Zwischen Drohung und Trollfabrik

Während sich die Stra­che-Fans in den wildesten Speku­la­tio­nen über ihr – gegen seinen Willen mit Dro­gen abge­fülltes und vom Him­mel gefal­l­enes – Idol erge­hen, befeuert HC neuerd­ings die Gerüchte mit abge­s­tande­nen Zeitungsmeldun­gen aus rus­sis­ch­er Fab­rika­tion. Ein­samer Höhep­unkt der Selb­st­de­mask­ierung: ein alter Bericht ein­er „Berlin­er Tageszeitung“ in schlechtem Deutsch, dafür aber mit ein­er hefti­gen Drohung.

Alles kommt früher oder später an das Tages­licht. Jeden Tag kom­men mehr Infor­ma­tio­nen über die krim­inelle Videoak­tion, die Täter, Hin­ter­män­ner, Auf­tragge­ber und möglichen poli­tis­chen Ver­strick­un­gen zum Vorschein!“, postete HC am 6.6. auf sein­er Face­book-Seite und teilte dazu eine alte Mel­dung der „Berlin­er Tageszeitung“ vom 23.5.19. Das erweckt den Ein­druck, als ob der von seinem Absturz geplagte Ex-Vizekan­zler gar nicht so richtig nachkom­men würde mit dem Aufar­beit­en der Infor­ma­tio­nen über die Hin­ter­män­ner und Auf­tragge­ber des pein­lichen Ibiza-Videos.

HC Strache und die Trollfabrik "Berliner Tageszeitung"

HC Stra­che und die Troll­fab­rik „Berlin­er Tageszeitung”

Schon der erste Absatz aus der Mel­dung der „Berlin­er Tageszeitung“ mit dem Titel, „Öster­re­ich. Die Jagd nach Julian H. und Ramin M. hat begonnen“, macht klar, dass es da nicht um Infor­ma­tion, son­dern um Dro­hung geht. Da ist von „höchst krim­inellen Umstän­den“ und „krim­inellen Verur­sach­ern“ die Rede, aber nicht Stra­che und Gude­nus sind damit gemeint, son­dern die mut­maßlichen Video-Pro­duzen­ten und ihre Hin­ter­män­ner, die gejagt wer­den: „[D]iese jagt [sic!] kön­nte gnaden­los wer­den, mit der Gefahr für Leib und Leben.

Der Beitrag spricht also eine klare Dro­hung aus und legt sie dem rus­sis­chen Mil­liardär Makarow gerüchteweise in die Wiege. Das ent­lastet natür­lich den Ex-Vizekan­zler total, der den Bericht mit der gerüchteweisen (Mord-)Drohung gegen die „krim­inellen Verur­sach­er“ ja nur so teilt, wie einst Pon­tius Pila­tus seine Hände in Unschuld wusch.

Weil wir ger­ade bei der Kreuzi­gungs­geschichte sind: Im Bericht der „Berlin­er Tageszeitung“ taucht auch der Judas auf! Die Zeitung will näm­lich auf „Berlin­er Straßen“ gehört haben, dass Berlin­er Bürg­er über den „Judas-Dienst“ (!) von „Spiegel“ und „Süd­deutsche Zeitung“ verärg­ert sind. Über den „Judas-Dienst“? Wird da etwa auf ein anti­semi­tis­ches Klis­chee zurück­ge­grif­f­en? Das man aus der Gosse her­aus­ge­fis­cht hat?

Berliner Tageszeitung: Screenshot mit Gerüchten und Fehlern

Berlin­er Tageszeitung: Screen­shot mit Gerücht­en und Fehlern

Apro­pos „Berlin­er Straßen“: Dass die „Berlin­er Tageszeitung“ dort etwas gehört haben will, mutet etwas selt­sam an. Die „Berlin­er Tageszeitung“, die es nur im Netz gibt, wird näm­lich nicht in Berlin redak­tionell gestal­tet, son­dern in Tiraspol, der Haupt­stadt von Transnistrien. Transnistrien wiederum nen­nt sich das von der Repub­lik Moldaw­ien abges­pal­tene, von nie­man­dem anerkan­nte Regime unter rus­sis­chem Ein­fluss. Das Impres­sum nen­nt einen Alexan­der Schewtschuk als Chefredak­teur, betont aber gle­ichzeit­ig, dass der Chefredak­teur bei dieser Zeitung nichts zu sagen hat, son­dern die Blat­tlin­ie von den Her­aus­ge­bern und der Eigner­in bes­timmt wird.

Wer aber sind die Her­aus­ge­ber und die Eigner­in dieses selt­samen Medi­enun­ternehmens? Darüber schweigt sich das Impres­sum eige­nar­tiger­weise aus, obwohl es die Geset­zessstellen aus dem deutschen Teleme­di­enge­setz, die diese Nen­nung ver­lan­gen, brav zitiert. Da die „Berlin­er Tageszeitung“ aber nicht in Berlin, son­dern in Transnistrien zuhause ist, sind die zitierten deutschen Geset­ze nur Blend­schmuck oder – wie man auf Wiener Straßen sagen würde – „für die Würst‘“.

Redak­teure, die auf „Berlin­er Straßen“ den Men­schen ihren anti­jüdisch einge­färbten Ärg­er über das Ibiza-Video bzw. dessen Veröf­fentlichung von den Lip­pen able­sen wür­den, wer­den im umfan­gre­ichen Impres­sum nicht genan­nt, aber Hin­weise auf solche find­en sich doch. So wird behauptet, die Zeitung „beschäftigt auss­chließlich außer­halb der Europäis­chen Union, Free­lancer-Redak­teure für die Bere­iche Poli­tik, Ver­mis­cht­es, Wirtschaft, Sport, Enter­tain­ment, Kul­tur, Reise, Medi­en, Tech­nik Video-News, Wis­senschaft und Inter­net“.

Das geht sich mit der Berichter­stat­tung direkt von den „Berlin­er Straßen“ nicht so gut aus und drängt uns zu der Nach­frage, auf den Straßen welch­er Län­der außer­halb der EU die Free­lancer-Redak­teure denn nun aufgeklaubt wer­den? Wir haben zwar so eine dun­kle Ahnung, die wir aber nicht aus­führen wollen, weil sich die „Berlin­er Tageszeitung“ näm­lich jegliche Schmähkri­tik gegen Redak­teure ver­bit­tet und von deren Betreibern „Unter­las­sung und finanziellen Schaden­er­satz“ einfordert.

Redak­tionelle Beiträge, so heißt es weit­er im Impres­sum, „wer­den unter anderem auch durch Presseagen­turen bezo­gen“. Aha! Wer auch immer die Beiträge in diesem Medi­um ver­fasst, der stützt sich laut Impres­sum auf „Nachrichten‑, Informations‑, Video- und Bilder­di­en­ste“ oder bezieht die Beiträge von diesen. Und von welchen?

Sem Dnjej, VGTRK, Gor­chakov, Inter­fax, RT, Mail.RU-Group, Val­dai, ZVEZDA-TV, W.-P.-Kur’erSNA, RIA FAN, Sput­nik, Sinow­jew-Klub, TASS, 1TV, Xin­hua und Euronews

die dubiosen Quellen der Berliner Tageszeitung

die dubiosen Quellen der Berlin­er Tageszeitung

Wir sind ger­adezu über­wältigt von dieser Vielfalt und Fülle! Für die Bew­er­tung dieser Quellen stützen wir uns auf „EUvsDisinfo.eu“, eine von der EU lancierte Web­seite mit dem Ziel, über die rus­sis­che Desin­for­ma­tion Aufk­lärung zu schaf­fen. Am 31. Mai erschien dort der Beitrag „The Pro-Krem­lin Mas­quer­ade in Berlin“, der sich mit Stra­ches „Berlin­er Tageszeitung“ beschäftigte.

EuvsDisInfo zu Berliner Tageszeitung

Euvs­Dis­In­fo zu Berlin­er Tageszeitung

Was wir da über die Agen­turen der „Berlin­er Tageszeitung“ lesen, kommt lei­der unseren dumpfen Ahnun­gen stark entgegen:

Sput­nikand Tassare all owned, con­trolled or fund­ed by Rus­sia and used as chan­nels to spread dis­in­for­ma­tion. Zvez­da is the Russ­ian Min­istry of Defence TV chan­nel. RIA FANis a project by the St. Peters­burg troll fac­to­ry. Alexan­der Gor­chakov Fundis a Russ­ian gov­ern­ment agency, whose aim is to influ­ence for­eign states.

Da bleibt nicht viel übrig für Plu­ral­is­mus – vielle­icht die Xin­hua, Chi­nas Nachrichtenagentur?

Stra­che stützt sich im Schmerz über seine Entza­uberung auf ein Medi­um, das nicht nur mit wilden Dro­hun­gen und anti­semi­tis­chem Zun­gen­schlag operiert, son­dern dubiose rus­sis­che Quellen wie eine Peters­burg­er Troll­fab­rik verwendet.