee befragt und dazu von Elena folgende Antworten erhalten, denen sich Nils ausdrücklich anschließt:
SdR: Banal, aber unerlässlich die Frage an die OrganisatorInnen: Seid Ihr zufrieden mit der Veranstaltung?
EM: Mehr als zufrieden!
SdR: Was waren für Euch die wichtigsten Erkenntnisse bzw. Ergebnisse?
EM: Es war lohnend, dermaßen viele renommierte Personen aus Wissenschaft so präzise und analytisch über die Problematik sprechen zu hören. Der hohe wissenschaftliche Anspruch, die kulturpolitisch anspruchsvollen Debatten des engagierten Publikums und auch die künstlerisch wirklich spannenden Positionen haben das Thema derart multiperspektivisch beleuchtet, dass man von einem fast historischen Erlebnis sprechen kann. Das Bedürfnis nach echter, tiefgehender Auseinandersetzung war spürbar. Eine unglaublich konstruktive Energie.
SdR: Wie geht‘s weiter von Eurer Seite? Es gab ja sehr viele, sehr spannende und anregende Beiträge. Ich nehme an, es wird eine Dokumentation geben, oder?
EM: Wir sind zuversichtlich, dass wir alles gut dokumentieren werden. Derzeit sitzen wir aber noch an der Nachbearbeitung des dichten Programms.
SdR: Und sonst? Habt Ihr noch etwas vor in Sachen HGM?
EM: Ja.
Berichte zur Tagung „#HGMneudenken“
Der Standard, 27.1.2020
Skug.at , 6.2.2020
Facebook „#HGMneudenken“
Kritik an SdR wegen unserer Berichterstattung
Feiglherbert1: „ersten das buch von ingomar pust Tragödie der Tapferkeit bekommt man überall sogar die erst Ausgabe da ist nix verwerfliches drann. zweitens über die Greueltaten der Alliierten und speziell der Russen schweigt ihr. ihr verlogenes pack“
Gelbwesten Kurti: „Wer überall was „braunes” sieht, und sich über Modellpanzer (die es überall gibt) aufregt, leidet schon ziemlich an Paranoia ! Der linke Klimafaschismus ist aktuell die wirkliche Gefahr ! Ganz dicht seids ihr nicht !“